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Häufig ist Juckreiz der Auslöser für Alopezie. Aber auch ohne Juckreiz kann eine Alopezie auftreten. - Symbolbild
Das Wichtigste vorweg
- Der häufigste Grund einer Alopezie bei Hund und Katze ist Juckreiz.
- Demodikose, Dermatophytose, Pyodermie und Malasseziendermatitis müssen bei jedem Tier mit Haarausfall ausgeschlossen werden.
- Bilateral symmetrische Alopezie beim Hund ist oft endokrin bedingt, bei der Katze dagegen meist allergisch.
- Hautbiopsien sind nur selten diagnostisch in der Aufarbeitung von Alopezie. Sie können aber hilfreich sein, Differenzialdiagnosen auszuschließen oder einen klinischen Verdacht zu verstärken.
- Die Prognose für neuen Haarwuchs richtet sich nach der ursächlichen Krankheit, der Dauer und dem Grad der Haarfollikelzerstörung.
Definitionen
Alopezie ist ein Fehlen von Haaren an normalerweise behaarten Regionen. Hierbei bezieht sich die Definition auf einen vollbehaarten Wildtyp von Hund und Katze.
Merke
Alopezie beschreibt eine klinische Veränderung oder ein Problem, ist aber selbst keine Diagnose.
Während Alopezie einerseits nur eine kosmetische Veränderung für das Tier bedeuten kann, ähnlich der Glatzenbildung bei Männern, kann sie andererseits ein früher Hinweis auf systemische und eventuell lebensbedrohliche Krankheiten sein (z.B. Endokrinopathien, paraneoplastische Alopezie).
Zwei Sorten von Alopezie sind zu unterscheiden:
- eine echte Haarlosigkeit, bei der das ganze Haar ausfällt oder nicht nachwächst und somit einen leeren Haarfollikel zurücklässt
- eine scheinbare Haarlosigkeit, bei der die Haare an der Hautoberfläche abbrechen (bei Juckreiz, Ektoparasitosen, Dermatophytose, u. a.)
Weiterhin gibt es angeborene und erworbene Alopezien. Je nach Schweregrad und Erkrankung kann Alopezie reversibel, nicht vernarbend sein oder sie ist irreversibel, vernarbend (cicatricial), wenn Haarfollikel zerstört wurden (z.B. bei tiefer Pyodermie mit Furunkulose). Je nach Verteilungsmuster unterscheidet man fokale, multifokale, diffuse oder bilateral symmetrische Haarlosigkeit.
Anatomie – Physiologie – Pathophysiologie
Das Fell von Hund und Katze besteht aus primären und sekundären Haaren, die in Gruppen aus zusammengesetzten Haarfollikeln an die Hautoberfläche wachsen (ca. 100–600/cm2 Haut). Zu jeder Haarfollikeleinheit gehören weiterhin Talgdrüsen, deren Ausführungsgang in das Haarfollikellumen führt, und Muskelfasern (Musculus arrector pili), die am Haarfollikel verankert sind.
Gesundes Fell ist gekennzeichnet durch eine Abfolge von Haarwachstum und Ausfallen existierender Haare. Dieser Zyklus besteht aus einer Wachstumsphase (anagen), in der der Haarschaft (Scapus) produziert wird, einer Übergansphase (catagen), in der sich die tiefe Portion des Haarfollikels zurückbildet und das Haarwachstum aufhört, und einer Ruhephase (telogen), in der das Haar im Follikel verbleibt, bis es durch ein neues, anagenes Haar ersetzt wird und ausfällt. Die Steuerung des Haarwachstumszyklus ist noch weitgehend ungeklärt, aber ein Einfluss von Hormonen der Hypophyse, Zirbeldrüse, Schilddrüse, Nebennierenrinde, der Gonaden und von IGF-1 wurde bereits nachgewiesen. Die Länge der jeweiligen Phase hängt von Rasse und Jahreszeiten ab. Stoffwechselstatus und Ernährung spielen auch eine Rolle. Haarlose Haut ist oft anfällig gegen Sekundärinfektionen und kann hyperpigmentiert oder schuppig werden.
Es gibt drei verschiedene Mechanismen, die zur Haarlosigkeit führen können:
- Trauma: Die Haare werden durch Lecken, Beißen oder Kratzen vom Tier selbst abgebrochen. Dies ist die häufigste Form von Alopezie bei Hund und Katze. Reste der abgebrochenen Haare verbleiben oft noch fühlbar oder sichtbar im Haarfollikel. Trauma ist entweder aus der Vorgeschichte vom Besitzer erkennbar oder muss eventuell im Trichogramm durch abgebrochene Haarspitzen nachgewiesen werden (Katzen lecken manchmal heimlich).
- Störung des Haarwachstumszyklus: Eine Verkürzung der anagenen Phase mit gleichzeitiger Verlängerung des telogenen Stadiums führt dazu, dass diese „schlafenden“ Follikel keine neuen Haare produzieren, während vorhandene ausfallen. Solche Alopezien zeigen oft ein bilateral symmetrisches, nicht entzündliches Erscheinungsbild, das vermutlich auf einer unterschiedlichen Empfindlichkeit von Hormonrezeptoren in den betroffenen Regionen beruht, und sind generell reversibel.
- Abnormale Haarfollikel, Haarbelag oder Haarwuchs: Aufgrund von Missbildungen im Haarfolikel, Haarbelag oder in der Pigmentverteilung innerhalb des Haares kommt es zu geschwächtem oder ausbleibenden Haarwuchs. Solche Störungen entstehen auch bei primär entzündlichen Prozessen oder sekundär durch Entzündung z.B. bei hochgradiger Demodikose.
Ursachen
Für eine traumatische Alopezie ist eine diagnostische Aufarbeitung der Ursachen von Juckreiz (besonders Ektoparasiten und Allergien) einzuleiten. Als Ursachen für nicht traumatische Alopezie kommt eine Vielzahl von Krankheiten infrage (Tab. 7.1). Es ist hilfreich, eine primär entzündliche von einer nicht entzündlichen Alopezie zu unterscheiden, da Differenzialdiagnosen und Aufarbeitung unterschiedlich sind (Achtung: bei der Katze präsentiert sich eine traumatisch bedingte Alopezie, z.B. aufgrund von Allergie, oft als makroskopisch nicht entzündlich, histologisch sind allerdings entzündliche Prozesse bei Allergie nachweisbar).
Merke
Eine bakterielle Sekundärinfektion des Haarfollikels kommt beim Hund häufig vor und muss therapiert werden, bevor eine Beurteilung bezüglich Alopezie möglich ist.
Alopezie mit Juckreiz
Bei Tieren mit Alopezie und gleichzeitigem Juckreiz müssen zuerst die Ursachen für Juckreiz untersucht werden.
Als Krankheitsgruppen kommen dabei infrage:
- Ektoparasitenbefall: Besonders Demodex-Milben, als intrafollikuläre Parasiten, führen zu Haarausfall. Juckreiz kann hierbei fehlen.
- Mikrobielle Infektionen: Pyodermie, Malasseziendermatitis und Dermatophytose (letztere kann auch ohne Juckreiz auftreten)
- Allergien (Flohbiss, Futter, Umweltallergene)
Wenn Juckreiz erst beim älteren Tier beginnt, müssen zusätzlich epitheliotropes Lymphom und paraneoplastische Krankheiten in Betracht gezogen werden.
Alopezie ohne Juckreiz
Endokrinopathie
Erworbene, bilateral symmetrische, nicht entzündliche Alopezie ist beim Hund häufig – aber nicht immer endokrin bedingt (Katze). Beim erwachsenen Hund kommen differenzialdiagnostisch zunächst Hypothyreose, Hyperkortisolismus und ein Sexualhormonungleichgewicht infrage. Typisch betroffene Regionen sind der Hals-, Schulter- und Flankenbereich sowie die kaudalen Oberschenkel und die Schwanzdrüsengegend. Das verbleibende Fell ist oft stumpf und zuweilen heller als normal. Weitere kutane und systemische Veränderungen können einen Verdacht auf einzelne Endokrinopathien verstärken. Hinweisend auf Hypothyreose sind z.B. eine kühle Haut oder eine progressive Alopezie auf dem dorsalen Nasenrücken. Dünne, unelastische Haut am Bauch oder Komedonen und hervorstehende subkutane Blutgefäße können bei Hyperkortisolismus beobachtet werden. Sexualhormonungleichgewicht ist klinisch schlecht definiert. Neben Alopezie sind lediglich die Begleitveränderungen bei Hodentumoren (Sertolizelltumor, Seminom, Leydigzelltumor) und Ovarialzysten oder exogener Östrogenbehandlung beschrieben. Auf Hodentumore hinweisende Hautveränderungen können ein lineares Erythem auf dem Präputium und eine Vergrößerung der Mammakomplexe sein.
Eine endokrine Ätiologie wird vermutet bei zwei weiteren Differenzialdiagnosen beim Hund: Die zyklische (saisonale) Flankenalopezie ist eventuell lichtperiodenabhängig und zeichnet sich durch eine bilateral symmetrische Haarlosigkeit in der Flankengegend aus. Sie kann als einzelne Episode mit spontaner Heilung auftreten, progressiv die laterale Brustwand betreffen oder zyklisch, manchmal saisonal, wiederkehren. Sie kommt gehäuft, aber nicht ausschließlich, bei Boxer, Airedaleterrier und Dackel vor. Alopezie X tritt typischerweise bei Zwergspitz, Zwergpudel und nordischen Hunderassen, meist an Hals, Schultern, Hinterbeinen und Schwanz, auf. Anhand von Laborwerten wurde hierbei eine Störung des Glukokortikoid-Regelkreises gezeigt, die sich aber wahrscheinlich nicht in weiteren klinischen Veränderungen manifestiert.
Stoffwechselstörung
Nach belastenden Ereignissen, wie z.B. hochgradiger systemischer Krankheit, Fieber oder Trächtigkeit, kann es zu generalisiertem Haarausfall kommen. Bei diesem telogenen Effluvium verbleiben alle Haare synchron in der Ruhephase. Zum Haarausfall kommt es einige Wochen später, nachdem neue anagene Haare initiiert wurden. Ein ähnlicher generalisierter Haarausfall wird bei anagener Defluxion beobachtet, meist innerhalb von Tagen nach z.B. Chemotherapie oder Infektionskrankheiten. Hierbei werden anagene Haare abrupt im Wachstum unterbrochen und solchermaßen geschädigte Haare fallen aus. Bei der „Post-clipping“-Alopezie kann nach Scheren, z.B. von Operationsgebieten, ein Haarnachwuchs erst nach bis zu 12 Monaten wieder einsetzen. Alopezie aufgrund von Mangelernährung ist heutzutage selten, wurde aber gesehen bei Mangel an Vitamin A, Vitamin B6, Biotin und Zink.
Rassespezifische Alopezie
Viele Alopezien, bei denen eine genetische Veranlagung vermutet wird, haben eine wichtige Bedeutung als Differenzialdiagnosen, da sie ein „endokrines“ Verteilungsmuster aufweisen können, sind aber oft ohne negative Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit des Tieres. Solche follikulären Dysplasien sind u. a. beim Dobermann, Malamut, Sibirischen Husky und Curly Coated Retriever beschrieben. Zur follikulären Dysplasie gehört auch die Alopezie bei Devon-Rex-Katzen. Zur Schablonenalopezie zählen z.B. symmetrische Haarlosigkeit an den kaudalen Oberschenkeln beim Greyhound, hinter den Ohrmuscheln und am ventralen Hals und Bauch bei Dackeln und anderen Hunderassen und Alopezie am ventralen Hals, Oberschenkeln und Schwanz z.B. beim Portugiesischen Wasserhund. Bei Farbmutanten-Alopezie sind jeweils nur die Haare verdünnter Farben betroffen (z.B. blauer oder isabellfarbener Dobermann). Bei kongenitaler Haarlosigkeit handelt es sich entweder um einen ektodermalen Defekt oder um eine follikuläre Dysplasie.
Immunvermittelte Alopezie und Neoplasie
Primär sterile, entzündliche Prozesse, die speziell die Haarfollikeleinheit betreffen, können ebenfalls zu Haarausfall führen. Bei der Sebadenitis handelt es sich um eine immunvermittelte Zerstörung der Talgdrüsen. Typisch betroffene Hunderassen sind Vizsla, Akita, Samojede, Königspudel und Springer Spaniel. Beim kurzhaarigen Felltyp werden meist annuläre, haarlose Läsionen mit feinen Schuppen sichtbar, wohingegen bei langhaarigem Fell ein diffuser, generalisierter Haarausfall dominiert. Das klinische Bild der Sebadenitis ähnelt sehr dem der Pyodermie und kann nur histopathologisch (nach Behandlung einer sekundären Infektion) diagnostiziert werden. Alopecia areata ist charakterisiert durch einen Angriff von Entzündungszellen auf die Haarwurzel, der zu fokaler oder multifokaler, meist asymptomatischer Alopezie führt. Collies und Shelties mit familiärer Dermatomyositis zeigen eine symmetrische, vernarbende Alopezie an Gesicht und Beinen mit assoziierter Muskelatrophie. Ebenso kann Alopezie bei Leishmaniose vorkommen. Die bei der Katze vorkommende idiopathische lymphozytäre murale Follikulitis kann klinisch schwerwiegend sein und mit schlechter Prognose einhergehen.
Eine auffällige Alopezie kann beim epitheliotropen Lymphom eventuell vorkommen, allerdings ist sie selten die dominierende, klinische Veränderung.
Besonderheiten bei der Katze
Während die allgemeinen Hinweise zu Ursachen, Diagnostik und Therapie auch auf Katzen zutreffen, gibt es wichtige Unterschiede bei der bilateral symmetrischen Alopezie. Sie betrifft bei Katzen meist den ventralen und lateralen Bauch und die medialen Oberschenkel und wird heutzutage als Reaktionsmuster der Haut angesehen, mit einer Vielzahl möglicher Differenzialdiagnosen (meist Ektoparasitosen, Dermatophytose, Allergien). Juckreiz präsentiert sich oft nur als übermäßiges Lecken der betroffenen Region. Während ältere Lehrbücher von endokriner oder psychogener Alopezie der Katze sprechen, konnten diese Ätiologien selten bestätigt werden.
Merke
In den meisten Fällen ist die bilateral symmetrische Alopezie der Katze allergisch bedingt (Flohspeichel, Futtermittel, Pollen, Hausstaubmilben), auch wenn Zeichen von Juckreiz und Entzündung fehlen.
Weitere Ursachen sind hauptsächlich bei älteren Katzen zu bedenken: Bei Hyperkortisolismus stehen neben Alopezie systemische Veränderungen und eine dünne, leicht reißende, schlecht heilende Haut im Vordergrund. Eine Hyperthyreose kann durch exzessives Lecken ebenfalls zu symmetrischer, aber eher diffuser Alopezie führen. Die paraneoplastische Alopezie der Katze ist gekennzeichnet durch einen sich schnell ausbreitenden, symmetrischen Haarausfall an Kopf, Beinen und ventralem Abdomen und einen ätiologisch assoziierten, meist palpierbaren Pankreas- oder Lebertumor mit schlechter Prognose.
Diagnostisches Vorgehen
Eine systematische Abfolge von Untersuchungen, inklusive einer ausführlichen Anamnese, einer Allgemeinuntersuchung und einer dermatologischen Untersuchung, ist in jedem Fall nötig. Besonders eine infektiöse und parasitäre Follikulitis und Endokrinopathie sollten früh untersucht werden, da eine gezielte Therapie zur Heilung führt. Paraneoplastische und neoplastische Ursachen dürfen vorvallem beim älteren Tier nicht übersehen werden. Die Diagnose der meisten anderen Alopezien, wie z.B. der rassespezifischen dysplastischen/dystrophischen Prozesse, basiert meist auf einer extensiven Ausschlussdiagnose anderer Krankheiten.
Anamnese
Neben Rasse und Farbe des Tieres, die besonders bei erblichen Alopezien eine Rolle spielen, sind Alter, Geschlecht und Sexualverhalten festzustellen. Bei Beginn der Alopezie im jungen Alter (1–3 Jahre) sind Parasitenbefall, Infektionen und Allergien zuerst zu bedenken, wohingegen beim älteren Tier Endokrinopathien und Neoplasien zunehmend wichtig werden. Der Besitzer kann wertvolle Informationen über den Beginn und Verlauf der Alopezie beisteuern (angeboren, erworben in welchem Alter, betroffene Körperregionen, fortschreitend). Juckreiz spielt bei der Aufarbeitung von Alopezie insofern eine besondere Rolle, da sekundäre Pyodermien oder Malasseziadermatitis sehr häufig als komplizierende Faktoren zuerst behandelt werden müssen, bevor eine Diagnose der Primärerkrankung möglich wird. Weiterhin ist nach vorbestehenden Krankheiten, Medikamentengabe (Chemotherapie, Östrogentherapie) und deren Wirkung zu fragen. Langzeit-Glukokortikoidbehandlung, z.B. bei Allergie, kann zu iatrogenem Hyperkortisolismus mit bilateral symmetrischer Alopezie führen. Auch wenn für den Besitzer möglicherweise die Fellveränderungen im Vordergrund stehen, sollte nach Begleitphänomenen wie z.B. Lethargie, Polydipsie und Polyurie gefragt werden, die auf ursächliche systemische Krankheiten hinweisen können.
Klinische Untersuchung
Die allgemeine klinische Untersuchung liefert wichtige Informationen über eine Beteiligung anderer Organsysteme, was besonders bei der endokrin oder paraneoplastisch bedingten Alopezie hilfreich ist. Besondere Aufmerksamkeit ist hierbei auch auf eine Beurteilung der Hoden und Mammakomplexe (Sexualhormonungleichgewicht), der Herzfrequenz (Hypothyreose), der Größe des Abdomens und eventueller Muskelatrophie (Hyperkortisolismus), aber auch auf die Palpation der Lymphknoten zu richten, die u. a. bei Demodikose vergrößert sein können.
Dermatologische Untersuchung
Zusätzlich zur dermatologischen Untersuchung der haarlosen Stellen (Ausmaß, Verteilungsmuster) müssen immer die gesamte Haut und das verbleibende Fell beurteilt werden. Bei einer gründlichen Inspektion der Körperoberfläche sind Hautläsionen (Effloreszenzen) zu identifizieren, die wertvolle Hinweise auf Differenzialdiagnosen liefern, z.B. werden Erythem, Exkoriationen und Lichenifikation bei Entzündungsprozessen wie Allergien gesehen, wohingegen erythematöse Papeln und Krusten auf superfizielle Pyodermie hindeuten. Hyperpigmentierung kommt häufig bei chronisch-entzündlichen Prozessen vor, ist aber auch typisch für endokrine Alopezie. Komedonen werden bei Hyperkortisolismus beobachtet, kommen allerdings auch häufig bei Demodikose und Sebadenitis vor. Palpatorisch werden die Elastizität und Dicke der Haut überprüft, aber auch spezielle Veränderungen wie Calcinosis cutis (harte, sandige Stellen mit weiß-gelblichen Papeln) festgestellt. Weiterhin sind Fellveränderungen, wie z.B. Farbaufhellungen, fettiges oder stumpfes Fell, zu notieren.
Weiterführende Untersuchungen
Spezielle dermatologische Tests
Folgende mikroskopische Untersuchungen sollten bei jedem Tier mit Haarausfall routinemäßig durchgeführt werden:
- Hautgeschabsel (Ektoparasiten, besonders Demodex-Milben)
- Haarzupfpräparate (Trichogramm)
> abgebrochene Haarspitzen: Hinweis auf Juckreiz, z.B. exzessives Lecken bei Katzen mit symmetrischer Alopezie
> Wachstumsphase der Haare: anagene Haare im Präparat vorhanden (Wurzel rundlich und bei dunkelhaarigen Tieren pigmentiert); Haarzyklusstörung unwahrscheinlich
> Keratinmanschetten um Haarbalg: Verdacht auf Sebadenitis (aber auch Demodikose, Dermatophytose, Pyodermie, Hyperkortisolismus)
Merke
Hautgeschabsel und Trichogramm sind auch dann wichtig, wenn ein starker Verdacht auf endokrine Ursachen besteht, da eine erfolgreiche Therapie auf Identifikation und Behandlung aller Begleitprobleme beruht.
Weiterhin ist eine zytologische Untersuchung von Hautläsionen (Objektträger- oder Tesafilm-Präparat) notwendig zur Diagnose von Pyodermie und Malasseziendermatitis. Haar-und Schuppenproben sollten bei Verdacht auf Dermatophytose zur Pilzkultur oder PCR-Untersuchung eingeschickt werden. Eine Allergieaufarbeitung ist in den meisten Fällen, in denen Juckreiz persistiert, und immer bei Katzen mit symmetrischer Alopezie indiziert. Sie beinhaltet neben einem rigorosen Flohbekämpfungsprogramm eine Eliminationsdiät und Atopiediagnostik.
Laboruntersuchung & Bildgebung
Bei Verdacht auf endokrine Alopezie oder ursächliche systemische und neoplastische Krankheiten sollten zunächst eine Hämatologie, ein Chemieprofil (inklusive Leberenzyme, Kreatinin, Cholesterin, Glukose) und eine Urinanalyse (einschließlich bakteriologischer Untersuchung, Sediment und Kortikoid-Kreatinin-Quotient [UCCR]) durchgeführt werden. Die Ergebnisse erleichtern die Planung weiterer Untersuchungen und können helfen, einzelne Endokrinopathien auszuschließen oder Begleiterkrankungen zu diagnostizieren (z.B. Harnwegsinfekt bei Hyperkortisolismus).
Die momentan verlässlichste Methode zur Diagnose der Hypothyreose beim Hund beruht auf einer Kombination von Thyroxin- und TSH-Bestimmung. Ein möglicher Einfluss von Begleitkrankheiten oder Medikamenten muss bedacht werden und bei unklaren oder unerwarteten Ergebnissen sollte die Blutuntersuchung ca. 4 Wochen später wiederholt werden. Mit dynamischen Nebennierenfunktionstests (Low-Dose-Dexamethason-Suppressionstest, ACTH-Stimulationstest) und Ultraschalluntersuchung des Abdomens wird ein Hyperkortisolismus eruiert.
Merke
Schilddrüsen- und Nebennierenfunktionstests sollten auch bei solchen Hunden durchgeführt werden, bei denen eine symmetrische Alopezie ohne weitere anamnestische oder klinische Hinweise auf Endokrinopathie vorliegt (z.B. zyklische Flankenalopezie, Schablonenalopezie), um diese wichtigen und behandelbaren Differenzialdiagnosen auszuschließen.
Die Bestimmung von 17-Hydroxyprogesteron vor und nach Stimulation mit ACTH wird zur Labordiagnose von Alopezie X verwendet. Die Bestimmung anderer Sexualhormone wie Östrogen oder Testosteron ist nicht zu empfehlen. Ultraschall- oder Röntgenuntersuchungen können herangezogen werden, um Neoplasien innerer Organe zu identifizieren.
Histologie
Hautbiopsien bei Alopezie sind selten pathognomonisch. Sie helfen aber, Differenzialdiagnosen auszuschließen oder einen klinischen Verdacht zu verstärken (z.B. bei follikulären Dysplasien). Charakteristische histopathologische Veränderungen können bei Sebadenitis und Alopecia areata sowie bei neoplastischen Hautkrankheiten gefunden werden, wohingegen endokrine Alopezien ein überwiegend unspezifisches Muster atrophischer Hautveränderungen ergeben. Generell sollte eine Biopsie erst nach Abklärung von Sekundärinfektionen erfolgen und mehrere Probenentnahmen aus haarlosen Stellen, aber auch aus behaarten Grenzbereichen einschließen.
Therapie
Da eine symptomatische Stimulierung von Haarwachstum heutzutage noch nicht möglich ist, bleibt das Ziel einer Therapie, die ursächliche Krankheit zu behandeln. Wenn dies nicht möglich ist, müssen haarlose Stellen vor schädlichen Umwelteinflüssen geschützt werden.
Juckreiz (inklusive Behandlung und Prophylaxe von Ektoparasitenbefall) und sekundäre Infektionen sind im Rahmen der diagnostischen Aufarbeitung zu behandeln, in manchen Fällen dauerhaft oder bis ein nachgewachsenes Fell seine Schutzfunktion wieder übernimmt.
Bei superfizieller Pyodermie und Malasseziadermatitis, besonders wenn wiederholte oder langfristige Therapie notwendig ist, ist eine topische Behandlung mit antimikrobiellen Shampoos zu empfehlen, wohingegen systemische Antibiotika nach Antibiogramm gewählt werden müssen. Allergischer Juckreiz kann meist nur symptomatisch therapiert werden. Sofern eine Traumatisierung durch Kratzen oder Lecken verhindert wird, kann neues Haarwachstum innerhalb von Tagen bis wenigen Wochen erkennbar werden (besonders bei Katzen).
Sonnenschutz, Vermeidung von Sekundärinfektionen und Beobachtung sind oft die beste Lösung für Fälle, in denen die Haarlosigkeit hauptsächlich kosmetische Bedeutung hat (z.B. zyklische Flankenalopezie, Schablonenalopezie). Die Behandlung mit Melatonin , einem Hormon der Pinealdrüse, das Einfluss auf lichtperiodenabhängige Prozesse hat, wurde in einzelnen Fällen von zyklischer Flankenalopezie mit Haarwuchs assoziiert.
Spontaner Haarnachwuchs ist zu erwarten bei zyklischer Flankenalopezie, anagenem Defluvium, telogenem Effluvium und bei „Post-clipping“-Alopezie.
Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Löffler A. "Alopezie" Differenzialdiagnosen Innere Medizin bei Hund und Katze. Neiger R, Hrsg. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2019. doi:10.1055/b-006-163281
(IR)