„Wir machen immer wieder Hausbesuche, die häufig von den Assistenztierärzt*innen übernommen werden. Muss die Fahrzeit zum Patienten wie Arbeitszeit vergütet werden? Und passend dazu: Laut meinem Arbeitgeber beginnt meine Pause direkt nach einem Hausbesuch – egal, ob ich 5 Minuten oder 1 Stunde für die Rückfahrt in die Praxis benötige. Das empfinde ich als sehr unfair. Muss ich wirklich meine komplette Pause opfern, um von einem Hausbesuch in die Praxis zurückzufahren?“
Die Fahrten von Arbeitnehmer*innen zu einem Patienten sind in aller Regel als Dienstreisen zu qualifizieren. Für eine Dienstreise muss immer eine gewisse räumliche Entfernung überwunden werden. Welche Mindestdistanz dafür gilt, ist nach den individuellen Umständen zu beurteilen.
Auf Grundlage seines Weisungs- und Direktionsrechts im Sinne des § 106 GewO dürfen Praxisinhaber*innen und somit Arbeitgeber*innen Dienstreisen anordnen. Und zwar auch dann, wenn das nicht ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgeschrieben ist. Die Arbeitnehmer*innen haben sie wahrzunehmen, wenn sie mit ihren Aufgaben im Zusammenhang stehen. Als klassisches Beispiel fallen auswärtige Termine bei Patienten darunter.
Die reine Fahrzeit wird als Arbeitszeit nach der sogenannten Beanspruchungstheorie gewertet und ist somit vergütungspflichtig. Danach gilt die Reisezeit dann als Arbeitszeit, wenn die Arbeitnehmer*innen unterwegs in einem Maße beansprucht werden, dass eine Einordnung als Arbeitszeit gerechtfertigt ist. Entscheidend hierfür ist zum einen die Anweisung des Arbeitgebers, wie er die Zeit zu nutzen hat, zum anderen aber auch die Wahl des Verkehrsmittels. Erfolgt die Dienstreise auf Anordnung des Arbeitgebers mit einem Pkw, das die Arbeitnehmer*innen selbst steuern, gilt die Fahrtzeit als Arbeitszeit. Die aktive Teilnahme am Straßenverkehr wird aufgrund der damit verbundenen geistigen und körperlichen Beanspruchung als Arbeitszeit gewertet.
Solche Dienstreisen, die während der regulären Arbeitszeit stattfinden, sind ganz normal im Rahmen dieser zu vergüten. Daher ist ebenfalls die Rückfahrt in die Tierarztpraxis als Arbeitszeit zu werten.
Den Arbeitnehmer*innen muss in diesem Zusammenhang eine gesonderte Ruhepause gewährt werden. Die Rückfahrt kann somit, aufgrund der Wertung als Arbeitszeit, nicht als Ruhepause gezählt werden. Dies würde sodann ebenfalls den gesetzlichen Zweck von Ruhepausen konterkarieren, da diese gerade den Arbeitnehmer*innen zwischen den zu leistenden Arbeitsstunden zur Regeneration dienen sollen.
Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Kranepuhl B. "Hausbesuche: Gilt die Fahrtzeit als Arbeitszeit?" kleintier konkret 2023; 26(02): 55 DOI: 10.1055/a-2017-7015
(IR)