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Vet-NewsMetabolismus und Gedächtnis bei Mäusen

Die Physiologie und Anatomie von Mäusen bieten noch viele faszinierende Fragestellungen für Wissenschaftler weltweit. Zwei davon wurden jetzt von Forschungsteams der University of Aberdeen und der Stanford University aufgegriffen.

 

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Die Physiologie und Anatomie von Mäusen bieten noch viele faszinierende Fragestellungen für Wissenschaftler weltweit. Zwei davon wurden jetzt von Forschungsteams der University of Aberdeen und der Stanford University aufgegriffen.

Live fast, die young – Metabolismus und Körpertemperatur

Die englische Redewendung „live fast, die young“ beschreibt das Phänomen, dass Menschen mit einem schnellen und riskanten Lebensstil schneller sterben als solche mit einem ruhigem und weniger riskanten Leben. In der Biologie versteht man darunter, dass Tiere mit einer hohen Stoffwechselrate sterben tendenziell früher als solche mit einem langsamen Metabolismus. Doch stimmt diese Aussage wirklich?

Es ist bekannt, dass mit einem verlangsamten Stoffwechsel eine niedrigere Körpertemperatur einhergeht, und umgekehrt. Wenn man nun Mäuse auf Diät setzt (und damit ihren Metabolismus verlangsamt), leben sie länger – unklar ist aber, welcher der beiden Faktoren dafür verantwortlich ist. Forschende um den Biologen John Speakman von der University of Aberdeen haben diese Fragestellung aufgegriffen und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Nature Metabolism“ publiziert.

Live cold, die old

Um den Einfluss von Stoffwechsel und Körpertemperatur auf die Lebenserwartung getrennt voneinander beobachten zu können, machte sich das Team einen besonderen Umstand zu Nutze: Setzt man Mäuse und Hamster besonders hohen Temperaturen aus, so steigt zwar ihre Körpertemperatur an, gleichzeitig sinkt jedoch ihre Stoffwechselrate. Das schützt die Tiere vor Überhitzung.

Überraschenderweise lebten die Nager daraufhin jedoch kürzer – und nicht länger, wie es, laut Sprichwort, eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Speakman und seine Kollegen wendeten dann einen Trick an: Sie bliesen mit Miniventilatoren Luft über die kleinen Versuchstiere. Das beeinflusste nicht deren Stoffwechsel, verhinderte aber den Anstieg ihrer Körpertemperatur. Und siehe da: Der Effekt auf die Lebenserwartung kehrte sich wieder um. Die Körpertemperatur scheint also einen größeren Einfluss auf die Lebensspanne zu haben als der Metabolismus. Womöglich trifft auf die Mäuse daher das Sprichwort  „live cold, die old“ zu.

Liquor mit heilender Wirkung

Sowohl ältere Menschen als auch ältere Tiere leiden häufig unter Gedächtnisproblemen. Diesen durch degenerative Veränderungen im Gerhirn hervorgerufene Vorgang kann bisher nicht verhindert werden. Laut Forschenden um Tal Iram von der US-amerikanischen Stanford University ist er allerdings womöglich umkehrbar. Indem sie älteren Mäuse das Hirnwasser von Jungtieren verabreichten, konnten sie die Gedächtnisleistung der Senioren verbessern.Publiziert wurde die Studie im Fachblatt »Nature«.

Wachstumsfaktoren regen Nervenzellen an

Der Liquor der Jungtiere enthält Wachstumsfaktoren, die Nervenzellen in der Gedächtniszentrale der älteren Mäuse anregen. Die Zellen vermehrten sich daraufhin und steigerten die Produktion ihrer Isolierschicht, des Myelins. Die gut isolierten Nervenzellen konnten Signale besser weiterleiten als zuvor; die Gedächtnisleistung der Seniormäuse nahm zu. Auch das Hirnwasser älterer Mäuse enthielt Wachstumsfaktoren, allerdings in geringeren Mengen als das von Jungtieren. Zudem waren die Nervenzellen der alternden Tiere nicht mehr so gut isoliert. In der Folge sank deren Gedächtnisleistung ab.

Neuer Behandlungsansatz bei Demenz

Nach der Liquortransplantation schlugen sich die alten Tiere besser in einer Verhaltensübung, die sie vor der Behandlung trainiert hatten. In einem nächsten Schritt untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Gene und Nervenzellen der betagten Mäuse. Dabei identifizierten sie insbesondere einen Wachstumsfaktor, den Fibroblasten-Wachstumsfaktor 17, der die Nervenzellen maßgeblich anzukurbeln schien. Das Protein könnte künftig vielleicht in der Behandlung von Demenzerkrankungen zum Einsatz kommen.


Quelle (nach Angaben von):
Spektrum.de (13.05.2022). Körpertemperatur beeinflusst die Lebenszeit stärker als Stoffwechsel - Spektrum der Wissenschaft. 02.06.2022
Spektrum.de (11.05.2022). Neurobiologie: Hirnwasser verbessert Mäusegedächtnis - Spektrum der Wissenschaft. 02.06.2022