Suchergebnisse zur Ihrer letzten Suchanfrage

Kardiologie KleintierLeitsymptom "Synkope" in der Kleintierkardiologie

Welche Symptome bei einer kardialen Synkope auftreten, wie das diagnostische Vorgehen ist und welche Differenzialdiagnosen zu beachten sind, lesen Sie hier.

Inhalt
Ein Hund liegt auf einem grauen Sofa. Die Rasse ist ein Beagle und er liegt seitlich. Das Sofa ist grau.
Nanthicha Khamphumee/stock.adobe.com

Treten beim Hund Synkopen auf, haben sie häufig eine kardiale Ursache. - Symbolbild

Die Synkope ist ein plötzlicher und transienter Verlust des Bewusstseins und der Körperspannung durch eine vorübergehende zerebrale Hypoperfusion. Manch schwere Synkopen sind als aborted sudden death (engl.: abgebrochener plötzlicher Tod) anzusehen und damit sehr gefährlich.

Synkopen und Synkopen-ähnliche Geschehen treten als Folge kardialer, pulmonaler, metabolischer oder neurologischer Ursachen auf. Bei Katzen kommen Synkopen nur ausgesprochen selten vor, beim Hund sind sie überwiegend kardialer Natur. Besonders häufig werden hier Synkopen durch Arrhythmien, Ausflusstraktobstruktionen im Ventrikel (AS, PS) und Tamponaden (Perikarderguss) ausgelöst. Synkopen treten sowohl bei Bradyarrhythmien (AV-Block, Sinusarrest, SSS) mit weniger als 40 Herzschlägen pro Minute auf wie auch bei Tachyarrhythmien (supraventrikuläre oder ventrikuläre Tachykardien, Vorhofflimmern) mit mehr als 300 Herzschlägen pro Minute.

In einer Tachykardie nimmt die diastolische Füllungszeit mit zunehmender Frequenz ab. Steigt die Herzfrequenz über einen kritischen Wert, wird durch die Verminderung der Kammerfüllung das Auswurfvolumen (Herzminutenvolumen) so weit gesenkt, dass eine Synkope die Folge ist. Bei Bradyarrhythmien sind Pausen von mehr als 6–8 sec auslösend für Synkopen; man nennt diese Pausensynkopen auch Morgagni-Adams-Stokes-Anfälle (MAS-Anfälle).

Klassisch ist das Auftreten unter Belastung, welche dann die zu niedrige Auswurfleistung deutlich macht (Perfusionsversagen).

Merke

U40-Regel: Synkopen oder synkopenähnliche Zustände treten bei Herzfrequenzen unter 40/min oder einem Glukosespiegel unter 40 mg/dl auf.

Diagnostisches Vorgehen

Meistens hat der untersuchende Tierarzt die Synkope nicht gesehen. Er ist also auf die Schilderung des Tierbesitzers angewiesen, und dieser verwendet gerne den Begriff „Anfall“ für das Geschehene. Gegebenenfalls kann der Tierarzt den Besitzer bitten, ein Video der Symptomatik aufzunehmen. Bei der anschließenden Anamnese ist insbesondere zu erfragen, ob bereits bekannte Vorerkrankungen vorliegen.

Erster Punkt auf dem anamnestischen Plan ist die Risikobewertung, die sich aus dem Signalement ergibt:

  • Wird von einer Synkope bei einem sonst klinisch gesund erscheinenden Dobermann berichtet, sollten immer Spezialuntersuchungen durchgeführt werden, da tödliche Herzrhythmusstörungen vorliegen können. Die bei dieser Rasse vorkommende Dobermannkardiomyopathie ist in der subklinischen Phase fast ausschließlich durch Anfertigen eines 24-h-Holter-EKG zu erkennen. Etwa 20–30 % der Patienten in dieser Phase versterben durch Extrasystolen am plötzlichen Herztod.
  • Synkopen beim Boxer haben wahrscheinlich eine plötzliche reflektorische Hypotonie durch eine AS als Ursache, oder es liegen ebenfalls schwere Rhythmusstörungen vor.
  • Der synkopale West Highland White Terrier hat vermutlich ein SSS.
  • Beim Deutsch Kurzhaar/Drahthaar/Langhaar verursacht meist ein AV-Block die Regungslosigkeit des Hundes.

Wichtig ist zudem die Frage, ob eine bekannte Rasseprädisposition für eine idiopathische Epilepsie vorliegt, dementsprechend sollten folgende Fragen anamnestisch abgearbeitet werden:

  • War der Hund ohnmächtig? War er noch ansprechbar?
  • Wie oft wurde der Hund ohnmächtig?
  • Wie lange könnte die Ohnmacht gedauert haben?
  • War die Erholungsphase kurz oder lang?
  • Gab es davor oder danach Verhaltensänderungen?
  • Hat der Hund Urin oder Kot verloren?
  • Ist das Tier alleine oder nur mit Hilfe wieder wach geworden?
  • Krampfte das Tier während der Ohnmacht?
  • Waren tonisch-klonische Krämpfe, Kieferschlagen und Speicheln zu beobachten?
  • Oder gab es nur Zuckungen der Muskulatur?
  • Waren abnormale Augenbewegung zu sehen?
  • Trat die Synkope aus Ruhe/Schlaf oder nach Anstrengung auf?

Nach Auswertung dieser Fragen sollte ein diagnostischer Plan erarbeitet werden:

  • Zur Abklärung einer kardiologischen Ursache ist bei Patienten, die synkopal waren und sonst keine Symptome hatten, eine klinische Allgemeinuntersuchung und eine intensive Auskultation und Pulsbewertung wichtig. Danach folgen Echokardiografie, EKG und ggf. ein Holter-EKG über längere Zeit.
  • Patienten, die sich im fortgeschrittenen klinischen Stadium einer Herzerkrankung befinden, sind, wenn sie eine Synkope zeigen, fast alle schon seit Jahren in Therapie. Durch Anstrengung oder in Stresssituationen kommt es zur Unterbrechung der Sauerstoffversorgung im Gehirn. Hier ist eine Echokardiografie mit mitlaufendem EKG sinnvoll, um über eine eventuell erforderliche Therapieanpassung zu entscheiden.

Klinik

Wichtige Befunde bei kardialer Synkope:

  • Bei der kardialen Synkope kommt es immer zu einer Bewusstlosigkeit, i.d.R. mit vollkommenem Verlust des Muskeltonus. Dieses (schlaffe) Zusammensacken ist Folge des Sauerstoffmangels und transient. Manche Tiere zeigen in der Synkope auch einen Opisthotonus.
  • Die Erholungsphase ist im Gegensatz zu Epilepsie wesentlich kürzer. Zudem sind generalisierte Krämpfe bei kardialer Synkope sehr selten zu erwarten.
  • Wenn ein synkopaler Patient in eine hypoxische Konvulsion fällt, droht er ohne therapeutisches Eingreifen (Reanimation, Defibrillation) zu sterben.

Differenzialdiagnosen

Bei Synkopen sind folgende Differenzialdiagnosen in Betracht zu ziehen:

  • vasovagale Synkope (neurokardiogen): ausgelöst durch einen Reflex, der zur Vasodilatation und Erniedrigung der Herzfrequenz und durch den Blutdruckabfall zur zerebralen Hypoperfusion führt

    • Hustensynkope: Diese treten sehr regelmäßig bei Hunden im fortgeschrittenen Stadium der AV-Klappeninsuffizienz auf. Wenn ein solcher Patient nach einer Synkope vorgestellt wird, kann man durch Provokation von Husten (Trachealkompression) während der Echokardiografie eine messbare Pause im Herzrhythmus erzeugen (Hinweis auf eine vasovagale Empfindlichkeit).

    • Defäkationssynkope

  • epileptische Anfälle
  • epileptiforme Anfälle
  • Hypoglykämie
  • Elektrolytimbalancen
  • Morbus Addison

Zum Weiterlesen

In dem Beitrag Leitsymptom "Hecheln" in der Kleintierkardiologie erfahen Sie mehr über das Symptom Hecheln und dessen Bedeutung in der Kardiologie.

Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Synkope. In: Killich M, Hrsg. Kleintierkardiologie. 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018.

(IR)

Dr. Markus Killich Diplomate ACVIM und Diplomate ECVIM-CA (Cardiology) ist leitender Oberarzt der Inneren Medizin bei der AniCura Tierklinik Haar.

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Buch "Kleintierkardiologie".