
Proteinquellen wie Insekten werden in anderen Ländern schon lange genutzt.
Lupinen, Algen oder Insekten – für die Lebens- und Futtermittelbranche werden zunehmend diese und andere Eiweißquellen erschlossen, die hierzulande bisher nicht oder kaum genutzt wurden. Ein Ziel ist es, die Verfügbarkeit und Sicherheit dieser Lebensmittel für eine wachsende Weltbevölkerung über eine nachhaltige und ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft zu gewährleisten.
„Mit der Einführung alternativer Proteinquellen können sich neue gesundheitliche Risiken ergeben, die rechtzeitig erkannt und bewertet werden müssen“, sagt der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) Professor Andreas Hensel. „Das Spektrum reicht von Allergierisiken durch Insektenproteine, über mikrobielle Risiken, Risiken durch Kontaminanten oder bisher unbekannte Toxine bis hin zu Risiken durch antinutritive Substanzen“. Wie der gegenwärtige Stand bei der Erschließung alternativer Proteinquellen ist, wie andere Länder gesundheitliche Risiken bewerten oder welche regulatorischen Fragestellungen im Zusammenhang mit diesen Lebens- und Futtermitteln zu klären sind, haben Expert*innen im Rahmen der internationalen Konferenz „Alternative Proteins for Food and Feed“ diskutiert.
Potenzielle Gesundheitsrisiken
Sofern Lebensmittel Proteine aus alternativen Quellen enthalten, die vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und die mindestens einer der in der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 genannten Lebensmittelkategorien zugeordnet werden können, gelten sie in der EU als neuartige Lebensmittel. Sie durchlaufen im Zuge der Zulassung eine gesundheitliche Risikobewertung bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Im Fall von Insekten, die z. B. in Form von Insektenmehl verarbeiteten Lebensmitteln wie Keksen oder Nudeln beigefügt werden können, liegt das Augenmerk besonders auf dem Allergie-Risiko. So besteht zum Beispiel vor allem bei Menschen, die eine Allergie gegen Hausstaubmilben, Krebstiere oder Mollusken (Weichtiere) haben, das Risiko, dass sie auch auf Lebensmittel mit Insektenprotein allergisch reagieren. Am BfR wurden daher Methoden für den Nachweis von Insektenproteinen auch in hochverarbeiteten Lebensmitteln etabliert und das allergene Potenzial unterschiedlicher Insektenarten erforscht.
Ein weiteres Gesundheitsrisiko kann durch unerwünschte Stoffe oder Kontaminanten entstehen, die in diesen Lebens- und Futtermitteln enthalten sein können. So ist bekannt, dass in Hülsenfrüchten Antinutritiva, wie z. B. Phytinsäure, enthalten sind, die die Aufnahme von wichtigen Mineralstoffen wie Eisen oder Zink hemmen. Getrocknete Meeresalgen können sehr hohe Jodgehalte aufweisen, die eine Überfunktion der Schilddrüse verursachen können. Zu den weiteren gesundheitlichen Risiken zählen Kontaminanten aus der Umwelt, die sich in den Proteinquellen anreichern, mikrobiologische Verunreinigungen und (zum Teil bisher unbekannte) Toxine. Speziell bei den Futtermitteln sind nicht nur mögliche Auswirkungen alternativer Proteinquellen auf die Gesundheit der Nutztiere zu berücksichtigen, sondern auch der sogenannte „Transfer“ der Stoffe in Lebensmittel tierischer Herkunft. Untersuchungen am BfR haben z. B. gezeigt, dass gesundheitlich problematische Inhaltsstoffe aus dem Tierfutter in die Milch von Kühen übergehen können, etwa Bitterstoffe aus Lupinen (Alkaloide).
Von Sicherheitsprüfungen bis Nachhaltigkeit
Auf der Konferenz standen die gegenwärtige und zukünftige Nutzung der neuen Eiweißquellen, regulatorische Rahmenbedingungen und Sicherheitsprüfungen in verschiedenen Ländern sowie die Nachhaltigkeit und sozioökonomische Aspekte der Nutzung auf dem Programm. Auch ernährungsphysiologische Aspekte und die Verbraucherakzeptanz wurden diskutiert.
Quelle (nach Angaben von):
Mehr als nur Insekten: Alternative Proteinquellen ergänzen herkömmliche Lebens- und Futtermittel - BfR. 20.11.2024
(JD)