Hämodynamische, respiratorische und sedative Effekte von Acepromazin
Das Phenothiazin Acepromazin ist ein in der Veterinärmedizin häufig genutzter Wirkstoff, um eine milde bis moderate Sedation beim Hund zu erzeugen. Brodbelt (2006) konnte zeigen, dass eine präanästhetische Sedation mit Acepromazin beim Hund das Narkoserisiko senken. Durch den Einsatz von Acepromazin kann darüber hinaus auch die Dosis anderer Anästhetika gesenkt werden, wie Heard et al. (1986) am Beispiel von Inhalationsanästhetika zeigen konnten.
Der sedative Effekt wird durch eine Blockierung der Dopamin2-Rezeptoren im Gehirn hervorgerufen. Ein zweiter Angriffsort des Acepromazins sind die α1-Rezeptoren in der Peripherie. Durch diese Rezeptoraffinitäten ist Acepromazin ein Wirkstoff mit zwei Gesichtern: Gewünscht sind die sedativen, antiarrhythmischen und anästhetikasparenden Effekte, unerwünscht ist dagegen der Blutdruckabfall um bis zu 20%. Verschiedene Studien haben die mögliche Ursache für den Blutdruckabfall bereits untersucht, sind aber zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen: Wirkt Acepromazin an den peripheren Gefäßen vasodilatatorisch, wie häufig postuliert, oder mindert es die Herzauswurfleistung direkt am Myokard?
Die vorliegende Studie der Universität Vila Velha in Brasilien hatte sich zum Ziel gesetzt, dieser Fragestellung durch Messung diverser hämodynamischer Parameter auf den Grund zu gehen. Außerdem wurden die respiratorischen und sedativen Effekte von Acepromazin am wachen Hund verfolgt.
In dieser prospektiven, experimentellen Studie wurden zunächst 6 adulte Mischlingshunde in Narkose mit einem arteriellen Katheter und einem Pulmonalarterienkatheter zur Thermodilution ausgestattet. Nach einer Erholungsphase von 60 min erfolgte die Bestimmung der Basiswerte. Über den Pulmonalarterienkatheter wurden diverse hämodynamische Parameter und Indizes ermittelt, über den arteriellen Katheter der Blutdruck, der Hämoglobinwert und die Blutgase. Im Anschluss wurden die Atemfrequenz und die innere Körpertemperatur der Hunde bestimmt. Die Sedation wurde mithilfe zweier Sedationsscores eingeschätzt (visuelle Analogskala, numerische deskriptive Skala).
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Die hämodynamischen Messungen zeigen, ähnlich den vorherigen Studien, eine deutliche Abnahme des Blutdrucks um bis zu 22%. Überraschend war dabei, dass der Abfall nicht wie bislang vermutet durch eine Vasodilatation in den peripheren Gefäßen ausgelöst wird (systemischer Widerstandsindex [SVRI] änderte sich nicht), sondern durch eine Abnahme des Schlagvolumens des Herzens. Mögliche Ursache ist eine Blockierung der α1-Rezeptoren am Myokard, dies führt zu einer verminderten Kontraktilität des Herzmuskels. Dies spiegelt sich in den veränderten Indizes wie dem Stroke Index und dem Cardiac Index in dieser Studie wider. Bei den hier eingesetzten gesunden Hunden kam es aber nie zu einem Abfall in hypotensive Bereiche (mittlerer arterieller Blutdruck, MAP < 60 mmHg).
Der Hämoglobinwert und damit auch der arterielle Sauerstoffgehalt nahmen nach Acepromazin-Applikation signifikant ab (Hb-Abfall um 14 – 22%), wie auch bereits in anderen Studien beschrieben. Die Ursache liegt in der Kapselrelaxation der Milz durch Blockierung der α1-Rezeptoren und damit einhergehend einer Sequestration von Erythrozyten. In der vorliegenden Studie kam es aufgrund dieser Sequestration und der verringerten Herzauswurfleistung (nicht signifikante Abnahme des Cardiac Index um 19%) zu einer Abnahme des peripheren Sauerstoffangebots (signifikante Abnahme des Oxygen Delivery Index um bis zu 38%). Somit hat der durch Acepromazin hervorgerufene Blutdruckabfall auch einen nachweislich negativen Effekt auf die Sauerstoffversorgung in der Peripherie.Betrachtet man die Atmung, so hat Acepromazin zwar einen negativen Effekt auf die Atemfrequenz, jedoch verändern sich die Werte der Blutgasanalyse nicht. In anderen Studien konnte ein reflektorischer Anstieg der Atemtiefe nachgewiesen werden, der die Ergebnisse dieser Studie erklären würde. Frühere Studien nahmen eine Abnahme der inneren Körpertemperatur durch eine veränderte Thermoregulation und periphere Vasodilatation an. Diese Wirkung konnte in der vorliegenden Studie am wachen, sedierten Hund nicht nachgewiesen werden, die Körpertemperatur blieb während des gesamten Untersuchungszeitraums ohne wärmeerhaltende Maßnahmen konstant. Zumal auch eine Vasodilatation durch Acepromazin widerlegt wurde.
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Für die Praxis
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Des Weiteren sollte Acepromazin bei kreislaufinsuffizienten Patienten, z. B. im Schockzustand oder nach großen Blutverlusten, nicht oder nur mit großer Vorsicht eingesetzt werden. Acepromazin führt dosisunabhängig zu einem deutlichen Blutdruckabfall, indem es die Herzauswurfleistung senkt. Dieser Mechanismus kann bei bereits bestehendem, niedrigen Blutdruck zu einem Abfall in einen für den Patienten kritischen Bereich führen. Da es keinen Antagonisten zu Acepromazin gibt, kann dieser Effekt nur bedingt wieder aufgehoben werden.
Zusätzlich muss man gerade bei kritischen Patienten bedenken, dass bei einem Einsatz von Adrenalin in einer Notfallsituation die sogenannte Adrenalinumkehr einsetzt. Dabei überwiegt die dilatatorische β-Wirkung aufgrund einer α1-Blockade durch Acepromazin. Das führt dazu, dass der Blutdruck weiter abfällt, statt wie gewohnt durch Adrenalingabe gesteigert zu werden. Der Einsatz bei bereits hypotensiven Patienten sollte deshalb kritisch und differenziert diskutiert werden.
Originalstudie:
Ergänzende Literatur:
Brodbelt DC. The confidential enquiry into perioperative small animal fatalities. PhD Thesis, Royal Veterinary College, University of London 2006
Heard DJ, Webb AI, Daniels RT. Effect of acepromazine on the anesthetic requirement of halothane in the dog. Am J Vet Res 1986; 47(10): 2113 – 2115