
Eine Bepflanzung mit Wildstauden bietet vielen Insekten ein breites Nahrungsangebot.
Insektensterben und mangelnde Artenvielfalt sind eine der großen Krisen unserer Zeit. Gerade im städtischen Bereich finden viele Insekten und Vögel nicht mehr genug Nahrung. Im ländlichen Raum stellt dagegen die konventionelle Landwirtschaft den größten Futtermittelkonkurrenten dar. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir Ausgleichflächen schaffen. Und wo kann das besser gelingen, als im Eingangsbereich unserer Praxen und Kliniken.
Flächenfraß schreitet weiter voran
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) ist der tägliche Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr in den letzten 4 Jahren zwar gesunken, verpasst aber das angestrebte Nachhaltigkeitsziel von 30 Hektar täglich bis zum Jahr 2030 mit 52 Hektar damit deutlich [1]. Vor dem Hintergrund eines immer dramatischer verlaufenden Insektensterbens sind Gegenmaßnahmen dringend erforderlich. Dabei kann jeder von uns etwas tun, denn jeder Kübel zählt und jede noch so kleine Fläche kann Nahrung und Wohnraum für Krabbler und Summer bieten. Viele kleine naturnah bepflanzte Inseln können Teil eines großen Netzes werden [2].
Topfgarten mit Wildstauden und Wildblumen
Wichtig ist, sich für die Bepflanzung von Kübeln auf insektenfreundliche Arten festzulegen. In Gewächshäusern schnell hochgepushte, geschlossene Geranien oder Petunien sind für Insekten nutzlos. Noch dazu sind sie nur für eine kurze Zeit geeignet und müssen dann entsorgt werden. Viel besser, so empfiehlt es z.B. der Naturschutzbund, ist eine Bepflanzung mit Wildstauden [3]. Sie bieten einigen Dutzend Wildbienen, Hummeln aber auch Schmetterlingen und Käfern ein breites Nahrungsangebot und Quartier. Werden mehrjährige, winterharte Arten für die Bepflanzung gewählt, spart man sich Arbeit, Zeit und Geld, weil die jährliche Neubepflanzung entfällt.
Der Ästhetik wird besonders dann genüge getan, wenn Stauden mit unterschiedlichen Blühzeitpunkten gewählt werden. Dann nämlich blüht der Kübel vom Frühjahr bis in den Herbst hinein. Hierzu liefert z.B. der NABU wertvolle Tipps und Pflanzempfehlungen zum Thema Topfgarten (Tip-top eingetopft – Ein Minigarten für Mensch und Tier) [4].
Vom NABU empfohlene Pflanzen für den Topfgarten [4]
- Akelei (Aquilegia vulgaris)
- Türkenbundlilie (Lilium martagon)
- Glockenblume (Campanula trachelium, Campanula persicifolia)
- Wald-Schaumkraut (Cardamine trifolia)
- Gelber Lerchensporn (Corydalis lutea)
- Wald-Erdbeere (Fragaria vesca)
- Große Sternmiere (Stellaria holostea)
- Blutroter Storchschnabel (Geranium sanguineum)
- Katzenminze (Nepeta cataria)
- Moschusmalve (Malva moschata)
- Polsterseifenkraut (Saponaria ocymoides)
- Gewöhnliche Kugelblume (Globularia punctata)
- Gold-Aster (Galatella linosyris)
- Küchenschelle, Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris)
- Kleines Mädesüß (Filipendula vulgaris)
Geeignete Pflanzen für den Topfgarten
Auf Bio-Zertifizierung achten!
Nicht außer Acht gelassen werden darf die Herkunft der Stauden. Um wirklich etwas für die Artenvielfalt zu tun und geeignetes Insektenfutter zur Verfügung zu stellen, sollten ausschließlich Bio-Stauden verpflanzt werden. Diese Pflanzen sind in Mitteleuropa heimisch und unter biologischen Standards produziert (d.h., dass bei der Anzucht keine Pestizide oder nur torffreie Erde verwendet wurde). Sie sind überdies weniger anfällig für Pflanzen, haben kräftigere Wurzeln und wachsen damit besser an. Erkennbar sind solche Bio-Stauden durch ihre Zertifizierung, erkennbar an dem Bio-EU-Siegel oder an Siegeln der Bioanbauverbände, welche rechtlich geschützt sind [5].
Der Rasen soll weg
Wer mehr Fläche zu Verfügung hat, kann die tote Zierrasenfläche vor der Praxis oder Klinik auch mit etwas Zeit und etwas mehr Geduld in ein Insektenbuffet verwandeln. Dabei muss nicht gleich das ganze Zierrasenstück umgegraben werden: Zunächst kann einfach nur die Düngung eingestellt und die Mahd auf 2- bis 3-mal jährlich beschränkt werden, denn Wildblumen mögen magere Böden besonders gern.
Dieser Weg ist zwar arbeitsarm, aber erfordert Zeit und Geduld. Es dauert, bis sich Wildblumen durchsetzen und ausbreiten können. Auch lässt die Ästhetik zunächst zu wünschen übrig – gar mancher unwissende Patientenbesitzer mag hierüber vielleicht die Nase rümpfen, Aufklärung (etwa durch eine Schautafel) täte Not.
Step by step mit Blühinseln
Die zweite Option ist das Anlegen von Blumeninseln. Hierbei werden kleine Areale im Rasen ausgestochen, mit etwas Sand oder Kies abgemagert und Saatgut darauf ausgebracht. Dieser arbeitsintensivere Weg setzt besonders schöne Akzente im Rasen und gibt einen Vorgeschmack auf das, was auf dem gesamten Rasenstück möglich wäre. Zu beachten hierbei ist, dass Saatgut verwendet wird, welches auch auf fetten Standorten keimen kann, denn der fette Rasen umgibt die Inseln, deren Boden nicht vollständig abgemagert werden kann.
Einmal, aber richtig: die Wiesenfläche anlegen
Der arbeitsreichste, aber nachhaltigste Weg zum prallen Insektenbüffet liefert das vollständige Umgraben des Rasens mit Ausbringen von Sand und Kies und der flächendeckenden Saat eines für den Standort geeigneten Saatguts [5].
Egal, welcher Weg beschritten werden soll: Auch hier ist wie bei den Wildstauden auf einheimisches, am besten biozertifiziertes Saatgut zurückzugreifen. Entsprechende Sämereien beraten hierzu kompetent und geben darüber hinaus wertvolle Tipps, was Standort, Vorbereitung, Ansaat und nachfolgende Pflege betrifft. Bezugsadressen finden sich auf der Homepage des NABU (Säen und pflanzen – Bezugsadressen Samen und Pflanzengut) [6].
Nachhaltigkeit bedeutet Geduld haben
Eines dabei darf nicht vergessen werden: Nachhaltiges, naturnahes Gärtnern bedarf Zeit, Geduld und Muße. Das Anlegen einer Wiese geschieht nicht in wenigen Wochen oder Monaten. Es ist ein Prozess, der sich über mindestens 2-3 Jahre erstreckt, der dann aber genau das ist, was wir anstreben: ein nachhaltiger Wohnraum und Futterplatz für vielerlei Arten und für uns ein echter Blickfang für unsere Praxis oder Klinik.
- Destatis. Siedlungs- und Verkehrsfläche wächst jeden Tag durchschnittlich um 52 Hektar. Statistisches Bundesamt (2025). www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2024/PD24_11_p002.html
- Ortgruppe Baierbrunn. Jeder qm zählt! Bund Naturschutz in Bayern e.V. (2023) baierbrunn.bund-naturschutz.de/jeder-qm-zaehlt
- Witt R. Wilde Kübel. Tipps für den Öko-Balkon. Naturschutzbund (NABU). www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/balkon/12087.html
- Naturschutzbund. Tip-top eingetopft. Ein Minigarten für Mensch und Tier. www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/elemente/22318.html
- Naturschutzbund. Mit Geduld und Spucke. Tipps zur Anlage einer Blumenwiese im Garten. www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/elemente/04630.html
- Naturschutzbund. Säen und pflanzen. Bezugsadressen Samen und Pflanzengut. www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/trends-service/empfehlungen/00592.html