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Umgang mit bakteriellen InfektionenModernes Wundmanagement

Wunden kommen im tierärztlichen Praxisalltag häufig vor. Dieser Artikel soll einen Überblick über den richtigen Umgang mit offenen infizierten Wunden geben und zeigen, dass der Einsatz von Antibiotika nicht immer indiziert ist.

Portrait eines Rauhaardackel
mfotohaus/stock.adobe.com

Inhalt

Wundheilung
Wundklassifikation
Wundinfektion
Problemkeime in der Veterinärmedizin
Systemische antimikrobielle Therapie und „antibiotic stewardship“
Offenes Wundmanagement
Fazit

Die richtige Vorgehensweise bei der Wundversorgung ist hinsichtlich der unterschiedlichen Erscheinungsmuster nicht immer einfach. Häufig sind Wundinfektionen die Ursache für nicht heilende Wunden. Ein gezieltes und phasengerechtes Wundmanagement, vor allem beim Nachweis von multiresistenten Keimen, ist hier besonders wichtig.
Viele Patienten erhalten wochenlang eine falsche Antibiose, ohne dass sich klinisch eine Besserung zeigt. Tierärzte müssen sich bemühen den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren und auf Antibiotikaalternativen zurückzugreifen.

Wundheilung

Die Wundheilung ist ein dynamischer Prozess, der durch verschiedene Faktoren verzögert werden kann. Der Prozess der Wundheilung wird in 3 Phasen unterteilt (Tab. 1), die zeitlich ineinander übergehen. Für einen durchdachten Ansatz der Wundversorgung ist es wichtig, die Prozesse der Wundheilung zu verstehen.

 

Pathophysiologie der Wundheilung (Tab. 1)

Phase

Dauer

pathophysiologische Vorgänge

inflammatorische Phase

1. – 3. Tag

• Blutung → Reinigung → Vasokonstriktion

• Vasodilatation → Extravasation von neutrophilen Granulozyten + Makrophagen → Phagozytose + Zytokinausschüttung/Chemotaxis

• Blutgerinnselbildung

proliferative Phase

5. – 20. Tag

• Angiogenese + Fibroblasten- und Kollagenansiedlung im Wundbett → Granulationsgewebe

• Re-Epithelisierung und Wundkontraktion

Remodeling-Phase

20. – 365. Tag

• Reorganisation der Kollagenfasern → Narbengewebe

Die inflammatorische Phase stellt eine äußerst wichtige Phase der Wundheilung dar. Sie bildet die Grundlage für die weitere Wundheilung und ist sehr anfällig für Infektionen. Ob es zu einer Wundinfektion kommt, hängt davon ab, welche therapeutischen Maßnahmen in dieser Phase durchgeführt werden. Ziel sollte es sein, die Wunde so schnell wie möglich von der inflammatorischen in die proliferative Phase zu überführen, da Granulationsgewebe eine deutlich höhere Resistenz gegenüber Infektionen aufweist.

 

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Ob eine Wunde primär verschlossen werden kann oder sekundär heilen muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Lage und Grad der Kontamination

  • Zeitraum von der Verletzung bis zur Behandlung

  • prädisponierende Faktoren des Patienten: höheres Alter, Ernährungszustand, Allgemeinerkrankungen (maligne Tumore, Infektionskrankheiten, Allergien, Anämie, Eiweißmangel, Diabetes mellitus), herabgesetzte Immunitätslage (FeLV, FIV), Vitaminmangel, Medikamentengabe (Kortison, Zytostatika, Antibiotika)

Eine primäre Wundheilung ist nur in gut durchbluteten, nicht verunreinigten bzw. infizierten Wunden möglich, wo die Wundränder glatt, spannungsfrei und nicht zu weit auseinanderliegen. Dies ist zum Beispiel bei einem chirurgischen Schnitt der Fall.
Die sekundäre Wundheilung ist bei anhaltend infizierten, schlecht durchbluteten Wunden mit großflächigem Gewebeverlust und Persistenz von nekrotischem Gewebe zu beobachten. Zu diesen gehören beispielsweise Verbrennungen und Bissverletzungen, deren Reparationsvorgänge deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen [1], [2], [3].
 

Wundklassifikation 

Wunden lassen sich anhand des Kontaminationsgrads in 4 Grade einteilen (Tab. 2)  [3], [4].

 

Kontaminationsgrade einer Wunde (Tab. 2) 

Kontaminationsgrad

Ätiologie

Infektionsrate

I: saubere Wunden

• nicht traumatische, aseptische Operationswunden

• kein Bruch der Sterilität

• können primär verschlossen werden

2 – 4,9%

II: sauber-kontaminierte Wunden

• nicht traumatische Operationswunden

• minimaler Bruch der Sterilität

• können in saubere Wunden überführt und primär verschlossen werden

3,5 – 4,5%

III: kontaminierte Wunden

• traumatische Wunden

• wesentlicher Bruch der Sterilität

• primärer Verschluss ohne vorheriges Wundmanagement nicht indiziert

4,6 – 9,1%

IV: infizierte Wunden

• traumatische Wunden

• Perforation des Gastrointestinaltrakts oder deutliche Anzeichen einer bakteriellen Infektion

• kein primärer Verschluss

6,7 – 17,8%

Wundinfektion

Als Wundinfektion wird jede Anwesenheit von replizierenden Organismen in einer Wunde verstanden, wenngleich zwischen Kontamination, Kolonisation und Infektion unterschieden werden muss. Als Kontamination wird die bloße Anwesenheit von Mikroorganismen an der Wundoberfläche bezeichnet. Kontamination kann zur Kolonisation, also zur Replikation der Keime an der Wundoberfläche führen. Kolonisation führt wiederum zur Infektion, d. h. zur Invasion und Replikation der Keime in der Tiefe der Wunde, wodurch die charakteristischen Anzeichen einer lokalen Entzündung sichtbar werden.

Ein Bakterienwachstum von > 100 000 Organismen/g Gewebe ist notwendig, um eine Wundinfektion zu verursachen. Im Fall einer Infektion verzögert sich der Prozess der Wundheilung signifikant. Infizierte Wunden weisen eine verminderte Fibroblastenaktivität auf und Bakterien produzieren Kollagenasen, wodurch die Progression zum proliferativen Stadium verhindert wird.

Fremdkörper und nekrotisches Gewebe in Wunden sowie die Entwicklung eines Seroms oder Hämatoms verringern die Anzahl der für eine Infektion benötigten Bakterien. Das Risiko einer Wundinfektion ist im gleichen Maße von der Bakterienart und deren vorhandenen Virulenzfaktoren abhängig [3], [5], [7], [8].

 

Problemkeime in der Veterinärmedizin

Ein Problemkeim ist ein Bakterium, das infolge einer Resistenzentwicklung nicht mehr mit Standardantibiotika behandelt werden kann. Dazu gehören v. a. die multiresistenten Keime, die eine Resistenz auf mindestens ein Antibiotikum in 3 oder mehr Antibiotikaklassen aufweisen.

Die meisten Bakterien, die im Zusammenhang mit Wundinfektionen nachgewiesen werden, sind endogenen Ursprungs und treten häufig opportunistisch auf. Andere Keime werden durch Schmier- oder Kontaktinfektionen, Aerosole oder Vektoren (Flöhe, Zecken) übertragen.

Hygienemaßnahmen (Handschuhe tragen, sauberer Behandlungstisch etc.) spielen bei der Vermeidung von Infektionen eine wichtige Rolle.

 

Die bei Weichteilverletzungen am häufigsten nachgewiesenen Bakterienspezies sind:

  • Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSP, MRSI, MRSA)

  • Pseudomonas aeruginosa

  • Pasteurella multocida

  • Acinetobacter baumannii

 

Aus Wunden mit Beteiligung des Gastrointestinaltrakts können häufig ESBL (extended spectrum beta-lactamase)-bildende Escherichia coli isoliert werden.

Die Ausbildung von Multiresistenzen gehört zu den speziellen Eigenschaften der oben genannten Erregergruppen und ist häufig der Grund für einen mangelnden Therapieerfolg. Bei jeder Wunde sollte eine Tupferprobe aus der Tiefe genommen und zur bakteriologischen Untersuchung und Generierung eines Resistogramms eingeschickt werden. Diese Probenentnahme sollte gegebenenfalls wiederholt werden, beispielsweise wenn kein Erreger nachgewiesen wurde oder bei nicht heilenden Wunden.

Multiresistente Keime

Die antibiotikaresistente Variante eines Erregers ist weder aggressiver noch virulenter als die antibiotikaempfindliche Variante desselben Erregers. Die Sterblichkeit bei Infektionen mit multiresistenten Keimen ist nur erhöht, weil die anfänglich kalkulierte Therapie nicht wirksam ist und die gezielte wirksame Antibiotikatherapie erst verspätet begonnen werden kann.


Der Abstrich sollte möglichst aus der Tiefe des entzündlichen Prozesses entnommen werden. Oberflächliche Sekrete werden zuvor mit einem sterilen Tupfer abgewischt. Bei einem Verdacht auf anaerobe Keime stehen spezielle Transportmedien zur Verfügung (z. B. mit Kohlepartikeln), in die der Abstrich nach der Probenahme überführt wird. Das Transportgefäß muss anschließend gut verschlossen werden [3], [5], [7], [8].

Die Anfertigung eines Resistenztests ist bei allen Wundheilungsstörungen mit Verdacht auf Anwesenheit von multiresistenten Keimen obligatorisch.

 

Systemische antimikrobielle Therapie und „antibiotic stewardship“

Die meisten akuten Wunden benötigen keine systemische antimikrobielle Therapie. Ein lokales Wundmanagement reicht häufig aus, um eine Wundinfektion zu verhindern. Selbst bei Bissverletzungen ist das Débridement zur Verringerung der Infektionsrate wirksamer als die Verabreichung von antimikrobiellen Mitteln.

Eine systemische antimikrobielle Therapie sollte nur dann erfolgen, wenn eine massive Infektion oder Anzeichen einer Septikämie vorliegen.

Antimikrobielle Stewardship-Programme (ASP) sind eine Reaktion auf die weltweite Resistenzproblematik. Sie regeln den umsichtigen und vernünftigen Gebrauch von antimikrobiellen Mitteln, um die klinische Wirksamkeit von Antibiotika zu erhalten. Sie besagen, dass vor dem Einsatz eines Antibiotikums die Notwendigkeit genauestens abgewogen und mögliche Alternativen in Betracht gezogen werden müssen.

Eine antimikrobielle Therapie sollte, wenn möglich, nur nach vorherigem Resistenztest erfolgen, da es ansonsten infolge des indizierten Selektionsprozesses zu einer Dominanz der resistenten Keime kommt. Die genaue Dosierung sowie der vorgegebene Zeitraum der Verabreichung sind strikt einzuhalten und die Compliance der Besitzer ist regelmäßig zu kontrollieren [5], [9].
 

Offenes Wundmanagement

Beim Management von offenen Wunden ist darauf zu achten, dass stets ein feuchtes Wundmilieu vorherrscht, um die Bildung von Granulationsgewebe und die Re-Epithelisierung der Wunde zu fördern. Studien belegen, dass hydrophile Wundauflagen den besten Einfluss auf die Wundheilung haben, da sie die in [Tab. 1] beschriebenen Stoffwechselprozesse unterstützen [4], [5], [6].

 

Lavage

Die Wundspülung ist ein wichtiger Aspekt der Wundbehandlung. Sie hilft, die bakterielle Kontamination zu verringern und entfernt Fremdkörper sowie anderes loses Material aus der Wunde. Die Spülung sollte mit körperwarmer Ringer-Lösung oder Polyhexaniden  durchgeführt werden. Eine In-vivo-Studie konnte zeigen, dass Leitungswasser und sterile Kochsalzlösung zytotoxisch für Fibroblasten sind [11]. Antiseptika sollten vermieden werden, da sie ebenfalls zytotoxisch für das Wundbett sind und den Heilungsprozess behindern [12]. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass die Verwendung eines Antiseptikums zur Vorbeugung einer Wundinfektion keinen signifikanten Vorteil gegenüber der Verwendung von Ringer-Lösung/Polyhexaniden aufweist [11], [12], [13].

 

Débridement

Unter Débridement versteht man die Sanierung des Wundbetts durch Entfernung von Fremdmaterial und kontaminiertem oder nekrotischem Gewebe aus der Wunde. Nekrotisches Gewebe stellt die ideale Umgebung für ein Bakterienwachstum dar und verhindert das Eindringen von antimikrobiellen Wirkstoffen in das Gewebe.
Das Débridement ist ein essenzieller Schritt der Wundversorgung zur Reduktion der Keimlast und Förderung der Wundheilung und muss gegebenenfalls mehrmals wiederholt werden. Die besten Ergebnisse liefert zumeist das chirurgische Débridement, da nekrotisches Material schnell und vollständig entfernt werden kann.

Folgend sollen die gängigen nicht chirurgischen Débridement-Techniken während der inflammatorischen Phase der Wundheilung vorgestellt werden.

 

Mechanisches Débridement (wet to dry)

Nass-zu-Trocken-Wundauflagen wurden lange zur Standardbehandlung von offenen Wunden eingesetzt. Da es zu einer Adhäsion mit der Wundoberfläche kommt, sind sie mittlerweile als obsolet anzusehen. In Kochsalzlösung getränkte sterile Gaze werden direkt auf die Wundoberfläche aufgetragen und mit sekundären absorbierenden Schichten verbunden.
Totes Gewebe und Fremdkörper werden hydratisiert, in die Gaze eingezogen und beim Verbandwechsel entfernt. Bei jedem Verbandwechsel werden neue Epithelzellen entfernt und es bleiben Faserreste zurück. Außerdem ist der Vorgang äußerst unangenehm und schmerzhaft für den Patienten.

 

Enzymatisches Débridement

Beim enzymatischen Débridement werden Agenzien wie Trypsin, Kollagenasen oder Urea verwendet, die in der Lage sind, das nekrotische Gewebe aufzulösen. Sie brauchen jedoch mehrere Tage um zu wirken, sind teuer, führen zur Austrocknung und sind nicht selektiv, weshalb sie sogar schädlich für das körpereigene Gewebe sein können.

 

Autolytisches Débridement

Medizinischer Honig

Durch seine hyperosmotische Natur wird den Bakterien Wasser entzogen, was einen negativen Einfluss auf deren Wachstum und Stoffwechsel hat. Gleichzeitig wird die Wundoberfläche feucht gehalten, wodurch die Wundheilung gefördert wird. Medizinischer Honig produziert in geringen Maßen Wasserstoffperoxidasen, wodurch Sauerstoffradikale entstehen, die schädlich für die Mikroorganismen sind. Da sich gleichzeitig Antioxidanzien im Honig befinden, kommt es zu keiner Schädigung des körpereigenen Gewebes.

Außerdem enthält Honig Phenole und organische Säuren, die den pH-Wert in der Wunde herabsetzen und die Bakterien in ihrer Vermehrung hemmen. Zusätzlich reduziert es die übelriechende bakterielle Fäulnis von devitalisiertem Gewebe. Medizinischer Honig wirkt bakteriostatisch auf alle bekannten Bakterienarten und wird v. a. in der inflammatorischen Phase der Wundheilung eingesetzt. Um eine Kontamination mit Clostridien- und Bacillussporen zu vermeiden, muss stets steriler medizinischer Honig verwendet werden.

 

Polyurethanschaum, Hydrogel, Hydrokolloid und Alginate

Die Hauptfunktion all dieser Wundauflagen besteht darin, die Wundoberfläche feucht zu halten und das autolytische Débridement zu erleichtern, um somit die Granulationsgewebebildung und Re-Epithelisierung zu fördern. Sie werden deshalb hauptsächlich in der proliferativen Phase der Wundheilung eingesetzt. Die Wundauflagen sind außerdem sehr saugfähig, wodurch Ödeme im Bereich der Wunde reduziert werden. Zur Fixation der Wundauflage ist ein sekundärer Verband notwendig, der je nach Produktivität der Wunde alle 2 – 4 Tage gewechselt werden muss.

Die Hauptfunktion des Polyurethanschaums besteht in der Absorption von überschüssigem Wundexsudat, weshalb diese Wundauflagen v. a. bei mittel- bis hochgradig produktiven Wunden angewendet werden. Der Einsatz bei infizierten Wunden ist kontraindiziert.

Als Hydrogele werden gelartige Wundauflagen bezeichnet, die einen hohen Wassergehalt aufweisen und v. a. bei trockenen bis geringgradig exsudativen Wunden zum Einsatz kommen.

Hydrokolloide umfassen eine große Gruppe von Polysacchariden und Proteinen, die in Wasser als Kolloide in Lösung gehen und bei Kontakt mit Exsudat ein (an Eiter erinnerndes) Gel bilden. Überschüssiges Wundexsudat sowie Zelltrümmer und Keime werden aufgenommen und beim Verbandswechsel entfernt.

Alginate sind saure Polysaccharide, die in den Zellwänden von Braunalgen gebildet werden und einen guten wundreinigenden Effekt besitzen. Sie können ca. das 20-Fache ihres Eigengewichts an Wundexsudat aufnehmen, weshalb sie sich hervorragend für mittel- bis hochgradig exsudative und infizierte Wunden eignen [13], [14], [15], [16], [17], [18], [19].
 

Vacuum-Assisted Closure (VAC)

Bei der Vakuumtherapie handelt es sich um ein nicht invasives aktives Wunddrainagesystem, welches einer Wunde lokal subatmosphären Druck aussetzt. Dadurch wird übermäßige Flüssigkeit entzogen, die Durchblutung verbessert und die Sauerstoffspannung im Gewebe erhöht.

In der Veterinärmedizin wird bei Wunden häufig ein kontinuierlicher Unterdruck von − 125 mmHg verwendet [23]. Das System besteht aus einer offenporigen Schaumstoffplatte aus Polyurethan und einer Vakuumpumpe (Abb. 4), die mittels einer Kunststofffolie eine luftdichte Abdichtung über den gesamten Wundbereich bildet. Die Schaumplatte dient einerseits als Plattform für die gleichmäßige Verteilung der Vakuumkraft auf die Wundoberfläche. Andererseits zieht es die überschüssige Flüssigkeit (Wundexsudat) in ihre Matrix, die über die Vakuumpumpe abgesaugt wird. Die Vakuumtherapie kann bei jeder offenen infizierten Wunde angewendet werden.

Die Vakuumtherapie eignet sich für großflächige, kontaminierte Wunden (inkl. multiresistenter Keime) an schwer zugänglichen Körperregionen, an denen herkömmliche Verbände zur Fixation der Wundauflage nur schwer zu applizieren sind (z. B. Kopf, Rumpf, Inguinalgegend).

Der Polyurethanschaum muss alle 2 – 3 Tage unter Sedation steril ersetzt werden. Zur Überwachung des Systems und Kontrolle des permanenten Vakuums und aufgrund der begrenzt mobilen Vakuumpumpen sollten die Patienten stationär aufgenommen werden [17], [20], [21], [22], [23].

 

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Kaltplasmatherapie

Plasma bezeichnet per physikalischer Definition den 4. Aggregatzustand der Materie und entsteht, wenn einem Gas zusätzliche Energie zugeführt wird. Es kann als ein angeregtes (ionisiertes) Gas verstanden werden, das aus

  • freien Ladungsträgern (Ionen, Elektronen),

  • elektromagnetischer Strahlung (UV-/Infrarot-/Wärmestrahlung),

  • elektromagnetischen Feldern und

  • reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies (z. B. Ozon, Stickstoffdioxid) besteht.

In Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Kombination der oben genannten Komponenten eine gleichermaßen antibakterielle, antivirale, antimykotische und antiparasitäre Wirkung besitzt. Die keimtötenden Effekte beruhen im Wesentlichen auf der Oxidation von Zellwänden bzw. Membranbestandteilen sowie der DNS von Mikroorganismen. Multiresistente Keime werden gleichermaßen effektiv abgetötet und Resistenzbildungen gegen die Wirkung von Plasma konnten bislang nicht beobachtet werden.

In-vitro-Studien konnten zusätzlich die wundheilungsfördernde Wirkung von medizinisch eingesetztem Kaltplasma aufzeigen, wonach die Geweberegeneration durch erhöhte Zellmigration und -proliferation von Fibroblasten verbessert, die Angiogenese gefördert und gleichzeitig das Immunsystem stimuliert wird (Abb. 5).

Die Kaltplasmatherapie wird in der Veterinärmedizin vorrangig zur Behandlung von chronisch-therapieresistenten Wunden genutzt. Diese weisen häufig eine fehlgeleitete Redoxbalance in den Zellen auf, was eine überschießende Entzündung begünstigt. Mithilfe der Kaltplasmatherapie werden die generierten redoxaktiven Spezies gezielt lokal in das Gewebe appliziert, wodurch die zelluläre Redoxbalance moduliert wird. Die Plasmawirkung beruht somit auf der Unterstützung körpereigener Funktionen, die im Fall von chronischen Wunden nicht ausreichend wirksam werden.

Die Temperatur des medizinisch eingesetzten Plasmas liegt bei körpernahen 40 °C, wodurch Behandlungen von Patienten sehr gut toleriert werden. Durch den leichten Vorwärtsstrom des austretenden Plasmastrahls kann Kaltplasma auch in Wundhöhlen, beispielsweise bei Otitiden, sehr gut eingesetzt werden [24], [25], [26], [27].
 

Mikrosilber

Schon seit der Antike ist die bakterizide Wirkung von Silber bekannt und wird v. a. bei Brandwunden eingesetzt. Viele silberhaltige Auflagen geben elementares Silber an die Wunde ab oder setzen bei Kontakt mit Exsudat Silberionen frei. Diese dringen über die Zellwand in die Mikroorganismen ein und stören deren Zellfunktion durch Blockierung von Transportenzymen oder Beeinträchtigung der Zellteilung durch Behinderung der DNA-Replikation. Vorteil bei der Anwendung von Mikrosilber ist die langanhaltende Wirkung über mehrere Tage und dass bisher kaum Resistenzentwicklungen oder Nebenwirkungen beim Patienten beobachtet werden konnten [14].
 

Fazit

Das primäre Ziel des Wundmanagements besteht darin, Infektionen vorzubeugen und eine schnellstmögliche Heilung zu bewirken. Massive Entzündungen, Infektionen oder Nekrosen verzögern die Wundheilung und sollten daher angemessen behandelt werden. Wie im Artikel beschrieben, existieren verschiedene Optionen zur Behandlung von offenen infizierten Wunden.

Mehrere Faktoren wie die Zeitverzögerung zwischen Verletzung und Behandlung, der Grad der Kontamination und die Ausdehnung und Tiefe der Wunde beeinflussen die Behandlung und Prognose und betonen die Bedeutung eines patientenspezifischen Ansatzes. Obwohl alle traumatischen Wunden kontaminiert sind, ist eine Antibiotikatherapie nur selten erforderlich, wenn ein korrektes Wundmanagement durchgeführt wird.

1 Cornell K. Wound Healing. In: Spencer J, Tobias KM. eds. Veterinary Surgery: Small Animal Expert Consult (Vol 1). 2nd ed. St. Louis, Missouri: Saunders Elsevier; 2017
2 Pavletic MM. Basic Principles of Wound Healing. In: Pavletic MM. ed. Atlas of Small Animal Wound Management and Reconstructive Surgery. 3rd ed. Hoboken: Wiley-Blackwell; 2010
3 Vogt S. Wundinfektionen bei Hund und Katze [Dissertation]. Gießen: VVB Laufersweiler; 2013
4 Pavletic MM. Basic Principles of Wound Management. In: Pavletic MM. ed. Atlas of Small Animal Wound Management and Reconstructive Surgery. 3rd ed. Hoboken: Wiley-Blackwell; 2010
5 Brown CD. Wound Infections and Antimicrobial Use. In: Spencer J, Tobias KM. eds. Veterinary Surgery: Small Animal Expert Consult (Vol 1). 2nd ed. St. Louis, Missouri: Saunders Elsevier; 2017
6 Campbel BGl. Bandages and Drains. In: Spencer J, Tobias KM. eds. Veterinary Surgery: Small Animal Expert Consult (Vol 1). 2nd ed. St. Louis, Missouri: Saunders Elsevier; 2017
7 Stull JW, Weese JS. Hospital-associated infections in small animal practice. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2015; 45 (02) 217-233
8 Meyers B, Schoemann JP, Goddard A. et al. The bacteriology and antimicrobial susceptibility of infected and non-infected dog bite wounds: Fifty cases. Vet Microbiol 2008; 127: 360-368
9 Guardabassi L, Prescott JF. Antimicrobial stewardship in small animal veterinary practice: from theory to practice. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2015; 45 (02) 361-376
10 Devriendt N, de Rooster H. Initial management of traumatic wounds. Vet Clin North Am Small Anim Pract 2017; 47 (06) 1123-1134
11 Buffa EA, Lubbe AM, Verstraete FJ. et al. The effects of wound lavage solutions on canine fibroblasts: an in vitro study. Vet Surg 1997; 26 (06) 460-466
12 Hirsch T, Jacobsen F, Rittig A. et al. A comparative in vitro study of cell toxicity of clinically used antiseptics. Hautarzt 2009; 60 (12) 984-991
13 Stanley BJ. Open Wounds. In: Spencer J, Tobias KM. eds. Veterinary Surgery: Small Animal Expert Consult. (Vol 2). 2nd ed. St. Louis, Missouri: Saunders Elsevier; 2017
14 Pavletic MM. Wound Care Products and Their Use. In: Pavletic MM. Atlas of Small Animal Wound Management and Reconstructive Surgery. 3rd ed. Hoboken: Wiley-Blackwell; 2010
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24 von Woedtke T, Schmidt A, Bekeschus S, Wende K. Wissenschaftliche Grundlagen, Stand und Perspektiven der Plasmamedizin. In: Metelmann HR, von Woedtke T, Weltmann KD. Plasmamedizin: Kaltplasma in der medizinischen Anwendung. Berlin: Springer; 2016
25 Heimke A. Niedertemperaturplasma: Eigenschaften, Wirkungen und Gerätetechnik. In: Metelmann HR, von Woedtke T, Weltmann KD. Plasmamedizin: Kaltplasma in der medizinischen Anwendung. Berlin: Springer; 2016
26 Daeschlein G. Antimikrobielle Wirksamkeit von Plasma. In: Metelmann HR, von Woedtke T, Weltmann KD. Plasmamedizin: Kaltplasma in der medizinischen Anwendung. Berlin: Springer; 2016
27 Tiede R, Emmer S. Plasmabehandlung von Wunden. In: Metelmann HR, von Woedtke T, Weltmann KD. Plasmamedizin: Kaltplasma in der medizinischen Anwendung. Berlin: Springer; 2016

Oliver Ließ ist Tierarzt mit Zusatzbezeichnung Dermatologie. Nach seinem Internship arbeitete er zunächst als Assistenzarzt in der Tierklinik Ahlen und gehört jetzt zum Team der Tierarztpraxis St. Franziskus.

Ludo Stegen ist Tierarzt und Diplomate des European College of Veterinary Surgeons. Er ist in der Geschäftsführung der Tierärztlichen Klinik Ahlen und dort Chefarzt der Fachgebiete Chirurgie und Orthopädie.

Der OriginalartikelModernes Wundmanagement – Umdenken beim Umgang mit bakteriellen Infektionenerschien in der Kleintier konkret.