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ForschungVogelgesang: Weibchen sind unterschätzte Tutorinnen

Lange galten die Rollen beim Vogelgesang als klar verteilt: Die Männchen singen, die Weibchen hören zu. Doch eine Studie des MPI für biologische Intelligenz beweist das Gegenteil.

Ein kleiner, bunter Zebrafink sitzt auf einem Ast vor grünem Hintergrund.
etfoto/stock.adobe.com

Die Rufe der Weibchen in Reaktion auf die Gesangsübungen der Männchen haben einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der komplexen Gesänge, so die Ergebnisse der Studie.

Wie bei vielen Vogelarten sind auch beim Zebrafinken ausschließlich die Männchen dazu in der Lage, den arttypischen Gesang von einem Tutor, meist dem Vater, zu erlernen. Über einen Zeitraum von 3 Monaten hören die jungen Männchen dem Tutor zunächst nur zu. Dann fangen sie an, den gehörten Gesang auch zu üben und entwickeln schließlich eine eigene Version davon, die sie ihr Leben lang beibehalten. Die Weibchen hingegen singen nicht, ihre Rufe sind angeboren und dienen vor allem zur Kommunikation mit dem Partner. Die Forschung zum Gesangslernen hat sich daher bislang vor allem auf die männlichen Tiere konzentriert, also die Beziehung zwischen Tutor und Lehrling. Ein potenzieller Einfluss der Weibchen und deren Rufe auf die Gesangsentwicklung wurde bislang weitgehend vernachlässigt.

Weibliches Feedback fördert Präzision und Qualität

Ein Forschungsteam am MPI für biologische Intelligenz unter der Leitung von Daniela Vallentin hat daher nun jungen Zebrafinkenmännchen den zu erlernenden Tutorgesang vorgespielt, entweder in weiblicher Gesellschaft oder allein. Die Ergebnisse waren eindeutig: Männchen, die mit weiblicher Unterstützung lernten, konnten den Tutorgesang präziser imitieren. Eine Analyse der weiblichen Rufe während des Gesangslernen zeigte, dass die Weibchen direkt auf die lernenden Männchen reagieren, also quasi deren Gesangsleistung mit ihren einfachen Rufen kommentieren. „Dieses vokale Feedback hat einen positiven Einfluss auf die Gesangsentwicklung der Männchen“, erklärt Daniela Vallentin.

“Das war ein spannendes und unerwartetes Ergebnis, das wir auch auf neuronaler Ebene genauer anschauen wollten”, führt Linda Bistere, Erstautorin der Studie, aus. Eine Analyse der Gehirnaktivität zeigte, dass die Rufe der Weibchen eine spezifische neuronale Reaktion im vokalen Lernzentrum im Gehirn der Jungtiere auslösen, und damit aktiv den neuronalen Gesangslernprozess beeinflussen. Die Rufe der Weibchen fungieren als eine Art Feedback-Mechanismus, möglicherweise sogar als direkte Anleitung für die Männchen beim Erlernen ihres Gesangs.

Korrektur bisheriger Annahmen

Solche subtilen, aber dennoch entscheidenden Interaktionen zwischen den Geschlechtern bleiben oft lange unerkannt oder zumindest unbeachtet, prägen aber dennoch – wie auch in diesem Fall – komplexe Verhaltensweisen. Diese neuen Erkenntnisse stellen also nicht nur eine wichtige Korrektur der bisherigen Annahme dar, dass Weibchen beim Gesangslernen eine passive Rolle spielen, sondern erinnern auch daran, sich bei der Erforschung komplexer Prozesse nicht immer nur auf das Offensichtliche zu konzentrieren.

Quelle (nach Angaben von):

Unterschätzte Tutorinnen: Vogelweibchen machen den Nachwuchs zu besseren Sängern. 17.10.2025

(JD)