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ForschungSchlüssel zur Regeneration: Wie Meereswürmer verlorene Körperteile reproduzieren

Viele Lebewesen können beschädigtes oder verlorenes Gewebe regenerieren, aber warum ist bisher nicht restlos geklärt. Ein Team aus Forschenden lieferte nun einen wichtigen Beitrag zur Klärung der Frage.

Ein Wurm streckt sich aus dem Meeresboden heraus.
GeraldRobertFischer/stock.adobe.com

Nach Verletzungen können Ringelwürmer vollständige Teile ihres Hinterkörpers regenerieren.

Die Fähigkeit zur Regeneration – von einzelnen Zelltypen bis hin zu ganzen Organen oder komplexen Geweben – ist für alle lebenden Arten von entscheidender Bedeutung. Auch der menschliche Körper regeneriert sich, dabei werden abgestorbene Zellen durch neu produzierte ersetzt. Beim Menschen ist das zum Beispiel in der Darmschleimhaut oder der Leber der Fall. Andere Lebewesen haben aber noch viel stärkere Regenerationsfähigkeiten. Ringelwürmer – wie Platynereis dumerilii – können ganze Teile ihres Hinterkörpers nach Verletzungen regenerieren. Die molekularen Mechanismen, die diesen Prozess steuern, waren bisher kaum bekannt. Eine neue Studie unter Leitung des Molekularbiologen Florian Raible von den Max Perutz Labs an der Universität Wien bringt nun neue Erkenntnisse. Damit schaffen die Wissenschafter*innen nicht nur ein besseres Verständnis für die Biologie im Allgemeinen, sondern auch für die natürliche Reprogrammierungsfähigkeit von Zellen.

Das Wachstum neuer Segmente (Körperteile) bei den Meereswürmern wird durch eine spezielle Sprossungszone gesteuert. In der Zone befinden sich besondere Stammzellen, aus deren Teilung dann die Segmente hervorgehen. 

Molekulare Mechanismen der Erneuerung

Aber was passiert, wenn diese Sprossungszone durch eine Verletzung verloren geht? In ihrer neuen Studie zeigen die Erstautor*innen Alexander Stockinger und Leonie Adelmann zusammen mit dem Team des Raible-Labors, durch welche molekularen Mechanismen eine verlorene Sprossungszone erneuert werden kann, sodass die Meereswürmer wieder neue Segmente bilden können. Das Besondere bei Platynereis dumerilii: Im Gegensatz zu anderen Arten greift die Regeneration beim Meereswurm nicht auf existente Stammzellen zurück. Stattdessen unterziehen sich nach der Entfernung der Sprossungszone spezialisierte Zellen einer sogenannten Dedifferenzierung. "Das heißt, dass diese Zellen bereits innerhalb weniger Stunden beginnen, in einen stammzellähnlichen Zustand zurückzukehren, um schnellstmöglich eine neue Sprossungszone aufzubauen", erklärt Leonie Adelmann, eine der beiden Erstautor*innen der Studie.

 

Die Forscher*innen fanden außerdem heraus, dass sich die Genexpression in diesen neu gebildeten Stammzellen tatsächlich von ihren Vorläuferzellen unterscheidet. "Spannenderweise spielen hier auch Faktoren wie die Transkriptionsfaktoren Myc und Sox2 eine Rolle, die man auch in der modernen Medizin nutzt, um aus spezialisierten menschlichen Zellen Stammzellen herzustellen", so Alexander Stockinger, der andere Erstautor der Studie.

"Das Konzept der Dedifferenzierung wurde bereits vor über 60 Jahren vorgeschlagen, aber den Forscher*innen fehlten damals die Instrumente, um diese Idee zu testen. Jetzt haben wir Werkzeuge entwickelt, um die Dedifferenzierung auf molekularer Ebene zu verstehen und sie mit dieser sogenannten "Reprogrammierung" von Zellen in der modernen Medizin zu vergleichen. Das schafft eine solide Grundlage für zukünftige Studien", fasst Florian Raible, Leiter der Arbeitsgruppe an der Universität Wien, zusammen. 

Eine Strategie der Wissenschafter*innen war die Erforschung der Zellzustände mit der neuen Methode der Einzelzell-RNA-Sequenzierung. Diese Technik lieferte einen neuartigen Datensatz zur Untersuchung der Geweberegeneration. "Die Einzelzell-Transkriptomik ermöglicht es uns, Zelltypen und ihre Zustände zu identifizieren und aufzuzeigen, wie sie auf individueller Ebene auf den Verlust von Körperteilen reagieren. In unserer Studie haben wir diese Technik zusätzlich mit Daten von französischen Kolleg*innen kombiniert, die durch die fluoreszente Markierung von Zellen halfen, aufzudecken, welche Gewebe letztlich aus bestimmten Stammzellen hervorgehen", erklärt Stockinger. "Dabei haben wir mindestens zwei verschiedene Stammzellpopulationen entdeckt - eine, die Gewebe wie Epidermis und Neuronen regeneriert, und eine andere, die Muskeln und Bindegewebe bildet", so Adelmann.

Link zur Originalpublikation:

Die Studie ist im Fachmagazin Nature Communications erschienen: "Molecular profiles, sources and lineage restrictions of stem cells in an annelid regeneration model" (nature.com).  

Quelle (nach Angaben von):
So regenerieren Meereswürmer verlorene Körperteile (medienportal.univie.ac.at) 18.11.2024

(IR)