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Tierversuche werden in Deutschland für die Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen durchgeführt. Doch welche Fragestellung rechtfertigt einen Tierversuch und wann werden besser Alternativmethoden angewendet? Um auf diese und noch weitere Fragen Antworten zu bekommen, hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kürzlich eine Übersicht erstellt.
Allgemeine Fragen zu Tierversuchen und ihren rechtlichen Regelungen
Was sind Tierversuche?
Das deutsche Tierschutzgesetz legt genau fest, was als Tierversuch gilt. Demnach sind Eingriffe oder Behandlungen an Tieren, die der Beantwortung einer wissenschaftlichen Fragestellung dienen und mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese Tiere oder ihre Nachkommen einhergehen können, ein Tierversuch. Auch Eingriffe und Behandlungen an Tieren, die nicht direkt der Beantwortung einer wissenschaftlichen Fragestellung dienen, gelten dann als Tierversuch, wenn sie durchgeführt werden, um Stoffe und Produkte (z. B. Antikörper) herzustellen oder Organismen (z. B. Parasiten) zu vermehren, mit denen anschließend wissenschaftliche Fragestellungen bearbeitet werden. Als Tierversuche gelten beispielsweise auch die Entnahme von Organen oder Geweben für eine Transplantation, das Anlegen einer Kultur, die Untersuchung an isolierten Organen oder Geweben zu wissenschaftlichen Zwecken, das Anbringen von Peilsendern bei Wildtieren sowie Eingriffe und Behandlungen zur Aus-, Fort- oder Weiterbildung an lebenden Tieren.
Wussten Sie schon?
Die Zahl der Tierversuche in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Tiefststand erreicht. Das geht aus der Versuchstierstatistik hervor, die jährlich vom Deutschen Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R) veröffentlicht wird. Insgesamt wurden 1,46 Millionen Wirbeltiere und Kopffüßler bei Tierversuchen eingesetzt. Damit hat sich der Trend der vergangenen Jahre sogar noch einmal beschleunigt. Im Vergleich zum Vorjahr (2022) sind die Zahlen um rund 16 % gesunken. 2022 betrug der Rückgang gegenüber 2021 etwa 7 %.
Wer darf Tierversuche durchführen?
Tierversuche dürfen laut Tierschutzgesetz grundsätzlich nur von Personen durchgeführt werden dürfen, die die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen. Dafür ist in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Veterinärmedizin, der Medizin oder der Zahnmedizin erforderlich. Tierversuche ohne operativen Eingriff dürfen auch von Personen mit einem abgeschlossenen naturwissenschaftlichen Hochschulstudium oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung durchgeführt werden, sofern sie nachweislich die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten haben. Diese sind vor Beginn der Mitarbeit in einem Versuchsvorhaben gegenüber der genehmigenden Behörde nachzuweisen.
Wann darf ein Tierversuch durchgeführt werden?
Grundsätzlich darf ein Tierversuch nur durchgeführt werden, wenn hierfür eine Genehmigung der zuständigen Behörde vorliegt. Voraussetzung für eine Genehmigung ist, dass das Tierversuchsvorhaben zu einem nach dem Tierschutzgesetz genehmigungsfähigen Zweck durchgeführt werden soll und dafür unerlässlich ist. Die wissenschaftliche Frage darf nicht schon beantwortet sein, und sie darf nicht durch eine andere Methode als den Tierversuch beantwortet werden können. In einem Tierversuchsvorhaben müssen die dem Tier zugefügten Schmerzen, Leiden oder Schäden auf ein nicht mehr reduzierbares Maß verringert werden.
Tierversuchsanträge werden unter anderem nur genehmigt, wenn plausibel begründet ist, dass die zu erwartenden Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere im Hinblick auf den Versuchszweck ethisch vertretbar sind. Dazu gehört auch die Beachtung des 3R-Prinzips (Replacement, Reduction, Refinement).
Das 3R-Prinzip
Das 3R-Prinzip wurde bereits im Jahr 1959 durch die britischen Wissenschaftler William Russell und Rex Burch etabliert und in Genehmigungsprozessen herangezogen. Dabei wird überprüft, ob die Versuche nicht durch Alternativmethoden ersetzt (Replacement) werden können. Darüber hinaus muss die verwendete Tierzahl auf das absolut notwendige Minimum reduziert (Reduction) und die Belastungen der Tiere maximal vermindert (Refinement) werden.
Welche gesetzlichen Regelungen für Tierversuche gelten neben dem Tierschutzgesetz für Kosmetika?
Tierversuche im Zusammenhang mit Kosmetika sind innerhalb der Europäischen Union seit 2009 grundsätzlich verboten. Das Verbot gilt für kosmetische Fertigprodukte, deren Bestandteile und auch für das Inverkehrbringen von an Tieren getesteten Kosmetikprodukten.
Fragen zu Versuchstierzahlen, deren Erhebung und Veröffentlichung
Wie viele und welche Versuchstiere werden in Deutschland verwendet?
Die detaillierten Versuchstierstatistiken für die Jahre 2009 bis 2019 wurden jährlich vom BMEL veröffentlicht. Seit dem Jahr 2020 werden die jährlichen Zahlen vom BfR veröffentlicht. Die aktuellen Zahlen für das Jahr 2023 finden Sie hier: Verwendung von Versuchstieren im Berichtsjahr 2023.
Wussten Sie schon?
Die meisten eingesetzten Versuchstiere waren Nagetiere (Mäuse 73 %, Ratten 7 %). Der Anteil an Fischen lag bei 11 %. 4,6 % beziehungsweise 1,4 % fielen auf Kaninchen und Vögel.
Ein Hauptaugenmerk bei der Erforschung von Krankheiten lag auf Krebsleiden. Hier wurden 39% der Versuchstiere im Bereich der angewandten Forschung eingesetzt. Zusätzlich wurden 11% der Tiere in der Grundlagenforschung zur Krebsentstehung verwendet. Andere vorrangige Zwecke waren die Untersuchung des Immun- und des Nervensystems und ihrer Erkrankungen sowie Infektionen. Auch der Schwergrad der Versuche nimmt weiter stetig ab. Mittlerweile sind fast zwei Drittel der Versuche für die Tiere gering belastend eingeschätzt. Mittlere oder schwere Belastungen gibt es noch in 27,5 beziehungsweise 3,5 % der Versuche.
Wenn ein Tier verwendet wird, bedeutet es automatisch, dass es getötet wird?
Bei der Meldung von Versuchstieren, die im Tierversuch verwendet wurden, wird der Verbleib der Tiere nach Beendigung des Versuches nicht abgefragt. Es besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, dass Tiere einen Versuch überleben und im Anschluss weiter gehalten werden, an Privatpersonen vermittelt werden oder für andere wissenschaftliche Zwecke erneut eingesetzt werden. Dies betrifft insbesondere solche Tiere, die in maximal gering belastenden Tierversuchen eingesetzt wurden. Allerdings können auch gering belastende Tierversuche mit einer tierschutzgerechten Tötung der Versuchstiere enden.
Fragen zu Alternativmethoden zum Tierversuch
Was versteht man unter Alternativmethoden?
Alternativmethoden zu Tierversuchen sind alle Verfahren, die Tierversuche ersetzen, die Zahl der Versuchstiere reduzieren oder das Leid der Versuchstiere mindern können. Als allgemein anerkannte wissenschaftliche Grundlage für die Entwicklung von Alternativmethoden gilt auch das sogenannte „3R-Prinzip“. Alternativmethoden umfassen beispielsweise Computersimulationen und bildgebende Verfahren wie Kernspintomographie oder Ultraschall.
Noch mehr Antworten gesucht?
Weitere Fragen und Antworten finden Sie auf der Seite des BfR:
Fragen und Antworten zu Tierversuchen, Alternativmethoden und Versuchstierzahlen - BfR
Quelle (nach Angaben von):
Fragen und Antworten zu Tierversuchen, Alternativmethoden und Versuchstierzahlen - BfR. 12.12.2024
BMEL - Pressemitteilungen - Zahl der Tierversuche auf neuem Tiefststand. 12.12.2024
(JD)