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BlogFehler macht man nicht - oder doch?

Fehler macht keiner gern und doch werden tagtäglich einige davon gemacht. Wie sollte es auch anders gehen?

Daniela Diepold

Triggerwarnung

Dieser Artikel spricht von Belastungen im Berufsalltag und deren Auswirkungen. Falls sensible Thematiken (z. B. Depression, Suizid, Trauma) dir gerade nicht gut bekommen, lies diesen Artikel bitte nicht weiter.

Ich weiß noch genau, dass ich früher als Jugendliche große Angst hatte einen Fehler zu machen. Auch heute mag ich es nicht sonderlich gern, Neues vor anderen Personen auszuprobieren. Zu groß ist meine Furcht, dass ich mich irgendwie blamieren könnte. Allein beim Schreiben merke ich, dass ich gleich sauer auf mich werde. Was ist das für eine Einstellung? Die einzige Möglichkeit keine Fehler zu machen ist gar nichts zu machen. Und das wäre auf Dauer etwas langweilig, oder? Die Angst einen Fehler zu machen, sich zu blamieren, ist kontraproduktiv und hat die Macht Prozesse zu lähmen. In einer solchen Gedankenwelt ist es schwer sich neue Dinge zuzutrauen und sie einfach mal zu machen. Neue Dinge funktionieren bekanntermaßen nicht beim 1. Mal und das ist vollkommen ok. Als Kind hatte man keine Probleme damit Neues zu lernen, denn alles war neu und man hat nicht lang überlegt, sondern es einfach getan und war nach häufigem Hinfallen irgendwann erfolgreich. Der Glaube an sich selbst war da und unerschütterlich.

Damals war keine Zeit für Kollegialität

Woher kommt dann diese Angst, die wir als Kind noch nicht hatten? Wahrscheinlich hauptsächlich daher, wie wir als Gesellschaft Fehler wahrnehmen und bewerten. Das tun wir in Österreich und Deutschland vorrangig negativ. Doch bewegen wir uns mal von der Gesamtgesellschaft auf unsere kleine feine Tiermedizin-Bubble zu.

Vor 30 Jahren wehte ein komplett anderer Wind durch den Arbeitsmarkt, als es heute der Fall ist. Es war ein rauer Wind, der den jungen Tierärzt*innen viel abverlangte. Die Babyboomer mussten um Stellen kämpfen und für Kollegialität hatte man schlichtweg keine Zeit. Wo Stellen Mangelware sind, bleibt wenig Platz für Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung. In solchen Zeiten spricht man nicht gern über Fehler oder Ängste. Man will sich nicht die Blöße geben und vor den Nachbarkolleg*innen aka den Konkurrent*innen bloß keine Schwäche zeigen.

Von der starken Böe zum lauen Lüftchen

Mittlerweile hat sich diese starke Böe in ein laues Lüftchen verwandelt. Es herrscht akuter Tierärzt*innenmangel, alle suchen wie verrückt nach Personal. Das geht mittlerweile so weit, dass Unikliniken wie Leipzig oder Berlin den Notdienst nicht mehr aufrecht halten können. Jede Katastrophe bietet jedoch auch immer Chancen für Veränderungen. Und eine Chance sehe ich auch hier.

Oft wird die Einstellung vermittelt „Wenn ich Mist fressen musste, musst du das auch.“ Dadurch war der Umgangston scharf, harsch und die Wertschätzung mau. Nicht geschimpft ist gelobt genug war das Motto. Doch solche Bedingungen muss man sich heutzutage zum Glück nicht mehr bieten lassen. Die junge Generation will Feedback, will über ihre Stärken und Schwächen reden. Es macht so unfassbar viel Mut, wenn erfahrene Kolleg*innen zugeben, dass sie am Anfang auch gekämpft haben, dass es viel war, dass sie abends im Bett geweint haben, weil sie überfordert waren, weil sie dem Kalb oder Kätzchen nicht helfen konnten. Dass der Anfang oft schwer ist, aber dass man es schaffen kann und es immer weitergeht. Wie die Autorin und Sozialwissenschaftlerin Brené Brown sagt, ist Leadership nur möglich, wenn man sich verletzlich zeigt und sich dadurch anderen öffnet.

Mehr über Fehler sprechen und sich verletzlich zeigen hilft

Die Zeiten in denen sich Ärzte oder Tierärzte als Götter in Weiß präsentieren sind vorbei. Wir sind alle normalsterblich, wir alle machen Fehler. Wenn man versucht sein Ego abzulegen und zuzugeben, dass man auch mal was falsch gemacht hat, hilft dies jüngeren Kollegen, sich auch mehr zuzutrauen und sich selbst nicht so stark zu hinterfragen.

Lasst uns diesen Panzer ausziehen und zugeben, dass der Beruf hart ist. In Zeiten von „Not one more Vet“ wissen wir, wie es um die mentale Gesundheit der Branche steht. Wem wollen wir etwas vormachen? Die psychische Belastung ist oft hoch, es herrschen unsichere Zeiten, in denen Kund*innen immer radikaler werden. Und die Ausrüstung ist da, um allem ein schnelles Ende zu bereiten, wenn man einfach nicht mehr kann. So weit soll es gar nicht erst kommen. Fehler ist nicht gleich Fehler. Klar ist es sehr dramatisch und traurig, wenn ein Patient durch einen Fehler stirbt. Doch wahrscheinlich wir das jedem/jeder Tierärzt*in einmal im Leben passieren und deswegen ist man noch lange kein schlechter Mensch. Ich wünsche mir sehr, dass sich unser Umgang mit Fehlern und Verletzlichkeit ändert, sodass wie alle ein bisschen mehr Mensch sein dürfen und das machen können, was wir wollen - nämlich Tiere gesund machen.

Hilfe

Bitte wende dich an ein Hilfetelefon oder einen psychologischen Notfalldienst, wenn Du depressive oder Suizidgedanken bei Dir oder anderen erlebst.

Die Telefonseelsorge ist 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr für alle erreichbar, Anrufe und Chats sind auch anonym möglich:

  • per Telefon: 0800 / 111 0 111, 0800 / 111 0 222 oder 116 123
  • per Mail und Chat unter online.telefonseelsorge.de