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Spezial: GastroenterologieBraunes Gold – Kottransplantation als Therapieoption beim Hund

Die Kottransplantation ist bei gastrointestinalen Erkrankungen eine vielversprechende Therapieoption. Doch welche Einsatzgebiete hat die Kottransplantation beim Hund und wie genau wird sie durchgeführt?

Inhalt
Labrador
DoraZett/stock.adobe.com

Bei chronischen Enteropathien kann eine Kottransplantation den Einsatz antibakterieller Arzneimittel überflüssig machen.

Das intestinale Mikrobiom ist ein komplexes Immun- und Stoffwechselorgan, das den Wirt vor Pathogenen schützt und Nährstoffe bereitstellt. Die Kottransplantation hat das Ziel, das gesunde Mikrobiom auf einen kranken Empfänger zu übertragen. Klinische Erfahrungen beschränken sich bisher auf den Einsatz bei gastrointestinalen Erkrankungen, wobei klare Leitlinien zur Spenderselektion und Applikation fehlen.

Definition und Historie

Einige der im Zusammenhang mit der intestinalen Diversität stehenden Begriffe mit zugehöriger Definition sind im Kasten „Begriffsdefinitionen“ zu finden. Auch wenn die Begriffe „Mikrobiota“ und „Mikrobiom“ per definitionem nicht das Gleiche beschreiben, werden sie im klinischen Alltag häufig als Synonyme verwendet.

Begriffsdefinitionen

  • Intestinale Mikrobiota: Gesamtheit der im Darm vorkommenden Mikroorganismen
  • Intestinales Mikrobiom: Gesamtheit des Genoms der intestinalen Mikroorganismen
  • Intestinales Metabolom: Gesamtheit der von den Magen-Darm-Organismen produzierten Stoffwechselprodukte

Die Kottransplantation beschreibt die Übertragung von Kot eines gesunden Spenders in den Gastrointestinaltrakt eines erkrankten Empfängers [1], [2]. Ziel dabei ist es, das intestinale Mikrobiom des Empfängers zu modulieren. Für die Übertragung stehen verschiedene Optionen zur Verfügung [1]:

  • rektal über einen Einlauf
  • Endoskopie-gestützt im Rahmen einer Gastroduodenoskopie oder Koloskopie
  • über eine nasogastrische/nasointestinale Sonde
  • oral durch die Eingabe verkapselter Transplantate

Die Kottransplantation ist keine neue medizinische Technik, sondern wurde bereits im 4. Jahrhundert in China zur Therapie von Lebensmittelvergiftungen beim Menschen eingesetzt [1], [2]. Auch in der Veterinärmedizin ist die Übertragung des gastrointestinalen Mikrobioms keine neue Entdeckung. Der therapeutische Nutzen von Pansensaft-Transplantationen beim Rind ist bereits seit dem 17. Jahrhundert bekannt [1], [2]. Darüber hinaus stellt die Koprophagie bei Nagetieren und Hasenartigen eine natürliche Verhaltensweise dar und erlaubt ihnen, die von der Dickdarmflora produzierten Nährstoffe aufzunehmen.

Aufgaben der Darmmikrobiota

Hunde beherbergen wie auch Menschen Billionen von Mikroorganismen in ihrem Magen-Darm-Trakt, darunter Bakterien, Viren, Pilze und Protozoen. Diese tragen wesentlich zur Gesundheit des Wirtes bei und sind u. a. wichtig für:

  • Entwicklung und Unterstützung des Immunsystems
  • Aufrechterhaltung der Darmbarriere und Abwehr von pathogenen Keimen
  • Produktion von Metaboliten mit nutritiver Funktion oder Signalfunktion [2]

Die Bakterien machen den Hauptteil der Mikroorganismen im Gastrointestinaltrakt aus und nehmen vom Magen bis zum Dickdarm in ihrer Zahl zu. Der Dünndarm beherbergt sowohl Aerobier als auch fakultative Anaerobier, während die Mikrobiota im Kolon hauptsächlich aus Anaerobiern besteht [3]. Jedes Tier zeigt ein individuelles mikrobielles Profil, das durch eine unterschiedliche Zusammensetzung von Bakterienarten und -stämmen gekennzeichnet ist [3]. Dennoch besitzen Individuen einen konservierten Pool mikrobieller Gene, was zu einer vergleichbaren mikrobiellen Funktion bei allen Tieren führt [3].

Die Gesamtheit der Stoffwechselprodukte, die von den Darmbakterien produziert werden, wird als Metabolom bezeichnet. Ein Beispiel für einen wichtigen mikrobiellen Stoffwechselweg ist die Metabolisierung der Gallensäuren. Die primären Gallensäuren werden in der Leber aus Cholesterin synthetisiert und bei Aufnahme von Futter mit der Galle in den Dünndarm abgegeben. Sie sind u. a. bei der Fettverdauung sowie als Signalmolekül von Bedeutung und werden zum Großteil im terminalen Ileum rückresorbiert. Nur ein kleiner Teil der primären Gallensäuren umgeht den enterohepatischen Kreislauf und gelangt in den Dickdarm. Hier werden diese v. a. durch Clostridium hiranonis in sekundäre Gallensäuren umgewandelt [3]. Es konnte gezeigt werden, dass sekundäre Gallensäuren sowohl antiinflammatorische Effekte haben als auch das Wachstum anderer Bakterien wie Clostridium perfringens, Clostridium difficile und Escherichia coli hemmen [3]. Bei einer reduzierten Anzahl an Clostridium hiranonis im Kolon werden vermehrt primäre Gallensäuren mit dem Kot ausgeschieden. Diese können gastrointestinale Symptome wie Diarrhoe begünstigen und werden in der Humanmedizin mit kanzerogenen Eigenschaften in Verbindung gebracht [3].

Welche Faktoren haben einen Einfluss auf die Mikrobiota?

Beeinflusst wird die Mikrobiota v. a. durch die Fütterung, gastrointestinale Erkrankungen und den Einsatz von Medikamenten [4]. Eine Studie, die die Langzeitfolgen eines 7-tägigen Tylosin-Einsatzes auf das intestinale Mikrobiom untersuchte, konnte zeigen, dass sich erst nach 63 Tagen die Bakteriendiversität nicht mehr signifikant von der vor der Tylosin-Gabe unterschied [5]. Allerdings konnten nach 2 Monaten noch vermehrt primäre Gallensäuren in den Fäzes der Hunde nachgewiesen werden, was darauf hindeutet, dass die Folgen der Antibiotikagabe noch länger präsent sind [5]. Andere Faktoren, die die Darmmikrobiota verändern können, sind Übergewicht, eine Gravidität oder extragastrointestinale Erkrankungen wie beispielsweise Diabetes mellitus [4].

Benefits der Kottransplantation

Die positiven Einflüsse der Kottransplantation auf die Darmmikrobiota und den Wirt sind ein Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren. Im Allgemeinen werden kommensale Bakterien als die wichtigsten wirksamen Bestandteile der fäkalen Transplantation angesehen. Doch auch die Transplantation von sterilem Kot, das heißt ohne lebende Mikroorganismen, konnte beim Menschen mit einer Clostridium-difficile-Infektion zu einer Genesung führen [6]. Dies unterstützt die Ansicht, dass auch andere Bestandteile wie bakterielle Stoffwechselprodukte, Immunglobulin A und sogar vom Spender ausgeschiedene Zellen eine wichtige Rolle spielen [7].

Die Wiederherstellung der Biodiversität der Mikrobiota, insbesondere der Bakterien, stellt ein wesentliches Ziel der Kottransplantation dar. Dabei kommt es zu einer Verschiebung des mikrobiellen Profils des Empfängers hin zur Zusammensetzung der Spendermikrobiota [2]. Dieser Effekt hielt bei gesunden Menschen mit einmaliger oraler Kottransplantation über ein Jahr an [8]. Die kommensalen Bakterien aus dem Spenderkot konkurrieren mit anderen Mikroorganismen um Ressourcen, sodass das Wachstum potenziell pathogener Keime im Darm des Empfängers gehemmt wird [7].

Außerdem kann die fäkale Transplantation zur Wiederherstellung der Integrität der Darmbarriere beitragen. Einen Abwehrmechanismus des Darmtraktes stellt die Mukusschicht, die die Epithelzellen vom Darmlumen trennt, dar. Durch die Übertragung von muzinproduzierenden Bakterien mit dem Transplantat kann diese Barriere gestärkt werden [2]. Die in der Schleimschicht befindlichen Immunglobuline A werden von der Mukosa gebildet, wobei deren Synthese u. a. durch Metabolite der Mikrobiota stimuliert wird [3]. In einer Studie wurden bei Welpen, die Darmpathogene ausschieden, niedrigere fäkale IgA-Konzentrationen gefunden als bei gesunden Welpen [9]. Die direkte Übertragung von Immunglobulin A mit dem Spenderkot sowie der Transfer von stimulierenden Metaboliten unterstützen die immunologische Funktion des Darms. Die in den Spenderfäzes befindlichen Bakteriophagen tragen ebenfalls zur Abwehr von Darmpathogenen bei [2].

Merke

Eine sorgfältige Spenderselektion ist besonders entscheidend, um die positiven Effekte einer Kottransplantation zu erreichen.

Mögliche Risiken

Die Kottransplantation gilt in der Humanmedizin als sicheres Verfahren mit geringen Risiken. In einer Auswertung der Nebenwirkungen, bei der mehr als 5000 Menschen inkludiert waren, zeigten weniger als 1% schwere Nebenwirkungen. Diese waren Septikämien, Aspiration des Transplantats und Perforation des Darms bei Eingabe des Transplantats [10]. Milde Nebenwirkungen wurden ebenfalls nur selten beobachtet und waren selbstlimitierend. Zu diesen gehörten abdominale Dolenz, Nausea und Vomitus, Obstipation sowie Fieber [10]. In der Veterinärmedizin sind nur Einzelfallberichte zu Komplikationen bei Kottransplantationen veröffentlicht.

Zu bedenken gilt allerdings, dass das Risiko der Übertragung schädlicher Bakterien besteht, die im Spender asymptomatisch vorkommen (z. B. Antibiotika-resistenter E. coli [4]). Daher ist ein strenges Spenderscreening unerlässlich.

Einsatzgebiete der Kottransplantation beim Hund

Die Studienlage in der Veterinärmedizin ist noch dürftig und umfasst vorwiegend Fallbeschreibungen und kleinere Fallserien. Dennoch hat sich die Kottransplantation bei einigen Erkrankungen als Therapieoption bewährt. In der Vergangenheit wurde diese in der Humanmedizin insbesondere zur Therapie rezidivierender Clostridium-difficile-Infektionen erfolgreich angewendet und weckte damit auch das Interesse der veterinärmedizinischen Forschung [1], [11]. In der Tiermedizin gibt es Berichte zum Einsatz sowohl bei akuten gastrointestinalen Erkrankungen als auch bei chronischen Enteropathien.

Akute gastrointestinale Erkrankungen

Akuter Durchfall ist ein häufiger Vorstellungsgrund in der Kleintierpraxis, wobei die auslösende Ursache oft ungeklärt bleibt. Es konnte gezeigt werden, dass diese Patienten verglichen mit gesunden Hunden eine veränderte Mikrobiota und damit auch ein verändertes Metabolom aufwiesen [12]. Deshalb ist es nicht überraschend, dass durch den Einsatz von Probiotika die Dauer der klinischen Symptome verkürzt werden kann [13]. Chaitman et al. verglichen den Therapieerfolg von Kottransplantation und Metronidazol-Verabreichung bei akutem Durchfallgeschehen [12]. Zwar besserte sich die Kotkonsistenz der Patienten beider Gruppen, allerdings war die Kotkonsistenz langfristig gesehen bei den mit Kottransplantation therapierten Hunden besser [12]. Außerdem normalisierte sich der Dysbiose-Index bei den Hunden nach Kottransplantation, während dieser sich nach der Antibiotikaverabreichung sogar weiter verschlechterte [12].

AHDS

Eine spezielle Form des akuten Durchfalls stellt das akute hämorrhagische Diarrhoe-Syndrom des Hundes (AHDS) dar. Es ist gekennzeichnet durch plötzlichen, wässrig-blutigen Durchfall, Vomitus und Hämokonzentration. Bis heute ist die Ursache des AHDS nicht vollständig geklärt. In vielen AHDS-Fällen wurde Clostridium perfringens nachgewiesen, dessen Toxin vermutlich eine Nekrose der Darmschleimhaut bedingt [11]. Die Wirkung einer einmaligen Kottransplantation auf die klinischen Symptome und das Darmmikrobiom von Hunden mit AHDS wurde von Gal et al. untersucht [14]. Dabei konnte zwar keine signifikant schnellere Besserung der Kotkonsistenz verglichen mit der Kontrollgruppe gezeigt werden, allerdings normalisierte sich der Dysbiose-Index zügiger [14]. Dies ist v. a. dahingehend interessant, dass etwa 30% der Hunde mit einer AHDS-Episode später im Leben eine chronische Diarrhoe entwickeln [15]. Dafür wird u. a. die durch die akute Erkrankung verursachte Dysbiose mit nachfolgendem Integritätsverlust der Darmbarriere verantwortlich gemacht [15]. Weitere Studien sind nötig, um zu untersuchen, ob Kottransplantationen durch die Modulation des intestinalen Mikrobioms den Prozentsatz an Tieren mit chronischer Diarrhoe nach AHDS reduzieren könnten.

Parvovirose

Die Parvovirose verursacht ebenfalls eine akute hämorrhagische Diarrhoe. Die Viruserkrankung betrifft vorwiegend junge, noch nicht vollständig grundimmunisierte Hunde und geht mit einer hohen Morbidität und Mortalität einher. In einer Studie wurden 66 Parvovirose-infizierte Welpen in 2 Gruppen eingeteilt: eine Kontrollgruppe, die eine Standardtherapie erhielt, und eine Gruppe, die ergänzend zu dieser Therapie noch Kot transplantiert bekam [16]. Es konnte gezeigt werden, dass letztere eine schnellere Besserung der Kotkonsistenz zeigten und damit eine kürzere Hospitalisierungszeit hatten [16].

Durchfall nach dem Absetzen

Auch bei Welpen, die nach dem Absetzen Durchfall entwickelten, konnte die Kottransplantation erfolgreich eingesetzt werden [11].

Chronische Enteropathien

Eine häufige Ursache chronischer Magen-Darm-Symptome beim Hund stellt die Gruppe der chronisch entzündlichen Enteropathien dar. Sie entstehen durch eine übersteigerte Immunantwort, die zugrundeliegenden Trigger sind allerdings noch nicht abschließend identifiziert. Die Subklassifikation erfolgt anhand des Ansprechens auf die Therapie, wobei die Gruppe der Antibiotika-responsiven Enteropathien aktuell in der Diskussion steht. Dies liegt u. a. daran, dass die Patienten nach Absetzen der antimikrobiellen Therapie häufig einen Rückfall der Erkrankung erleiden [17]. Auch die weltweit zunehmende Resistenzlage und die neuen rechtlichen Vorschriften zum Einsatz von Antibiotika haben die Kottransplantation als Therapieform bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen in den Vordergrund gerückt. Die bei diesen Patienten nachgewiesene intestinale Dysbiose steht in Zusammenhang mit der Inflammation der Darmschleimhaut und spielt damit eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie der Erkrankung [17]. Ziel der Therapie sollte daher die Wiederherstellung der mikrobiellen Diversität und Normalisierung des Metaboloms sein und nicht die Zerstörung der Mikrobiota mittels Antibiotika. In verschiedenen Studien konnte eine Besserung der klinischen Symptome und der intestinalen Mikrobiota nach Kottransplantation bereits nachgewiesen werden [11], [18], [19]. Eine davon umfasste 16 Hunde mit IBD (Inflammatory Bowel Disease), die auf die traditionellen Behandlungsstrategien nicht ansprachen, wobei 14 Hunde nach Übertragung des Kotes weniger klinische Symptome zeigten [18].

Nicht primär gastrointestinale Erkrankungen

In der Humanmedizin findet die Kottransplantation nicht nur Anwendung in der Therapie primär gastrointestinaler Erkrankungen, sondern auch bei Pathologien anderer Organsysteme. Dazu gehören beispielsweise neurologische und metabolische Erkrankungen, hepatische Enzephalopathien oder Tumore [1].

Insgesamt fehlen bisher klare Richtlinien zur Selektion potenzieller Empfänger. Über den Einsatz einer Kottransplantation muss individuell entschieden werden.

Merke

Die Durchführung einer Kottransplantation ersetzt nicht die diagnostische Aufarbeitung eines Patienten: Das Ziel ist immer die Identifizierung der zugrundeliegenden Ursache mit anschließender kausaler Therapie.

Spenderselektion 

In der Literatur sind unterschiedliche Protokolle zur Selektion potenzieller Spendertiere zu finden und es herrscht kein Konsens über die optimalen Spenderkriterien [2], [20].

Ziele der Selektion sind:

  • das Risiko einer Infektionsübertragung zu minimieren
  • ein gesundes Mikrobiom zu transplantieren

Die entsprechenden Spender sollten deshalb adulte, gesunde Hunde sein, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Darmgesundheit zu legen ist. Aufgrund der oben erwähnten, zahlreichen Einflussfaktoren auf das Mikrobiom ist eine ausführliche Anamnese bezüglich Vorerkrankungen, vorangegangener medikamenteller Therapien und diätetischer Maßnahmen wichtig. Manche Tierärzte bevorzugen zusätzlich die Fütterung einer hydrolysierten Diät einige Wochen vor der Spende, um das Risiko potenzieller Allergene im Kot zu minimieren [2]. Andere bestimmen außerdem das Basalkortisol und die Schilddrüsenhormonkonzentration [2]. Es bleibt letztlich aktuell noch jedem selbst überlassen, wie eng die Selektionskriterien gesetzt werden und in welchem Ausmaß labordiagnostische Untersuchungen durchgeführt werden.

Dysbiose-Index

Der sogenannte Dysbiose-Index ist ein kommerziell erhältlicher, PCR-basierter Assay zur Evaluation der Diversität der intestinalen Mikrobiota. Dabei wird das Vorhandensein von 7 Bakterienstämmen sowie die Gesamtkeimzahl quantifiziert [21]. Diese Werte werden dann zu einer einzigen Zahl zusammengefasst, wobei das Ergebnis umso besser ist, je negativer der Index ist. Eine Übersicht der dabei bestimmten Bakterienstämme sowie Beispiele für deren Aufgaben sind in [Tab. 1] dargestellt. In einer Studie konnten anhand dieses Index mit einer Sensitivität von 74% und einer Spezifität von 95% gesunde Hunde von Hunden mit chronisch entzündlicher Enteropathie unterschieden werden [21].

Bakterien-Spezies

Bedeutung

Blautia spp.

Synthese von kurzkettigen Fettsäuren, Bildung von Metaboliten mit antimikrobieller Aktivität, Modulation des Glukosestoffwechsels

Clostridium hiranonis

Umwandlung der primären in sekundäre Gallensäuren

Escherichia coli

pathogene Stämme: Synthese von proinflammatorischen Mediatoren, symbiotische Stämme: Sekretion von Bakterioziden und Konkurrenz um Nährstoffe mit pathogenen Stämmen, Beteiligung am Aminosäurestoffwechsel (u. a. Tryptophan und Carnitin)

Faecalibacterium spp.

Synthese von kurzkettigen Fettsäuren (Hauptlieferant von Butyrat), Produktion von antiinflammatorischen Metaboliten

Fusobacterium spp.

Synthese von kurzkettigen Fettsäuren

Streptococcus spp.

Produktion von antiinflammatorischen Metaboliten, Beteiligung am Aminosäurestoffwechsel (u. a. Histidin, Tryptophan)

Turicibacter spp.

Synthese von kurzkettigen Fettsäuren, Modulation des Steroid- und Fettstoffwechsels

Beispielkriterien zur Spenderselektion

Auswahlkriterien
  • Alter: 1 – 10 Jahre
  • keine Erkrankungen in den vergangenen 3 Monaten
  • keine chronischen gastrointestinalen Erkrankungen, Allergien oder immunmediierten Erkrankungen
  • keine antibakterielle Therapie in den vergangenen 3 Monaten
  • keine Auslandsaufenthalte
  • regelmäßige Impfungen nach StIKoVet-Vorgaben
  • antiparasitäre Therapie ca. 1 Woche vor der Spende mittels eines Breitspektrum-Anthelminthikums (z. B. eine Kombination aus Milbemycin und Praziquantel)
  • ausgewogene, kommerzielle Diät
  • Body Condition Score 4 – 6/9
  • klinische Untersuchung ohne besonderen Befund
  • normale Kotkonsistenz
Laboruntersuchungen
  • Normalbefund der Hämatologie und Blutchemie
  • negative Kotflotation, negativer Giardien-ELISA-Test sowie negative bakteriologische Kotuntersuchung
  • fäkaler Dysbiose-Index < 0

Herstellung und Durchführung einer Kottransplantation

Auch zur Herstellung eines Transplantats gibt es aktuell keine einheitlichen Empfehlungen, sodass sich die Tiermedizin vorwiegend an den Daten der Humanmedizin orientiert. Allgemein ist bei der Zubereitung des Kotmaterials wichtig, die funktionellen Bestandteile in den Fäzes zu erhalten. Die hier im Folgenden beschriebene Anleitung zur Herstellung und Applikation ist die in der Klinik der Autorinnen angewendete Technik.
Allgemein kann die Verabreichung des Transplantats oral oder rektal erfolgen [2]. Aus Gründen der Praktikabilität auch im Falle von gastrointestinalen Symptomen wie Vomitus oder Anorexie wird häufig die rektale Eingabe bevorzugt. Zur Herstellung eines Transplantats sollte möglichst frischer (nicht älter als 6 Stunden) Kot verwendet werden [2]. Zum Schutz der anaeroben Bakterien im Kot sollte die Aufarbeitung des Kotes so schnell wie möglich erfolgen [2], [22]. In der Humanmedizin findet die Transplantatherstellung teils zusätzlich in Sauerstoff-freier Atmosphäre statt, was im tiermedizinischen Alltag allerdings nicht praktikabel ist [22].

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Kottransplantationsherstellung

  1. Mixen von 50 g frischem Kot mit 250 ml warmer Kochsalzlösung (z. B. mit einem Smoothie-Maker oder Mixer)
  2. Sieben der Mischung zur Entfernung von Grobbestandteilen, die die Sonde verstopfen könnten
  3. sofortige Verabreichung oder Lagerung
  4. bei Lagerung: Abfüllen in individuelle Portionen und Zugabe von Glycerol bis zum Erhalt einer 10%igen Lösung (z. B. 45 ml Kottransplantat + 5 ml Glycerol), Lagerung über 3 Monate bei − 20 °C möglich

Das Glycerol schützt die Mikrobiota vor Schäden, die durch die Bildung von Eiskristallen entstehen würden [22]. In humanmedizinischen Richtlinien wird eine Lagerung bei  - 80 °C empfohlen, da bei höheren Temperaturen eine Aktivierung von Enzymen und damit eine Veränderung der Mikrobiota nicht ausgeschlossen werden kann [2], [22]. Es gibt in der Tiermedizin keine Studie, die die Effektivität von gefrorenen und frischen Proben vergleicht, in der Humanmedizin wurde allerdings kein qualitativer Unterschied gefunden [2], [22]. Das Einfrieren von Transplantaten ermöglicht den Aufbau einer „Kotbank“, aus der sich im Bedarfsfall jederzeit bedient werden kann ([Abb. 7]). So wird die Kottransplantation zu einem Verfahren, das auch am Wochenende ohne großen Aufwand Einsatz finden kann.


Schritt-für-Schritt-Anleitung zur rektalen Applikation

  1. bei eingefrorenen Transplantaten: Auftauen im Wasserbad (37 °C) und Applikation nach spätestens 6 Stunden
  2. rektale Spülung mit Kochsalzlösung bis zur Leerung des Rektums
  3. rektaler Einlauf über eine weiche Sonde (z. B. Ernährungssonde) mit 15 – 20 ml Transplantat pro Kilogramm Körpergewicht
  4. nach der Transplantation: den Anus 20 Min. verschließen

Für die rektale Applikation ist in aller Regel keine Sedation notwendig. Die pro Kilogramm verabreichte Menge an Transplantat lehnt sich an die Richtlinien der Humanmedizin an, in der 20 – 100 g Fäzes pro Person verwendet werden [2], [20]. Die vorherige rektale Spülung ist umstritten, da in der Humanmedizin auch ohne vorher durchgeführte rektale Einläufe eine adäquate Wirksamkeit der Kottransplantation gezeigt wurde [2], [20], [22]. Es ist allerdings aufgrund der unterschiedlichen Einsatzgebiete fraglich, ob diese Ergebnisse eins zu eins auf die Veterinärmedizin übertragen werden können. Einigkeit herrscht darüber, dass das Transplantat möglichst lange im Darmtrakt verbleiben sollte. Manche Autor*innen empfehlen deshalb nach der Transplantation zusätzlich eine Ruhighaltung des Patienten für 4 – 6 Stunden, um das Risiko der Defäkation zu reduzieren [2].

Fazit und Ausblick

Die Kottransplantation stellt eine gute Therapieoption bei Patienten mit gastrointestinalen Erkrankungen dar und macht v. a. bei chronischen Enteropathien den Einsatz antibakterieller Arzneimittel überflüssig. Der Therapieerfolg hängt maßgeblich von der Selektion der Spender ab, da nur die Transplantation eines gesunden Mikrobioms dem Empfänger einen Vorteil bringt. Es sind weitere Untersuchungen nötig, um klare Richtlinien zur Herstellung, Applikationsform und -frequenz zu etablieren. Mit Sicherheit wird die Kottransplantation als Therapieoption in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen und auch vermehrt bei extragastrointestinalen Erkrankungen eingesetzt werden.

Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Dinkel, L. Dahlem, D. Braunes Gold – Kottransplantation als Therapieoption beim Hundkleintier konkret 2024; 27(01): 8-15 DOI: 10.1055/a-2199-6950

(JD)

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