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Vet-NewsLieferengpässe in der Veterinärmedizin

In ganz Europa gibt es nicht nur in der Humanmedizin Lieferengpässe, sondern auch bei Tierpräparaten kommt es immer häufiger zu Schwierigkeiten, vor allem bei wichtigen Impfstoffen und Antibiotika.

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MahmudulHassan / stock.adobe.com

An erster Stelle bei den Lieferengpässen in der Tiermedizin stehen die Impfstoffe, darunter auch Impfstoffe, die für die öffentliche Gesundheit relevant sind, wie gegen Tollwut für Hunde oder gegen Milzbrand für Nutztiere. Danach folgen die Antibiotika und weniger Probleme gibt es bei NSAIDs oder Antiparasitika.

Was sind die Ursachen?

Verschiedene Ursachen sind für die Lieferengpässe verantwortlich, so sind es zum einen wirtschaftliche Gründe, weil Generika oder Produkte für einen kleinen Markt nicht mehr rentabel sind, zum anderen sind es Probleme bei der Herstellung und in den Lieferketten. Bei den Impfstoffen kam es vor allem durch die Coronapandemie zu Problemen, da viele veterinärmedizinische Impfstoffwerke vorübergehend zur Herstellung von Covid-Impfstoffen verwendet wurden. Aber auch die stetig wachsenden Anforderungen an den Herstellungsprozess, zwecks Qualitätsstandards und der bürokratische Aufwand, alle Normen einzuhalten und Zulassungen zu beantragen führt zu den Engpässen.

Ein weiterer großer Punkt ist die Abhängigkeit von einzelnen Standorten, denn häufig werden Wirkstoffe in einzelnen großen Fabriken und nicht in vielen kleinen Produktionsstätten hergestellt.  Das bringt große Probleme in der Verfügbarkeit mit sich, wenn dieser eine Standort ausfällt. Und das muss nicht zwingend durch einen Schaden am Gebäude oder Ähnliches passieren, sondern kommt auch durch veränderte Gesetze und Auflagen zustande, vor allem dann, wenn die Standorte nicht in der EU liegen und anderen Gesetzen und Regeln unterliegen und den Vorgaben der EU nicht entsprechen.

Studie zu den Hintergründen

Eine Forschungsgruppe rund um Prof. Dr. Kai Hoberg, Professor für Supply Chain and Operations Strategy an der Kühne Logistics University (KLU) beschäftigt sich seit 2021 mit den Hintergründen der Arzneimittelknappheit und hat nun die Forschungsergebnisse ihrer Studie "On the Drivers of Drug Shortages: Empirical Evidence from Germany" veröffentlicht.

Für die Studie wurde zu einem auf Daten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aus den Jahren 2017 bis 2019 zurückgegriffen. Hier wurden bewusst die Pandemiejahre ausgelassen, damit dieser Sondereinfluss die Betrachtung nicht beeinflusst. Zum anderen wurden weitere Quellen wie Abverkaufs- und Daten zur Patentsituation und zur Reportingpflicht in Deutschland verwendet und damit ein statistisches Modell erstellt, um Häufungspunkte zu identifizieren.

Die Ergebnisse zeigen, dass patentierte Produkte, die nur von einem Hersteller angefertigt werden, seltener von Engpässen betroffen sind als Arzneimittel, die den Patentschutz verloren haben und als Generika von vielen Anbietern hergestellt werden. Zudem korreliert die Anfälligkeit für Lieferschwierigkeiten mit der Darreichungsform der jeweiligen Arzneimittel, da einzelne Applikationsmethoden aufwändiger und damit anfälliger sind. So erwies sich der Produktionsprozess von gespritzten Medikamenten am komplexesten. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Pharmaunternehmen ihre Engpässe oft erst sechs bis acht Wochen später gemeldet haben, wenn der Engpass den Markt bereits erreicht hatte.

Der richtige Umgang und mehr Transparenz

Da es nicht immer möglich ist verlässliche Aussagen zu Lieferdaten zu erhalten und zu treffen, sollten Tiermediziner*innen sich früh- und rechtzeitig nach Alternativen umsehen und diese besorgen. Als Alternativen können sowohl Produkte aus Nachbarländern als auch Produkte von anderen Hersteller*innen dienen. Doch auch die Hersteller*innen und Lieferant*innen sind dazu angehalten recht- und frühzeitig zu informieren, damit kurzfristige Engpässe vermieden werden können. Zudem sollten Tiermediziner*innen sich nicht scheuen die Engpässe auch in der Kommunikation mit den Kund*innen zu thematisieren und so mit offenen Karten zu spielen und klar zu kommunizieren, wo die Problematik liegt. So können gemeinsame Lösungen gefunden und Enttäuschungen vermieden werden.

Professor Hoberg sieht zudem einen erfolgsversprechenden Ansatz in einer differenzierten Incentivierung, die mit Resilienz-Maßnahmen als Auflage verknüpft ist, die die Produktion wiederum langfristig garantieren und Risiken reduzieren soll. Hingegen hält er höhere Preise für nicht effektiv, da damit nur eine Umverteilung des Problems geschehen würde. Allerdings sehen die Forscher*innen die Etablierung eines Frühwarnsystems sowie die Erhöhung der Transparenz der gesamten Lieferkette als nächsten wichtigen Schritt an.

 

Originalstudie:

Francas, D., Mohr, S. and Hoberg, K. (2023), "On the drivers of drug shortages: empirical evidence from Germany", International Journal of Operations & Production Management, Vol. ahead-of-print No. ahead-of-print. https://doi.org/10.1108/IJOPM-09-2022-0581.

Quellen (nach Angaben von):

Informationsdienst Wissenschaft e. V. (29.03.2023). "Arzneimittelknappheit: Diese Faktoren sorgen für Lieferengpässe in der Pharmaindustrie". Im Internet: Arzneimittelknappheit: Diese Faktoren sorgen für Lieferengpässe in der Pharmaindustrie (idw-online.de). 25.04.2023.

Schlütersche Fachmedien GmbH (08.12.2022). "Engpässe bei Impfstoffen und Arzneimitteln". Im Internet: Engpässe bei Impfstoffen und Arzneimitteln in der Tiermedizin (vetline.de). 14.03.2023.

Deutsche Welle (17.11.2020). "Engpässe bei Medikamenten: Was die wirklichen Gründe sind". Im Internet: Engpässe bei Medikamenten: Was die wirklichen Gründe sind | Wirtschaft | DW | 17.11.2020. 14.03.2023.

(RG)