Ich kann es nicht beschönigen, die Prüfungsphase ist einfach immer anstrengend und mühsam. Der Stress ist allgegenwärtig.
Das schlechte Gewissen verdirbt einem oft jede Freude, die Zeit vergeht zu schnell und trotzdem wird der Lernstoff nie weniger. Ich finde, dass man mit der Zeit durchaus lernt mit den großen Stoffmengen umzugehen, aber viel leichter wird es dadurch auch nicht.
Mut zur Lücke
Mit einer mehr oder weniger großen Lücke im Gepäck in eine Prüfung zu gehen macht wenig Spaß. Umso schlimmer ist es, wenn man mündliche Prüfungen hat. Man steht direkt vor dem Prüfenden und sitzt nicht nur vor dem PC, wie bei den schriftlichen Prüfungen. Der PC verurteilt dich nicht, wenn du zögerst, die Prüfenden leider oftmals schon. Hinzu kommt die menschliche Komponente. Versteht man sich, ist der Prüfende gut drauf, ist er generell dafür bekannt fair zu sein oder weiß man schon, oh je, mit der ist nicht gut Kirschen essen. Allein diese Unterschiede machen mündliche Prüfungen oft unfair. Oft ist man allein mit dem oder der Prüfer*in, ohne Beisitz, hat also überhaupt kein Kontrollorgan dabei. Dieses Prüfer*innen-Roulette macht mich fertig, ich bin absolut kein Freund von Glücksspielen.
Mündliche Prüfungen haben auch Vorteile
Ich sehe aber auch Vorteile bei den mündlichen Prüfungen. Ich mag, dass man im Gespräch ist, dass man durch das Reden oft auf Dinge kommt, die man eben doch weiß. Dass man durch geschickte Gesprächsführung und ein sicheres Auftreten durchaus noch einiges rausholen kann. Ich lerne außerdem mehr für mündliche Prüfungen, da es mir wichtig ist, dass ich mich in der Prüfungssituation nicht blamiere. Ich finde es auch wichtig, dass man in den mündlichen Prüfungen gezwungen ist, sich in unliebsamen Situationen zu behaupten und sich zu präsentieren, was später im Beruf, insbesondere in der Kommunikation mit den Tierbesitzern wesentlich ist. Letztendlich schneide ich bei Mündlichen meistens besser ab als bei den Schriftlichen. Trotzdem hat es immer mit Glück zu tun, denn die Situation unterscheidet sich stark von Prüfer*in zu Prüfer*in.
Schriftliche Prüfungen sind objektiv(er)
Ich schätze an den schriftlichen Prüfungen, dass jeder die gleichen Fragen hat. Gleich viel Zeit und einen objektiven PC vor der Nase, der dich weder arg verunsichert noch bestärkt. Neutral, einfach neutral.
Es wäre übertrieben zu sagen, dass mündliche Prüfungen komplett aus dem Studium verbannt werden sollten. Sie sollten jedoch etwas objektiver gestaltet werden. Es wäre super, wenn ein Beisitzer dabei wäre. Das kann gern ein studentischer Mitarbeiter sein. Ich finde es schade, dass manche Leute so viel lernen, einen nicht sehr netten Prüfenden haben und dadurch entweder durchfallen oder eine schlechte Note bekommen. Klar lernt man nicht für die Noten, aber wenn man viel investiert, finde ich es auch gerecht, wenn man dafür eine gewisse Anerkennung bekommt.
Es darf gern a bissl mehr Wertschätzung sein
Wir Studierenden haben es verdient auf Augenhöhe behandelt zu werden und nicht, als ob wir nicht bis drei zählen könnten. Ich denke oft drüber nach, warum unser Berufsstand generell nicht sehr selbstbewusst ist, wir wenig verdienen und kaum eine Lobby haben. Meiner Meinung nach liegt es auch daran, dass wir in der Uni oft kleingehalten werden und das Gefühl bekommen, dass wir nichts können. Mittlerweile, am Ende des Studiums, habe ich durchaus das Gefühl etwas zu können. Das theoretische Wissen ist da und wartet nur darauf in die Praxis umgesetzt zu werden. Der alte Spruch Übung macht den Meister hat seine Daseinsberechtigung. Die Tiermedizin ist ein Handwerk, das umso besser wird, je öfter man übt. Ich versuche selbstbewusst in die Zukunft zu schauen, mich darauf zu besinnen was ich kann und was ich noch alles lernen will. Und wenn ich das kann, kannst du das auch!