Das Auslegen von Drahtschlingen ist in tropischen Wäldern Südostasiens weit verbreitet. Diese nicht-selektive Methode der Wilderei dezimiert Wildtierbestände erheblich und führte dazu, dass viele größere Säugetierarten – lokal und weltweit – ausgerottet wurden. Die Entfernung dieser Schlingen sei unverzichtbar, aber alleine nicht ausreichend um die bedrohte Artenvielfalt in den Tropenwäldern zu retten, so die Schlussfolgerung eines internationalen Wissenschaftsteams in der Fachzeitschrift „Conservation Letters“.
Fast 120.000 Schlingfallen erfolgreich entfernt
Von 2011 bis 2021 beseitigten Ranger des WWF Vietnam und lokaler Behörden fast 120.000 Schlingfallen aus den zusammenhängenden Reservaten Thua Thien Hue Saola und Quang Nam Saola in Zentral-Vietnam. Diese Naturschutzgebiete beherbergen eine Reihe endemischer, seltener und bedrohter Arten, darunter das Annamitische Streifenkaninchen (Nesolagus timminsi) und den Perlenfasan (Rheinardia ocellata). Das Beseitigen von Schlingen ist arbeitsintensiv und kostspielig, da die Ranger große Distanzen in unwegsamem Gelände zu Fuß zurücklegen müssen. Es ist als Vorgehen gegen Wilderei jedoch vergleichsweise unumstritten, da andere Maßnahmen wie die Verhaftung und strafrechtliche Verfolgung von Wilderern komplizierter um- und durchzusetzen sind. Bislang gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu den Auswirkungen der Schlingfallen-Beseitigung auf die Zahl der Schlingen und damit auf die Zahl der gewilderten Tiere über einen längeren Zeitraum.
Entfernen verringert Bedrohung für Wildtierbestand deutlich
Ein internationales Team von Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), des WWF Vietnam und des WWF Asien-Pazifik sowie der Universitäten Exeter und Montpellier analysierte Daten von Patrouillen aus 11 Jahren und kam zu dem Schluss, dass ein konsequentes Entfernen der Schlingen die Bedrohung für den Wildtierbestand deutlich verringern kann: Im Laufe der 11 Jahre ging die Zahl der Schlingfallen in beiden Reservaten um 37% zurück. Der Effekt war an leicht zugänglichen Stellen der tropischen Wälder deutlicher, vermutlich weil dort häufiger patrouilliert wurde. „Unsere Auswertungen zeigen auch, dass in einem Gebiet, in dem intensiv patrouilliert wurde, danach weniger neue Schlingfallen ausgebracht werden“, sagt Jürgen Niedballa, Datenwissenschaftler am Leibniz-IZW. „Patrouillen wirken längerfristig abschreckend und sind daher eine wichtige Maßnahme, um der Wilderei-Krise in Südostasien entgegenzuwirken.“
Beseitigung allein nicht ausreichend
Die Zahl der Schlingen in abgelegeneren Teilen des Waldes sank jedoch weniger stark als in den leichter zugänglichen Teilen. Die Wissenschaftler*innen stellten außerdem fest, dass der messbarere Rückgang der gefundenen Schlingfallen hauptsächlich in den ersten 6 Jahren der Patrouillen erreicht wurde. Danach blieb die Anzahl der Schlingen trotz kontinuierlicher Anstrengungen stabil und konnte nicht weiter gesenkt werden „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Beseitigung von Schlingen allein wahrscheinlich nicht ausreicht, um Wildtiere in Naturschutzgebieten in Südostasien vollständig zu schützen“, sagt Andrew Tilker, Wissenschaftler am Leibniz-IZW und Artenschutzkoordinator für Asien bei Re:wild. „Das gilt vor allem für seltene und mittels Schlingen leicht zu fangende Arten, von denen viele in Vietnam vom Aussterben bedroht sind.“
Die Ergebnisse zeigen, dass es wichtig ist, die Beseitigung von Schlingen als Teil eines umfassenderen Schutzkonzepts zu betrachten, welches sich auch mit den Ursachen der Wilderei befasst, so das Team. Die Forscher*innen engagieren sich nun gemeinsam mit anderen Naturschutzpartnern in größeren multidisziplinären Naturschutzinitiativen wie der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels, der Verbesserung der Lebensbedingungen, der Bewusstseinsbildung und der Programme zur Verhaltensänderung als Ergänzung zur Beseitigung von Schlingen, um zu verhindern, dass Schlingen überhaupt erst gelegt werden.
Quelle (nach Angaben von):
(JD)