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HundPhysiotherapeutische Maßnahmen beim zervikalen Rückenmarksinfarkt

Hunde mit einem zervikalen Rückenmarksinfarkt zeigen oft ausgeprägte neurologische Ausfälle. Frühzeitige physiotherapeutische Maßnahmen erhöhen die Chancen, dass die Patienten ihr Gehvermögen zurückerlangen.

Inhalt
Ein Labrador liegt auf einem Sofa.
Art_man/stock.adobe.com

Bei einem Rückenmarksinfarkt sollte mit der Physiotherapie möglichst schnell begonnen werden.

Einleitung

Beim Rückenmarksinfarkt gelangt auf noch ungeklärte Weise fibrokartilaginöses Material in den Blutkreislauf des Rückenmarks und erzeugt einen Gefäßverschluss. Dieser hat eine Ischämie und Blutungen im Rückenmark zur Folge. Je nach Lokalisation und Ausdehnung des Infarkts kommt es zu einer perakut auftretenden, meist asymmetrischen leicht- bis hochgradigen Gangstörung ([Tab. 1]).

Tab. 1 Neuroanatomische Lokalisation des Infarkts und entsprechende neurologische Ausfälle.

Lokalisation

neurologische Befunde

C1 – C5

- Tetraparese und Koordinationsstörungen aller 4 Gliedmaßen

- Propriozeption an allen 4 Gliedmaßen abnormal

- spastische Lähmung an allen 4 Gliedmaßen

- normale bis gesteigerte Reflexe

- normaler bis gesteigerter Muskeltonus

C6 – Th2

- Tetraparese und Koordinationsstörungen aller Gliedmaßen

- Propriozeption an allen 4 Gliedmaßen abnormal

- schlaffe Lähmung vorne und spastische Lähmung hinten

- verminderte Reflexe und reduzierter Muskeltonus vorne

- normale bis gesteigerte Reflexe hinten

- normaler bis gesteigerter Muskeltonus hinten

- vorne schnell Muskelatrophie

Rehabilitation

Die Physiotherapie sollte sofort begonnen werden. Während der Rehabilitation steht initial die Prophylaxe von Sekundärschäden wie Zystitis ([Abb. 1]), Dekubitus ([Abb. 2]), Pneumonie, hochgradige Muskelatrophie und Kontrakturen im Vordergrund sowie natürlich das Wiedererlernen des Laufens.

Stationäre Behandlung

Meist dauert es zwischen 2 – 7 Tagen, bis die Hunde wieder gehfähig sind und nach Hause können. Solange der Patient nicht steh- und gehfähig ist und die Blase noch manuell ausgedrückt werden muss, empfiehlt sich eine stationäre Behandlung mit mehrmals täglicher Massage und passiver Bewegungstherapie sowie tägliche aktive Therapie inklusive Hydrotherapie.

Massage

Die Massage löst Verspannungen und fördert die Durchblutung und Mobilität. Sie ist sehr wichtig bei immobilen Patienten. Es wird mit Streichungen begonnen und dann geknetet. Idealerweise wird mindestens 1-mal täglich eine Ganzkörpermassage (ca. 20 – 30 Minuten) durchgeführt und 2 weitere Male am Tag werden die Problemzonen (ca. 10 – 15 Minuten) bearbeitet. Die Gliedmaßen werden je nach Muskeltonus tonisierend (bei schlaffer Lähmung) oder detonisierend (bei spastischer Lähmung) massiert ([Abb. 3], [Tab. 1]).

Passive Bewegungstherapie

Die passive Bewegungstherapie kann in die Massageeinheiten integriert werden und sollte ebenfalls 3-mal am Tag durchgeführt werden. Sie erhält und fördert die Beweglichkeit und beinhaltet:

  • passive Bewegung der Gelenke in alle physiologischen Richtungen (10- bis 30-mal, je nach Problematik, [Abb. 4])
  • Dehnen (2- bis 3-mal, [Abb. 4])
  • reflexinduziertes Training (3- bis 5-mal Auslösen pro Trainingseinheit, [Abb. 5])

Aktive Bewegungstherapie

Mindestens 5-mal täglich ist eine aktive Bewegungstherapie in Form von Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstraining mit oder ohne Unterstützung sowie Gleichgewichtsübungen ([Abb. 6]) zu empfehlen. Ebenso ist eine tägliche Hydrotherapie (1- bis 2-mal täglich Unterwasserlaufband ([Abb. 7]) oder Schwimmen) anzuraten. Zusätzlich kann z. B. eine Magnetfeldtherapie zur Anwendung kommen (1- bis 3-mal täglich, die Herstellerangaben befolgen).

Ambulante Behandlung und Therapie zu Hause

Sobald die Hunde mit leichter Unterstützung steh- und gehfähig sind und selbstständig die Blase entleeren, können die Besitzer nach Instruktion zu Hause mit der Therapie weitermachen und zur regelmäßigen ambulanten Behandlung gehen.

Das Programm der Besitzer beinhaltet:

  • tägliche Massage und passive Bewegung

aktive Bewegung, vor allem:

  • Gangschulung: wichtig ist sehr langsames Laufen, damit das Tier Zeit hat, die Beine richtig zu benutzen und abzustellen
  • Gleichgewichtsübungen auf unterschiedlichem Untergrund
  • mit dem Tierarzt und Therapeuten zusammengestelltes progressiv gesteigertes Kraft- und Ausdauertraining an Land, z. B. immer längere und schnellere Trabeinheiten/joggen

Zu Beginn sollten die Besitzer idealerweise mindestens 1-mal die Woche zur Kontrolle und zur Therapie, insbesondere zur Hydrotherapie, kommen. Häufigere Kontrollen sind empfehlenswert, falls die Übungen zu Hause ein Problem sind. Je nach Fortschritt wird der Therapieplan angepasst und die Therapieabstände können meist nach 1 – 2 Monaten vergrößert werden.

Merke

Das Rehabilitationsprogramm (Methoden und Intensität) ist regelmäßig den sehr unterschiedlichen Fortschritten der Patienten anzupassen.

Prognose

Die Prognose hängt von der Lokalisation und vor allem vom Ausmaß des Rückenmarkschadens ab. Ist der Infarkt im Bereich C1–5 lokalisiert, ist die Prognose besser als bei einer Lokalisation zwischen C6 – Th2. Viele Hunde haben initial hochgradige Ausfälle, die sich schnell stark verbessern. Hochgradige neurologische Ausfälle, die sich in den ersten Tagen nicht verbessern, haben eine sehr vorsichtige Prognose.

Fazit

Trotz der initial zum Teil dramatischen neurologischen Ausfälle stehen die Chancen mittels adäquater Physiotherapie, die Gehfähigkeit wiederzuerlangen, meist relativ gut. Dies gilt insbesondere bei sich in den ersten Tagen schnell verbessernden Symptomen und ist auf jeden Fall einen Versuch wert.

Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Challande-Kathmann I. "Zervikaler Rückenmarksinfarkt beim Hund – Welche physiotherapeutischen Maßnahmen sind empfehlenswert?kleintier konkret 2018; 21(02): 14-18 DOI: 10.1055/s-0043-122314

Fachzeitschrift für manuelle und physikalische Therapien

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(IR)

Dr. med. vet. Iris Challande-Kathmann, Dipl. ECVN studierte Veterinärmedizin an der Universität Bern. Sie ist Dipl. ECVSMR, Facharzt für Physiotherapie, Spezialistin für Neurologie, Physiotherapie und Tierosteopathie, Dipl. IMAOV und Tierakupunktur. 

Seit 2009 leitet sie die INDIKA-animalreha, ein Kompetenzzentrum für Physiotherapie und Rehabilitation bei Hunden und Katzen.

Der Originalbeitrag "Zervikaler Rückenmarksinfarkt beim Hund – Welche physiotherapeutischen Maßnahmen sind empfehlenswert?" erschien in der Kleintier Konkret.