
Die kanine Otitis externa zählt zu den häufigsten Vorstellungsgründen in der tierärztlichen Praxis, mit einer Prävalenz von etwa 5 – 20% [1], [2], [3]. Primärursachen, sekundäre Faktoren, prädisponierende Faktoren sowie perpetuierende Faktoren müssen erkannt und behandelt werden, um den Therapieerfolg sicherzustellen [1], [4], [5].
Faktoren der Otitis externa
Als Primärursachen für eine Otitis externa sind beispielsweise Allergien, Endokrinopathien, Ektoparasiten oder Fremdkörper zu nennen [6], [7]. Prädisponierende Faktoren wie Gehörgangstenosen, Gehörgangobstruktionen, exzessive Feuchtigkeit, systemische Erkrankungen, Haare oder Cerumen im Gehörgang begünstigen eine Otitis externa. Unter perpetuierenden Faktoren werden vor allem die Otitis media sowie chronisch pathologische Veränderungen des Gehörgangs verstanden, welche eine einmal bestehende Otitis externa aufrecht halten [1], [6]. In fast 85% aller Fälle von chronischer Otitis externa liegt gleichzeitig eine Otitis media vor; ebenso in 16% aller akuten Fälle, sodass die Trommelfellbeurteilung von immenser Bedeutung für die weitere Therapie ist [2], [8]. Veränderungen des Mikromilieus können eine Otitis externa mit steigender Hefen- und/oder Bakterienbesiedelung auslösen sowie aufrecht halten und werden als sekundäre Faktoren bezeichnet.
Diagnostik
Die Aufarbeitung einer Otitis externa bedarf der Beachtung aller Faktoren. Neben der allgemeinen klinischen und speziellen dermatologischen Untersuchung sind die Otoskopie/Videootoskopie mit Beurteilung des Trommelfells und die zytologische Untersuchung eines Ohrabstriches essenziell [2], [6], [8]. Bei Bedarf kann die Diagnostik durch bildgebende Verfahren wie Röntgen und CT erweitert werden [9]. Vor Applikation von Lokaltherapeutika muss die Trommelfellintegrität festgestellt werden, im Zweifel in Narkose per Sondierung, Myringotomie oder Tympanometrie [10]. Zytologisch gelten im HPF (High Power Field) mehr als fünf Kokken, ein Stäbchen, drei Hefen sowie Entzündungszellen als pathologisch [11].

Abbildung 1: Otitis externa ceruminosa mit Hefenüberbesiedelung bei einem Allergiker. Management initial mit Antimykotikum und in der Folge mit ceruminolytischem Reiniger plus lokaler Kortikoidanwendung.
Die bei einer Otitis externa anzutreffenden Hefen gehören zumeist der Gattung Malassezia (M.) an, in der Regel M. pachydermatis. Hierbei handelt es sich um einen Kommensalen des Analbereiches, der Pfoten, der Lefzen sowie des äußeren Gehörganges (Abbildung1). Staphylokokken (St.), meist St. pseudintermedius, und β-hämolysierende Streptokokken sind Kommensalen auf der Haut gesunder Hunde, können aber auch an einer Otitis externa beteiligt sein. Zu den häufig bei Otitis externa beteiligten Bakterien gehört der Feuchtekeim Pseudomonas aeruginosa, ein gefürchtetes, weil aggressives gramnegatives Stäbchen, mit in der Regel schlechter Resistenzlage [12], [13].
Therapieziele
Mit steigender Resistenzproblematik und um den Einsatz von Antibiotika gemäß der Antibiotikaleitlinien [14] zu reduzieren, ist die Therapie ohne Antibiotika wie auch die Rezidivprophylaxe im Sinne einer Reduktion prädisponierender und sekundärer Faktoren von besonderer Bedeutung. Die Therapieoptionen umfassen ein intensives Lokalmanagement , bei Bedarf auch mit Ohrspülungen (Bullaspülungen bei Otitis media), im Einzelfall chirurgische Interventionen und die Beachtung aller Faktoren, um einen optimalen Therapieerfolg zu erreichen. Neben der kausalen Therapie sollte eine regelmäßige Pflege der Ohren erfolgen. Da nach einer Otitis externa die epitheliale Migration des Ohres oft nachhaltig, teils sogar dauerhaft, beeinträchtigt sein kann, ist ein besonderes Augenmerk auf die Rezidivprophylaxe zu legen [5]. Der Therapieerfolg wird bei jeder Kontrolle otoskopisch und zytologisch verifiziert und das Therapiekonzept entsprechend modifiziert [6].
Schlüsselpunkte zur Diagnostik
- Klinische Untersuchung plus umfassende dermatologische Untersuchung
- Otoskopie/Videootoskopie, evtl. Röntgen und CT
- Feststellung der Trommelfellintegrität, evtl. unter Anästhesie
- Zytologische Mikroskopie des Ohrabstrichs
Medikamentelle Therapie
Zum Einsatz am Ohr stehen verschiedene Otologika zur Verfügung, doch ein Antibiotikaeinsatz sollte gezielt nur bei zytologisch nachgewiesener bakterieller Beteiligung und nach Möglichkeit auf der Grundlage einer bakteriologischen Untersuchung mit Resistenztest erfolgen [11], [14]. Bei der Lokaltherapie sollte in jedem Fall auch die potenzielle Ototoxizität berücksichtigt werden, mindestens bis die Trommelfellintegrität verifiziert ist. Die Antibiotikaleitlinien sowie die Verordnung über tierärztliche Hausapotheken sind zu beachten [14].

Abbildung 2: Otitis externa purulenta mit Kokken- und Hefeninfektion bei einem Allergiker. Therapie: Ohrspülung zur Trommelfellbeurteilung; bei intaktem Trommelfell: trivalentes Otologikum.
Otologika enthalten in der Regel topisch anzuwendende, antibakterielle und antimykotische Wirkstoffe in Verbindung mit steroidalen Antiphlogistika. Bei einer reinen Otitis externa mit bakterieller Infektion und intaktem Trommelfell werden diese lokal eingesetzt (Abbildung 2) [5]. Eine Alternative zu den gängigen trivalenten Otologika stellt Sulfadiazin-Silber gerade bei Otitiden mit Pseudomonas spp. dar. In einer In-vitro-Untersuchung konnte festgestellt werden, dass 1%iges Sulfadiazin-Silber die MIC (minimum inhibitory concentration) bei Pseudomonas aeruginosa übersteigt. Sulfadiazin-Silber kann auch bei unklarer Trommelfellsituation zur Anwendung kommen [15]. Die Autoren setzen dies regelmäßig mit sehr gutem Erfolg und sehr guter Verträglichkeit bei therapieresistenten Otitiden ein.
Antimykotika
Eine Otitis externa mit mykotischer Komplikation, bei der die Zytologie nur Hefen zeigt, ist recht häufig und hier sind Antibiotika eher kontraproduktiv. Es kann unter Verzicht auf eine Antibiotikakomponente gemäß der Antibiotikaleitlinien off label Enilconazol in gebrauchsfertiger Lösung in den Gehörgang eingebracht werden, insbesondere, wenn Steroide auch lokal vermieden werden müssen. Eine Anwendung in Gelform, bei Bedarf mit steroidalen Antiphlogistika und/oder Antibiotika bei entsprechender Indikation wird routinemäßig von den Autoren eingesetzt [14], [16].
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Steroide
Eine Otitis externa ohne mikrobielle Komplikation erfordert weder Antimykotika noch Antibiotika, sondern neben der Ursachendiagnostik lediglich ein lokales Steroid. Ein zugelassenes Präparat ist derzeit nicht erhältlich, lediglich die Kombination des Steroids Triamcinolon mit Salicylsäure. Allerdings führt nach Erfahrung der Autoren gerade bei schweren, eventuell exsudativen Otitiden, bei denen der Einsatz eines solchen Steroides indiziert wäre, der Leidensdruck bei Applikation zu Gegenwehr und damit verminderter Compliance auch seitens des Besitzers. Die Umwidmung eines triamcinolonhaltigen Humanpräparates ohne Salicylsäure unter Beachtung apothekenrechtlicher Bedingungen bringt den gewünschten Therapieerfolg. Die Autoren behelfen sich bei milderer Problematik via Umwidmung mit Mometason über eine Woche mehrfach täglich.
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Abbildung 3: Chronische Otitis externa ohne mikrobielle Komplikation bei einem Allergiker. Initial: Gehörgang weiten mit Tacrolimius, danach Reinigung des Gehörgangs.
Ist eine Endokrinopathie (z. B. Hyperadrenokortizismus, Diabetes mellitus) die Primärursache der Otitis externa, muss auch auf lokale, steroidale Antiphlogistika verzichtet werden. Hier bietet sich die Umwidmung von Tacrolimus an (Abbildung 3). Die Autoren setzen dieses Präparat auch bei Ceruminaldrüsenhyperplasie ein.
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Steroide plus Reiniger
Auch die Kombination von Reinigern und einem lokalen steroidalen Antiphlogistikum ist möglich, gerade zu Beginn einer Otitis externa, um die Entzündungsmechanismen zu bekämpfen, oder in der Heilphase nach erfolgreicher Therapie einer bakteriell komplizierten Otitis externa. Die Autoren setzen hier regelmäßig Dexamethason (Abbildung 4) (Injektionslösung) zur lokalen Applikation ein.
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Abbildung 4: Otitis externa erythematosa ohne mikrobielle Komplikation bei einem Allergiker. Management mit kolloidalem Silber; nur im akuten Schub Dexamethason lokal.
Phytotherapie
Zur Therapie einer Otitis externa mit mikrobieller Komplikation stehen Alternativen zu Antibiotika und Antimykotika in der Diskussion und hier steht vorwiegend die Phytotherapie im Fokus: In einer Übersichtsarbeit wurden nach Auswertung von 138 Artikeln die vorwiegend positiven Effekte von Ringelblume, Johanniskraut, Kamille und Salbei als dermatologische Therapeutika dargestellt [20]. Hinokitiol (β-Thujaplicin), ein Extrakt der Cupressaceae (Zypressen), gilt als sicherer Wirkstoff mit in vitro anti-inflammatorischen und antimikrobiellen Effekten ohne Resistenzproblematik und könnte in Kombination mit Antimykotika zur Therapie der Otitis externa eingesetzt werden [21]. Auch Thymian, Oregano, Thymol und sein Isomer Carvacrol (phenolische Bestandteile) zeigen in vitro bakterizide und fungizide Aktivität gegen Hefen (M. pachydermatis) und auch Problemkeime wie MRSP (methicillinresistenter Staphylococcus pseudintermedius) oder Pseudomonas aeruginosa. In-vivo-Untersuchungen stehen allerdings noch nicht zur Verfügung [22].
Ätherische Öle
Eine weitere In-vitro-Studie ergab für ätherisches Zimtöl und vor allem Zimtaldehyd antimikrobielle Aktivität gegen grampositive und gramnegative Keime. Ein Synergismus mit EDTA wurde gegen Pseudomonas aeruginosa festgestellt [23]. In einer In-vivo-Studie an insgesamt 11 Hunden (6 Hunde Testgruppe, 5 Hunde Kontrollgruppe) wurde der positive Effekt im Sinne einer Reduktion klinischer Zeichen und bakteriellen Zellgehaltes nach Applikation eines Mandel-Bergamotte-Lavendel-Teebaum-Kamillen-Öls 2× täglich über 14 Tage berichtet [24]. Teebaumöl war bei lokaler Applikation in einer In-vivo-Studie an 53 Hunden effektiv mit signifikanter Reduktion von Pruritus und weiterer dermatologischer Symptomatik [25]. Da es sich in der Regel um ätherisches Öl handelt und keine Angaben zur potenziellen Ototoxizität vorliegen, sollte aus Sicht der Autoren unbedingt die Integrität des Trommelfells verifiziert werden vor versuchsweiser Anwendung. Pythium oligandrum ist ein mikrobieller Wirkstoff, welcher zur Hautpflege bei mykotischer Komplikation gewählt wird. Bei nachgewiesener Trommelfellintegrität setzen die Autoren dieses Mittel auch im äußeren Gehörgang ein.

Abbildung 5: Mazeration des äußeren Gehörgangs mit milder Kokkenüberbesiedelung. Therapie: kolloidales Silber lokal.
Weitere Therapeutika
Auch kolloidales Silb er (25 ppm) sowie Manukahonig und Propolis (Abbildung 5 und 6) sind erfolgreiche Alternativen bei milder Problematik. Eigene Erfahrungen mit kolloidalem Silber zeigen eine sehr gute Effektivität im Management milder Otitiden wie auch Pyodermien.
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Medizinischer Honig erwies sich als klinisch und zytologisch erfolgreich in der alternativen Therapie der Otitis externa [26]. Ein Synergsimus mit Tris-EDTA wurde in vitro für ätherisches Manukaöl auch gegen gramnegative Otitis-externa-Isolate festgestellt [27]. An 48 Hunden wurde die Wirksamkeit einer Formulierung mit argentinischem Propolis klinisch und zytologisch bestätigt [28]. In einer weiteren Studie an 13 Hunden konnte der klinische und antimikrobielle Effekt von Manukahonig bestätigt werden [29]. Manukahonig wird von den Autoren regelmäßig bei dermatologischer Problematik inklusive Otitis externa entweder als Monotherapie oder flankierend zum konservativen Therapieansatz verwendet.

Abbildung 6: Otitis im Zusammenhang mit Leishmaniose. Management der Otitis externa mit Manuka, flankierend zur systemischen Therapie.
Gehörgangpflege
Zur Gehörgangpflege stehen diverse Ohrreiniger und Ohrpflegeprodukte zur Verfügung. Die Palette ist sehr breit gefächert, sodass hier keine vollständige Auflistung erfolgen kann (Tabelle 1). Der Einsatz von Reinigern wird individuell mit dem Ziel des Verzichtes auf Antibiotika und Antimykotika gewählt.
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Nutrazeutische Diät
Der positive Effekt einer nutrazeutischen Diät auf der Basis von hydrolysiertem Fisch bzw. vegetarischen Zutaten, angereichert mit australischem Teebaum, Linde, Knoblauch, Hundsrose und Zink in medizinischer Formulierung konnte als Ergänzung zur Otitis-externa-Standardtherapie im Sinne einer deutlichen Symptomreduktion nachgewiesen werden [30].
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Physikalische Therapie
Für die physikalische Therapie der Otitis externa können Laser und Kaltplasma zum Einsatz kommen. Der Diodenlaser wird schon seit längerem erfolgreich unter anderem in der Therapie der Pyodermie eingesetzt. In einem Fallbericht wurde im Rahmen einer photodynamischen Therapie (660 nm) in Kombination mit einem per os verabreichten Probiotikum bei einer durch Carbapenem-resistenten Pseudomonas aeruginosa komplizierten Otitis externa und gleichzeitiger enteraler Besiedelung erfolgreich eine Dekolonisation erreicht [33]. In einer Studie von Tambella et al. konnte über eine photodynamische Therapie mittels LED-illuminierten Gels, 2× wöchentlich angewendet, ein positiver klinischer Effekt im Sinne einer signifikanten Reduktion von Schmerz, Juckreiz und bakteriellem Gehalt erreicht werden [34]. Die Autoren setzen einen Diodenlaser ergänzend nach Ohrspülungen als Laserdusche im Gehörgang ein. Auch chirurgisch kann ein Laser bei Ceruminaldrüsenhyperplasie oder Tumorchirurgie eingesetzt werden.
Ein sehr innovatives Feld in der Therapie der Otitis externa ist die Kaltplasmaanwendung. Hier wird über antimikrobielle und proinflammatorische Mechanismen eine schnellere Heilung erwartet. Gesicherte Studienergebnisse zur Therapie der Otitis externa mittels Kaltplasma stehen derzeit noch nicht zur Verfügung; die Ergebnisse der hausinternen Doppelblindstudie stehen noch aus.
Fazit
Die Therapie der Otitis externa basiert neben der Beachtung aller Faktoren vor allem auf einer adäquaten und zielgerichteten Lokaltherapie. In Zeiten steigender bakterieller Resistenzentwicklung ist der Verzicht auf Antibiotika – wann immer möglich – sinnvoll. Es gibt verschiedene gute Alternativen, welche individuell gewählt und fallweise miteinander kombiniert, einen hervorragenden Erfolg bringen.
Literatur:
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