
In der Studie konnte auch ein Verlust der evolutionären Diversität nachgewiesen werden. - Symbolbild
Dass die Landwirtschaft zum Rückgang der Artenvielfalt bei Insekten beiträgt, ist längst bekannt. Der Verlust von Futterpflanzen, häufiges Mähen und der Einsatz von Pestiziden entziehen vielen Arten ihren Lebensraum.
Ein Forschungsteam der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) hat nun mit neuen Analysemethoden herausgefunden, dass sich die landwirtschaftliche Nutzung noch gravierender auf die Insektenvielfalt auswirkt als bisher angenommen. Grundlage war die Analyse aller Insektenarten aus 400 Familien, gesammelt in unterschiedlichsten Lebensräumen in Bayern. Geleitet wurde die Studie von Professor Jörg Müller, Inhaber des JMU-Lehrstuhls für Naturschutzbiologie und Waldökologie.
Deutlicher Rückgang von Insektenvielfalt in Agrarflächen
Die Proben stammten aus Insektenfallen in Agrarflächen ebenso wie in naturnahen Gebieten. Das Erbgut der Tiere wurde mittels DNA-Metabarcoding untersucht – einer Methode, mit der sich alle in einer Probe enthaltenen Arten schnell identifizieren lassen. Für die anschließende Auswertung setzten die Forschenden speziell angepasste Analyseverfahren ein, die optimal auf die Eigenschaften von Metabarcoding-Daten abgestimmt sind und zu genaueren Ergebnissen führen.
Dabei zeigte sich: In Proben aus landwirtschaftlich genutzten Flächen wurde ein größerer Anteil der dort tatsächlich vorkommenden Arten erfasst – die Erfassung war vollständiger als in artenreicheren, naturnahen Lebensräumen. Nach Korrektur für diese Unterschiede ergab sich ein Rückgang von bis zu 44% in der Artenvielfalt in Agrarflächen.
Bisherige Studien unterschätzen den Einfluss der Landwirtschaft vermutlich
Außerdem konnte mithilfe der neuen Methoden auch ein Verlust von fast 30% in der evolutionären Diversität nachgewiesen werden – also in der Vielfalt der Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Arten. Das bedeutet: Bisherige Studien haben den Einfluss landwirtschaftlicher Nutzung auf die Insektenvielfalt aller Wahrscheinlichkeit nach unterschätzt – aus 2 Gründen.
- Der Erfassungsgrad – also die Vollständigkeit der erfassten Insektengemeinschaften – in agrardominierten Landschaften ist deutlich höher und dadurch erscheinen Unterschiede kleiner, als sie tatsächlich sind.
- Bisher lagen kaum Daten zur phylogenetischen, also evolutionären Diversität in diesem Umfang vor. Die neue Methode ermöglicht es nun, auch diesen Aspekt der biologischen Vielfalt systematisch zu erfassen – und zeigt dabei ebenfalls deutliche Verluste.
Dringlichkeit wird durch Studie unterstrichen
„Die Studie unterstreicht die Dringlichkeit einer biodiversitäts-sensiblen Landnutzung, denn eine zurückgehende Insektenvielfalt hat potenziell gravierende Folgen für die Gesundheit und Stabilität von Ökosystemen“, so Dr. Mareike Kortmann, Erstautorin der Studie. Zudem liefere sie eine neue, praxisnahe Analysemethode, um ökologische Veränderungen in komplexen Insektengemeinschaften besser zu überwachen.
Link zur Originalpublikation
Die Ergebnisse der Studie "A shortcut to sample coverage standardization in metabarcoding data provides new insights into land-use effects on insect diversity" wurden in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht.
Quelle (nach Angaben von):
Neue Methode liefert neue Einblicke ins Insektensterben (uni-wuerzburg.de) 07.05.2025
(IR)