Ein paar Tage Frost im Winter reichten nicht: „Damit die Zecke im Winter nicht überlebt, braucht es richtig knackig tiefe Temperaturen, die auch einmal wochenlang andauern. Da tiefe Temperaturen von -15 Grad durch den Klimawandel selbst in den Alpen immer seltener werden, sind die Zecken auch in den Wintermonaten aktiv“, erklärt Prof. Ute Mackenstedt, Leiterin des Fachgebietes Parasitologie der Universität Hohenheim. „Zecken werden früher im Jahr aktiv oder sind sogar ganzjährig aktiv. Und selbst in den Bergregionen bis 1.200 m werden heute stabile Zeckenpopulationen gefunden“.
Mit den Zecken breiteten sich auch Krankheiten aus, deren Erreger von den Zecken übertragen würden. Allen voran die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME. „Die Anzahl der FSME Fälle hat in den letzten Jahren zugenommen“, erklärt Dr. Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg.
Hochdynamische Situation vor allem in Süddeutschland
Vor allem in Süddeutschland ist die Situation sehr dynamisch, ergänzt Mackenstedt. Die Untersuchungen und die genetische Charakterisierung der FSME Viren habe gezeigt, dass sich gerade hier viele verschiedene FSME Stämme etabliert hätten, die für die Krankheitsfälle verantwortlich seien. Diese genetische Vielfalt sähe man in anderen Regionen Deutschlands nicht.
Die langjährigen Untersuchungen zeigten aber auch: Die FSME-Situation sei ein hochkomplexes vielfältiges Geschehen und Vorhersagen seien schwierig. Manche Regionen erwiesen sich über Jahre oder Jahrzehnte als FSME-Hotspot. Bei anderen schnellten die Fallzahlen innerhalb eines Jahres rapide nach oben und nähmen im nächsten Jahr wieder ab, so die Expert*innen.
Ganz Deutschland muss inzwischen als Endemie-Gebiet gelten
Eines steht aber bei genauer Ansicht der Fallzahlen fest: „Wir können für keine Region in Deutschland Entwarnung geben. Was die FSME betrifft, ist Deutschland inzwischen ein bundesweites Endemie-Gebiet“, betont Prof. Dr. Mackenstedt.
Aus diesem Grund ist Darstellungen irreführend, die weiße Flecken auf der FSME-Karte auswiesen: „In den Gebieten sind die Fallzahlen sehr gering, was aber nicht heißt, dass dort keine FSME Fälle gemeldet werden. Es heißt nur, dass die Anzahl nicht den Schwellenwert übersteigt, bei dem dieser Landkreis zu einem Risikogebieten erklärt wird. Auch das RKI bestätigt, dass FSME Fälle in fast allen Bundesländern auftreten.“
FSME für Menschen jeden Alters gefährlich
„Inzwischen wissen wir ebenfalls, dass die FSME auch bei Kindern einen schweren Verlauf nehmen kann. Hier wird häufig von einem uncharakteristischen Krankheitsbeginn berichtet, der immer wieder zu verspätetet Diagnosen oder selbst zu Fehldiagnosen führen kann“, so der Mikrobiologe.
98% der Erkrankten hatten keinen oder unvollständigen Impfschutz. Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr, dass die FSME zu spät oder gar nicht erkannt wird. Die beste Strategie ist deshalb, der Krankheit vorzubeugen, so die Expert*innen.
Wissenswert: Die Impfung wird von den Krankenkassen bezahlt und sei gleich für die ganze Familie empfehlenswert.
Quelle (nach Angaben von): Universität Hohenheim (14.04.2023). „Ganzjährig & bundesweit: Klimawandel begünstigt Ausbreitung von Zecken & FSME“. Im Internet: PM Detailansicht: Universität Hohenheim (uni-hohenheim.de) (12.06.2023)
(baa)