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PferdDie atypische Weidemyopathie beim Pferd

Die atypische Weidemyopathie tritt zwischen Herbst und Frühjahr auf und stellt ein hohes Risiko für Weidepferde dar. Auslöser ist ein Toxin, das unter anderem im Berg-Ahorn vorkommt. 

Inhalt
Braunes Pony grast im Schnee.
Nadine Haase/stock.adobe.com

Der Weidegang sollte im Herbst und Frühjahr limitiert und ausreichend Futter zur Verfügung gestellt werden. – Symbobild

Die atypische Myopathie ist eine saisonal, nicht belastungsinduziert auftretende Erkrankung von Weidepferden. Die atypische Myopathie wird auch als Weidemyopathie bezeichnet und kommt bei allen Altersgruppen vor, jedoch häufiger bei jüngeren Pferden. Geschlechts- oder rassespezifische Unterschiede liegen nicht vor. Die Erkrankung wird ausgelöst durch das Toxin Hypoglycin-A.

Pathogenese 

Die atypische Weidemyopathie tritt typischerweise in Herbst- und Wintermonaten auf. Dabei sind 76% der Fälle von Herbst bis Winter (01.10-31.12) und die restlichen 24% im Frühjahr (01.03.-21.06). Für die Krankheit begünstigend wirken sich kalte Witterungsverhältnisse mit Frostperioden aus oder mehrtägige Außentemperaturen im einstelligen Bereich. 

Das Hypoglycin-A konnte von Forscher*innen aus den USA und Belgien als Ursache der Erkrankung identifiziert werden. Das Toxin kommt in den unreifen Früchten und Samen der Akee-Pflanze (Blighia sapida), den Samen des Eschen-Ahorns (Acer negundo) sowie den Samen des in Europa vorkommenden Berg-Ahorns (Acer pseudoplatanus) vor. 

Durch Hypoglycin-A wird die Muskelzelle geschädigt, dabei können die Muskeln des Stammes, Atemmuskulatur und Herzmuskulatur betroffen sein. Ob Symptome bei einem Pferd auftreten, ist von der aufgenommenen Menge des Toxins abhängig. Einzelne oder mehrere Tiere einer Herde können von der Erkrankung betroffen sein.

Symptome

Betroffene Pferde zeigen einen plötzlich auftretenden steifen Gang, ohne vorherige Bewegung oder anstrengende Arbeit. Es kommt zum Muskelzittern und starkem schwitzen. Einige Pferde zeigen Koliksymptome oder sind apathisch. Typischerweise kommt es bei einer atypischen Weidemyopathie zur Myoglobinurie, durch das Hypoglycin-A werden die Muskelfasern zerstört und Muskelfarbstoff Myoglobin freigesetzt. Myoglobin wird über die Niere ausgeschieden und bei einer hochgradigen Muskelschädigung färbt sich der Urin dunkelbraun.

Eine erhöhte Atem- und Herzfrequenz sind möglich aber keine regelmäßig auftretenden Symptome. Auch Fieber ist ein unregelmäßig auftretendes Symptom. Im Verlauf der Krankheit kann es zum Festliegen kommen, oft bleibt der Appetit sogar zu dem Zeitpunkt bestehen.

Labordiagnostik 

Charakteristisch für die Erkrankung ist eine hochgradig erhöhte Kretinkinase (CK) von über 50.000 IE/l. Auch erhöhte Werte der Aspartat-Aminotransferase (AST), Laktatdehydrogenase (LDH) und Sorbitoldehydrogenase (SDH) kommen vor. Im Endstadium der Krankheit ist eine manifestierte Unterversorgung von Calcium möglich (Hypercalcämie). 

Das Hypoglycin-A Toxin (HGA) kann im Labor nachgewiesen werden. Pferde besitzen jedoch eine individuelle Empfindlichkeit für das HGA. Bei scheinbar klinisch unauffälligen Pferden kann eine hohe Konzentration im Blut nachgewiesen werden oder klinisch auffällige Tiere haben nur einen niedrigen HGA. Für die Diagnose einer atypischen Weidemyopathie können der HGA-Wert und die Metaboliten im Serum oder Plasma bestimmt werden. Entstehen große Mengen Acylcarnitine als Stoffwechselprodukte, ist die Überlebensrate der betroffenen Pferde stark vermindert.

Behandlung

Die Behandlung der Pferde erfolgt rein symptomatisch. In der Regel erhalten die Patienten eine Flüssigkeitstherapie, diese muss jedoch intensiv überwacht werden aufgrund der möglichen Hypocalcämie. Die Verabreichung von Analgetika, nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAID), Glukokortikosteroiden und Antibiotika wird empfohlen. Im Endstadium liegen betroffene Pferde fest.

In der Regel verläuft die atypische Weidemyopathie progredient. Die Mortaliätsrate liegt zwischen 60-80% und ist damit im Vergleich zu anderen Myopathien hoch. Die Prognose ist in jedem Fall schlecht bis infaust. Überlebende Pferde benötigen oft mehrere Wochen, um sich von Erkrankung zu erholen. 

Prävention

Der Weidegang sollte im Herbst und Frühjahr limitiert werden und kritische Ahornarten identifiziert. Den Pferden sollten risikominimierte Weiden zur Verfügung stehen und somit der Zugang zu den Flügelfrüchten vermieden. Die Ahornsamen können auch von angrenzend stehenden Bäumen auf die Weide wehen. Eine ausreichende Futterverfügbarkeit auf der Weide ist essenziell, und kann durch die Zufütterung von Heu gewährleistet werden.

Das Hypoglycin-A-Toxin ist wasserlöslich, deshalb sollte den Pferden Wasser über Tränken zur Verfügung gestellt werden und nicht über natürliche Wasserquellen angeboten.

Quellen (nach Angaben von):

Atypische Myopathie beim Pferd – Hypoglycin A als Ursache festgestellt (thieme-connect.de) 2013
Aktuelle Vergiftungsfälle durch Pflanzen – Was ist beim Pferd zu beachten? (thieme-connect.de) 2020
Weidemyopathie (Ahornvergiftung) (tierspital.uzh.ch)
Neues von internationalen Kongressen zur Pferdemedizin (laboklin.de) Ausgabe 2/2023

(IR)