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WildtierpopulationForschungsprojekt: Anzahl der Tiere im Bergwald überrascht

Aufgrund von Streitigkeiten, wie viele heimischen Huftierarten im bayerischen Gebirge vorhanden sind, wurden die Populationsgrößen geprüft. Untersucht wurde in 2 typischen Gebirgslandschaften.

Zwei Rothirsche stehen in einem Wald.
Ingus Ivertovskis/stock.adobe.com

Wildtiere – wie das heimische Rotwild – suchen gerne geschützte Lebensräume auf und sind daher für den Menschen oft nicht sichtbar.

In Kooperation mit den Bayerischen Staatsforsten AöR (BaySF) nahmen die Wildbiolog*innen der LWF die Schalenwildbestände im Bergwald mit innovativen Methoden genauer unter die Lupe. Die wissenschaftlichen Untersuchungen erfolgten dabei in 2 Projektgebieten, im Karwendel mit rund 5250 ha und im Chiemgau mit rund 7000 ha. Die beiden ausgewählten Gebiete Karwendel und Chiemgau sind – jedes in seiner Art – sehr typisch für den bayerischen Alpenraum. Allerdings unterscheiden sich die Lebensraumsituation für Wildtiere, die Landnutzung durch Land- und Forstwirtschaft, der Jagdbetrieb oder auch Tourismus in den beiden Untersuchungsräumen wesentlich.

Das Ergebnis überrascht 

Im Herbst 2018 wurden im eher felsigen Projektgebiet Karwendel rund 330 Stück Rotwild und über 1000 Gämsen festgestellt, Rehwild war dagegen nur sehr selten vertreten. Im stärker bewaldeten Projektgebiet Chiemgau war das Rehwild mit 450 Tieren die häufigste Schalenwildart, gefolgt vom Rotwild. Zusätzlich ermittelten dort die Wildbiolog*innen einen Gamsbestand von etwa 300 Individuen. Die Individuenzahlen in den beiden Gebieten überraschten die Wissenschaftler*innen gleichermaßen wie langjährige Praktiker*innen vor Ort.

Erfassung der Wildtieranzahl 

Direkte Sichtzählungen können stets nur einen Teil des tatsächlich anwesenden Schalenwilds, nämlich den „sichtbaren“ erfassen. Deswegen werden modernste Untersuchungsverfahren aus der Wildtiergenetik mit geographischen Informationssystemen und komplexer Statistik kombiniert. Dafür wurden die beiden Projektgebiete flächig nach frischen Kotproben abgesucht und diese anschließend im Labor genetisch analysiert und einzelnen Individuen zugeordnet. Allein aufgrund des steilen Geländes, aber auch des dichten Bodenbewuchses werden bei einer Suche nicht von jedem Tier Kotproben gefunden. Daher wird aus diesen genetisch identifizierten Individuen mit Hilfe der sogenannten „räumlichen Fang-Wiederfang-Methode“ die Gesamtpopulation berechnet.

Die Ergebnisse belegen zum Zeitpunkt der Beprobung sehr individuenreiche Wildbestände in beiden Gebieten. Neben den Populationszahlen überraschten aber auch die Aufenthaltsräume der Tierarten. Durch das verwendete wissenschaftliche Verfahren ist es nämlich möglich, nicht nur die Populationsgröße sondern auch die räumliche Verteilung der Tierarten und der Geschlechter aufzuzeigen. So zeigte sich beispielsweise, dass sich zum Aufnahmezeitpunkt im Chiemgau fast 60% der Gamsböcke im Wald aufhielten. Die Gamsgeißen waren dagegen vermehrt im Offenland bzw. oberhalb der Waldgrenze anzutreffen.

Um den körperlichen Zustand der Wildtiere einzuschätzen, verglichen die Wissenschaftler*innen während 4 Jahren das Gewicht oder das Wachstum aussagekräftiger Skelettparameter von über 1800 im regulären jagdlichen Betrieb erlegten Gämsen, Rothirschen und Rehen. Für alle 3 Schalenwildarten konnte dabei in beiden Projektgebieten ein normaler bis guter körperlicher Zustand festgestellt werden. Das lokale Wildtiermanagement baut also auf vitalen Wildbeständen auf. Allerdings gab es auch Unterschiede zwischen den Gebieten: Zum Beispiel waren Gamsgeißen, die im waldreicheren „Chiemgau“ erlegt wurden, tendenziell etwas schwerer als die im felsreicheren „Karwendel“. Zudem wuchsen die Geißen in jungen Jahren im „Chiemgau“ etwas schneller als im „Karwendel“ mit seinen höheren Gamsdichten.

Auf Basis der gewonnenen Forschungsergebnisse erarbeiteten die Projektpartner gemeinsam Empfehlungen für die Weiterentwicklung bestehender Managementkonzepte hin zu einem integralen Wildtiermanagement. Hierbei sollen alle 3 Schalenwildarten sowie die Belange der Menschen zum Beispiel in Zonierungskonzepten Berücksichtigung finden. Dabei muss es Ziel sein, die Schutzfunktionen der Bergwälder zu erhalten und zu fördern, sowie geeignete Lebens- und Rückzugsräume für vitale und artenreiche Wildbestände zu schaffen. Auch für ein künftiges Monitoring der Wildtiere, insbesondere der Gams, konnten wichtige Erkenntnisse gewonnen werden.

Quelle (nach Angaben von):
„Unsichtbare“ Bewohner: Forschungsprojekt liefert Erkenntnisse zu Wildtierpopulationen im Bergwald (lwf.bayern.de) 09.09.2024

(IR)