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InterviewGulliver aus der Kanalisation – Im Gespräch mit Heimtierärztin Dr. Schuhmann

Dr. Britta Schuhmann ist geschäftsführende Tierärztin in Berlin-Schöneberg. Im Interview berichtet die Heimtierärztin von ihren spannendsten Fällen.

Britta Schuhmann

Zu den häufigsten Patienten von Frau Dr. Schuhmann gehören Kaninchen.

Frau Schuhmann, wo arbeiten Sie aktuell?

Dr. Schuhmann: Ich arbeite seit 2010 im Tiermedizinzentrum Berlin in Berlin-Schöneberg. Unser wunderbares Team besteht aus aktuell aus 13 Tierärzten, 8 TFA, 6 Azubis, einer guten Praxis-Seele, 3 studentischen Mitarbeiterinnen und einer Praxis-Schildkröte.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus? 

Dr. Schuhmann: Meine Arbeitstage sind sehr variabel, es gibt lange und kürzere Tage in der Woche. Wir haben eine Terminsprechstunde, allerdings dürfen Notfälle natürlich jederzeit kommen. Auch die Arbeit selbst ist sehr abwechslungsreich. In der Sprechstunde werden sehr viel verschiedene Tierarten vorgestellt, wobei Kaninchen bei mir die häufigsten Patienten sind. Außerdem habe ich auch noch viele administrative Aufgaben.

Wie schätzen Sie Ihre Work-Life-Balance ein, haben Sie sich Ihr Tierarztleben so vorgestellt?

Dr. Schuhmann: Ich wollte immer Tierärztin werden und es ist nach wie vor der einzige Beruf, den ich mir vorstellen kann. Manchmal ist die Vereinbarkeit von Familie und Job schwierig und man würde sich ein einfacheres Leben vorstellen. Aber ich möchte nicht tauschen.

Wie wurden Sie zur Spezialistin für Heimtiere?

Dr. Schuhmann: Schon als Studentin habe ich in der Arbeitsgruppe Heim-, Zoo- und Wildtiere der FU Berlin mitgearbeitet. 
 

Vita Dr. Britta Schuhmann 

  • geboren und aufgewachsen in Niedersachsen
  • 1999-2006: Studium an der FU Berlin
  • 2006-2008: Doktorandin an der Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere der FU Berlin, Arbeitsgruppe Heim-, Zoo- und Wildtiere, Promotion über Greifvögel
  • 2008-2010: Tierärztin in der Veteria Tierklinik in Königs Wusterhausen
  • Fachtierärztin für Heimtiere
  • Zusatzbezeichnung für Zier-, Zoo- und Wildvögel
  • Aktuell: Geschäftsführende Tierärztin im Tiermedizinzentrum Berlin (tiermedizinzentrum.de)


Was ist für Sie das Beste am Tierarztberuf?

Dr. Schuhmann: Die Zusammenarbeit mit dem Team macht mir sehr viel Spaß – es ist toll, solche Leute um sich zu haben. Die Abwechslung ist ein weiterer wichtiger Aspekt, unser Beruf wird nie langweilig. Und nicht zuletzt sind da die vielen verschiedenen Tiere und die netten Besitzer, die mir Freude machen.

Und was machen Sie ungern, was aber dennoch dazu gehört?

Dr. Schuhmann: Es kommen immer mehr Einschränkungen und Dokumentationspflichten dazu.

Können Sie uns von Ihrem spektakulärsten Fall erzählen?

Dr. Schuhmann: Gegenüber der Praxis liegt die Hochschule für Wirtschaft und Recht. Eines Tages kamen mehrere aufgeregte Studenten in die Praxis und baten uns zu helfen. Direkt in unserer Straße schaute ein Eichhörnchenkopf aus einem Gullideckel. Das Tier steckte dort fest, den Kopf auf der Straße und den Körper in der Kanalisation. Die Studenten trugen den Gullideckel in die Praxis (ein paar bewachten das offene Loch in der Straße), wir legten das Eichhörnchen direkt in Narkose und befreiten es mithilfe von viel Paraffinöl aus dem Gullideckel. Es erhielt Schmerzmittel und eine Infusion und blieb bei uns auf der Station. Nach 3 Tagen konnten wir „Gulliver“ wieder in die Freiheit entlassen.

Und was war Ihr traurigster Fall, der Sie am meisten mitgenommen hat?

Dr. Schuhmann: Letztes Jahr musste ich an einem Tag beide 13-jährigen Kaninchen einer Familie einschläfern. Beide Tiere waren seit 11 Jahren bei uns in Behandlung und gerade in den letzten 2 Jahren sehr oft bei uns. Beide Tiere gleichzeitig gehen zu lassen, war schon sehr traurig. 

Welche Entwicklungen beobachten Sie in Ihrem Fachgebiet und auch bei den Tierhaltern, welche Veränderungen gibt es bei der Heimtierhaltung?

Dr. Schuhmann: Heimtiere erhalten einen immer größeren Stellenwert. Die Besitzer sind oft gut vernetzt und gut informiert und haben dementsprechend hohe Ansprüche an die medizinische Versorgung ihrer Tiere. Dadurch entwickeln sich auch die medizinischen Möglichkeiten in diesem Bereich aktuell stark weiter.

Gibt es auch Heimtiere, die Sie eher ungern?

Dr. Schuhmann: Nein, die gibt es nicht!

Welche Heimtiere mögen Sie persönlich am liebsten und warum?

Dr. Schuhmann: Zuhause halten wir Meerschweinchen, weil es wirklich tolle, kommunikative Tiere sind. Aber jede Heimtierart hat ihre Besonderheiten, Stärken und liebenswerten Eigenschaften. Auch die Wildtiere, die wir behandeln, mag ich sehr gern.

Sollte es Ihrer Meinung nach mehr Spezialisten für Heimtiere geben?

Dr. Schuhmann: Auf jeden Fall, die Nachfrage ist da und die Tiere verdienen eine angemessene Versorgung.

Wagen Sie einen Ausblick: Welche Herausforderungen sehen Sie in den nächsten Jahren in der Tiermedizin oder speziell in Ihrem Spezialgebiet? 

Dr. Schuhmann: Wie in allen Bereichen sind aktuell die gestiegenen Kosten eine Herausforderung, die eben auch auf die Besitzer umgelegt werden müssen. Die GOT-Anpassung war ein wichtiger Schritt, aber gerade die Heimtierbesitzer merken die Steigerung deutlich. Auch die Suche nach Mitarbeitenden und die Anspruchshaltung mancher Besitzer sind immer wieder eine Herausforderung. Aber der Bedarf nach guter Tiermedizin wird bleiben und die Weiterentwicklung der Heimtiermedizin bleibt spannend.

Das Interview führte Rieka Groth.