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InfektionskrankheitenCanine Parvovirose Teil 1: Frühzeitig diagnostizieren!

Die Parvovirose kann bei Welpen und Jungtieren schwere Erkrankungen verursachen und lebensbedrohlich verlaufen. Eine frühzeitige Diagnose kann Leben retten. Lesen Sie hier, wie Sie Parvovirose beim Hund zeitnah diagnostizieren können.

cunaplus / stock.adobe.com

Die Canine Parvovirose: hochansteckend und weltweit verbreitet

Die canine Parvovirose ist eine weltweit vorkommende, hochansteckende Infektionskrankheit des Hundes, die erstmals 1977 beschrieben wurde. Hauptsymptome sind Durchfall und Erbrechen (oft blutig), Mattigkeit, Appetitlosigkeit und Fieber. Ausgelöst wird sie durch das canine Parvovirus Typ 2 (CPV-2). Die Erkrankung ist nach wie vor Ursache zahlreicher Erkrankungs- und Todesfälle in der Hundepopulation, insbesondere bei Jungtieren. Schwere Verläufe treten vor allem bei Hunden < 6 Monaten auf, aber auch erwachsene Tiere mit geschwächter Immunität können betroffen sein.

Das canine Parvovirus Typ 2 (CPV-2)

Das canine Parvovirus Typ 2 (CPV-2) gehört zur Familie Parvoviridae, Genus Parvovirus. Die phylogenetische Analyse des viralen Genoms ergab, dass CPV-2 am nächsten mit dem felinen Panleukopenie-Virus (FPV) verwandt ist (Nukleotidsequenzhomologie > 98%). Vermutlich ist es aus einem FPV ähnlichen Virus eines wildlebenden Fleischfressers entstanden.

CPV-2 weist folgende Eigenschaften auf:

  • unbehülltes DNA-Virus
  • ubiquitäres Vorkommen
  • sehr widerstandsfähig (kann bis zu einem Jahr infektiös bleiben)
Varianten des caninen Parvovirus (CPV-2a, 2b, 2c)

In den 1980er Jahren entwickelten sich aus CPV-2 zunächst 2 Varianten (CPV-2a und CPV-2b).  Eine 3. Variante (CPV-2c) wurde im Jahr 2000 beschrieben. Die Varianten unterscheiden sich durch Aminosäureveränderungen im VP-2-Protein. Die neuen Typen haben den alten Typ weltweit vollständig verdrängt. Diese vollständige Verdrängung wird für die Differenzierung von Impf- und Feldvirus genutzt (bei CPV2-Impfstoffen).

Die Pathogenität aller 3 Varianten ist ähnlich. Sie können nicht anhand der klinischen Symptome unterschieden werden.

Breites Wirtspektrum der CPV-2-Varianten

Alle 3 Varianten haben ein breiteres Wirtsspektrum als das ursprüngliche CPV-2.  Sie können bei Katzen eine der felinen Panleukopenie (Erreger FPV) sehr ähnliche Erkrankung auslösen. Ein Parvovirus-infizierter Hund kann somit eine Infektionsquelle für eine ungeschützte Katze und eine Parvovirus-infizierte Katze kann eine Gefahr für den Hund sein. Der Mensch ist kein Wirt von CPV-2.

Verlauf der Parvovirose

Der Schweregrad der klinischen Symptome variiert stark. Der Verlauf hängt zum einen von der Infektionsdosis, zum anderen vom Alter und Immunstatus der Tiere ab. Besonders gefährdet sind ungeimpfte Hunde und Welpen, deren maternale Antikörper gerade unterhalb der schützenden Grenze gefallen sind und deren körpereigene Antikörperproduktion noch nicht voll aufgebaut ist, die sich also in der sogenannten „immunologischen Lücke“ oder „kritischen Phase“ befinden. Wann sich ein Welpe in dieser „immunologischen Lücke“ befindet, richtet sich nicht nach einer speziellen Anzahl an Lebenswochen, sondern individuell bei jedem Welpen nach seinem durch die maternalen Antikörper erreichten MDA-Spiegel (MDA = maternally derived antibodies). Grundsätzlich kann somit die „Lücke“ bei manchen Welpen bereits mit der 8. Woche abgeschlossen sein, bei anderen Welpen zum Beispiel erst mit der 14. Woche. Eine Studie von Jakel et al. 2012 bei Katzen konnte zeigen, dass selbst in der 20. Lebenswoche noch MDA nachweisbar waren. Bei Hunden ist dies wahrscheinlich ebenfalls sehr variabel.

Impfprophylaxe der Parvovirose

Die Impfung ist die wichtigste Schutzmaßnahme vor der Erkrankung, ein vollständiger Schutz ist aber erst nach Vollendung der Grundimmunisierung mit ca. 15 Monaten zu erwarten, deshalb ist jeder Welpe, ob geimpft oder nicht, einem Ansteckungs- und Erkrankungsrisiko ausgesetzt.

Canine Parvovirose: Das Wichtigste in Kürze

Alle klinisch relevanten Daten und Informationen zur Parvovirose beim Hund auf einen Blick:

  • Übertragung: fäkal-oral, direkt oder indirekt über Ansteckungsträger, z. B. Hundespielzeug, Kleidung, Aufnahme von mit infiziertem Kot verunreinigtem Futter, Belecken von Fell, Händen und Teppichen
  • Letalität: Welpen: bis zu 90% (unbehandelt); adulte Tiere: 2 – 3%
  • Inkubationszeit: 4 – 14 Tage
  • Virusausscheidung: setzt einige Tage vor Beginn der klinischen Symptomatik ein, nach ca. 2 Wochen endet der Peak der Virusausscheidung und fällt innerhalb von 3 – 4 Wochen nach der Exposition wieder ab; Virus kann aber bis zu 6 Wochen und länger noch ausgeschieden werden
  • subklinische oder inapparente Infektionsverläufe möglich
  • Pathogenese: benötigt zur Vermehrung Zellen mit hoher Teilungsrate, z. B. Zellen der Darmkrypten, Zellen von Thymus, Lymphknoten und Vorläuferzellen im Knochenmark; Besiedlung dieser Zellen führt bereits wenige Tage nach der Infektion zur Zerstörung der Darmbarriere, Villusatrophie und Malabsorption sowie starken Leukopenien (vorwiegend Neutro- und Lymphopenien)
  • Symptomatik (je nach Schweregrad): Durchfall, Erbrechen, schwere Dehydratation und Hypovolämie, Störungen des Säure-Basen-Haushalts, Septikämie und Endotoxämie, systemische Entzündungsreaktionen (SIRS), bakterielle Sekundärinfektionen, DIC, Multiorganversagen und Tod
  • Rasseprädisposition für besonders schwere Erkrankungsverläufe: Dobermann, Rottweiler und Deutscher Schäferhund
  • Faktoren, die den Erkrankungsausbruch begünstigen: gleichzeitig vorliegende Erkrankungen (parasitäre, virale oder bakterielle intestinale Erreger), zusätzliche Stressfaktoren (Absetzen, schlechte Hygiene- und Haltungsbedingungen, Haltung zu vieler Tiere auf engem Raum)

Bedeutung einer frühen Diagnose

Eine frühzeitige und zuverlässige Diagnose der Caninen Parvovirose ist aus mehreren Gründen wichtig: Zum einen ist es für den betroffenen Patienten relevant, möglichst schnell zu wissen, ob es sich um eine potenziell lebensbedrohliche Infektionskrankheit handelt, um rasch mit einer intensiven, lebensrettenden Therapie zu beginnen. Zum anderen ist es erforderlich, betroffene Hunde und damit Ausscheider von CPV-2 Varianten schnell und sicher zu erkennen und zu isolieren, damit eine Verbreitung des Parvovirus und so die Infektion anderer Hunde und Katzen vermieden werden.

Klinisches Bild der Parvovirose beim Hund

Die häufigsten klinischen Symptome bei Caniner Parvovirose sind:

  • Apathie
  • Anorexie
  • Diarrhö (schleimig bis blutig)
  • Vomitus
  • Dehydratation
  • Hypovolämie
  • Fieber

Die klinischen Symptome einer Parvovirus-Enteritis sind unspezifisch und ähneln anderen akuten gastrointestinalen Erkrankungen wie z. B.:

  • Staupe
  • Rota- und Coronavirusinfektionen
  • akutes hämorrhagisches Diarrhö-Syndrom
  • Salmonellose
  • akute Pankreatitis
  • Fremdkörper
  • Invaginationen
  • Vergiftungen
Komplikationen der Parvovirus-Enteritis

Durch die Schwächung des Immunsystems infolge der Infektion mit dem Parvovirus und die Möglichkeit der bakteriellen Translokation aus dem Darm in die Blutbahn durch die geschädigte Darmbarriere kann es zu Endotoxämie, Sepsis und schweren bakteriellen Sekundärinfektionen kommen.

Die starke Entzündung des Darmes durch die Parvovirose führt zu intestinalen Motilitätsstörungen, wodurch eine Invagination entstehen kann. Welpen, die unstillbares Erbrechen und abdominale Dolenz zeigen, sollten sonografisch auf diese Komplikation untersucht werden. In manchen Fällen kann man den invaginierten Darmabschnitt als strangartige Verhärtung bei der Abdomenpalpation fühlen.

CPV-2-induzierte Myokarditis

Die CPV-2-induzierte Myokarditis ist heutzutage nur noch äußerst selten anzutreffen. Dies liegt an den flächendeckenden Impfungen und/oder der natürlichen Exposition erwachsener Tiere. Anders ist der Verlauf allerdings bei einer Infektion in utero, bei Welpen < 8 Wochen (noch hohe Teilungsrate der Herzmuskelzellen) und v. a. bei der Infektion von Welpen ungeimpfter Hündinnen. Diese Tiere sterben, wenn nicht an der Infektion selbst, häufig noch vor dem 3. Lebensmonat an den Folgen einer Entzündung des Herzmuskels. Welpen mit Myokarditis infolge einer Infektion mit CPV-2 können plötzlich und ohne vorherige Anzeichen einer Herzerkrankung versterben oder nach initialer Erholung von den gastrointestinalen Symptomen Wochen bis Monate später einem kongestiven Herzversagen erliegen.

Blutbild-Befunde bei Caniner Parvovirose

Hauptbefund in der Hämatologie bei Patienten mit Parvovirose sind schwere Leukopenien (insbesondere Neutropenien und Lymphopenien). Dieser Mangel an Abwehrzellen ist auch der Grund für die häufig zum Tod führenden bakteriellen Sekundärinfektionen, insbesondere infolge bakterieller Translokation aus dem Darm. Die Leukopenie ist direkte Folge einer zytolytischen Virusinfektion der entsprechenden Zellpopulationen im Knochenmark infizierter Tiere.

In einer Untersuchung von Goddard et al. konnte gezeigt werden, dass das Fehlen einer signifikanten Leuko- oder Lymphopenie innerhalb von 24 Stunden nach stationärer Aufnahme einen positiven prädiktiven Wert für das Überleben hatte. Bei Patienten mit bestehender Neutropenie bei der Vorstellung sinken die Chancen für das Überleben [46]. Patienten mit signifikanter Lymphopenie scheinen eine längere Hospitalisierungsdauer zu haben. Das Fehlen einer Leukopenie zum Zeitpunkt der Vorstellung schließt eine Parvovirusinfektion jedoch nicht aus. Je nach Schweregrad der Erkrankung, Zeit seit Ansteckung, Impfstatus etc. können auch normale Leukozytenwerte und Leukozytosen vorliegen.

Weitere Befunde in der Hämatologie können unterschiedlich stark ausgeprägte Anämien, Thrombozytopenien oder Thrombozytosen sein. Schwere Anämien können infolge von Magen-Darm-Blutungen durch die Parvovirus-Enteritis auftreten und durch gleichzeitiges Vorliegen von gastrointestinalen Parasiten begünstigt werden.

Blutchemische Befunde bei Parvovirose

Blutchemische Abweichungen bei Patienten mit Parvovirose sind unspezifisch und in der Regel Folge von Verlusten und verminderter Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt und Folge der schweren im Körper ablaufenden Entzündungsreaktionen:

  • Hypalbuminämie
  • Hypoglykämie (ein häufiges Problem, insbesondere bei Welpen kleiner Rassen)
  • Hypokaliämie
  • Hyponatriämie
  • Hypochloridämie
  • Hypomagnesiämie
  • Hypokalzämie
  • Hypocholesterinämie (Indikator für Schwere der Erkrankung und vorsichtige Prognose?)

Infolge von Dehydratation und Hypovolämie kann es durch Hypoperfusion von Organen auch zu prärenaler Azotämie, akuten Nierenschädigungen, Leberenzymaktivitätserhöhungen und erhöhten Pankreaslipasekonzentrationen (spec cPL) kommen.

Durch die systemische Entzündungsreaktion sind auch Akut-Phase-Proteine wie CRP (C-reaktives Protein) und Haptoglobulin erhöht. C-reaktives Protein ist zwar mit dem Outcome bei Welpen mit Parvovirose assoziiert, sollte aber nicht als alleiniger Indikator zur Prognosestellung herangezogen werden.

Bildgebende Diagnostik bei Parvovirose

Die bildgebende Diagnostik bei Patienten mit Parvovirose dient eher dem Ausschluss anderer Pathologien (z. B. intestinaler Fremdkörper) oder der Erkennung von Komplikationen wie Darminvaginationen.

Ultrasonografische Veränderungen bei Welpen mit Parvovirose sind beschrieben, aber unspezifisch. Dazu gehören z. B. flüssigkeitsgefüllte Darmschlingen, flüssigkeitsgefüllter Magen, Darmatonie und Hinweise auf funktionellen Ileus und verminderte mukosale Dicke in Jejunum und Duodenum.

Direkter und indirekter Erregernachweis

Der Nachweis der Parvoviren oder ihrer Bestandteile (Antigen, DNA) bei Patienten mit passenden klinischen Symptomen ist beweisend für eine Infektion. Der indirekte Erregernachweis mittels Antikörper gegen canine Parvoviren eignet sich für die Diagnose einer akuten Infektion hingegen nicht.

Direkter Nachweis der Parvoviren

Für den direkten Nachweis der CPV-2 Varianten können ELISA-basierte praxistaugliche Schnelltests sowie verschiedene Tests in kommerziellen Laboren verwendet werden.

  • Parvovirose-Schnelltests: Am kostengünstigsten und effektivsten für eine schnelle Diagnosefindung sind Schnelltests, bei denen der Virusnachweis aus Kot oder rektalen Abstrichen mit ELISA oder Immunchromatografie erfolgt. Der SNAP Parvo Test (Idexx Laboratories) ist einer der meistgenutzten Schnelltests für die Praxis. Die Spezifität dieses Tests liegt bei 100%, die Angaben bezüglich der Sensitivität schwanken jedoch zwischen 18%, 49% und 82%. Negative Ergebnisse im Schnelltest sollten also nie zum Ausschluss einer Parvovirusinfektion herangezogen werden. Ursachen für falsch-negative Ergebnisse können niedrige Viruslast im Kot, intermittierende Virusausscheidung, Verdünnungseffekt durch Diarrhö und Ausscheidung von mit dem Test interferierenden Antikörpern über den Kot sein. Falsch-positive Ergebnisse im Schnelltest sind sehr selten und können mit kürzlich vorangegangener Impfung assoziiert sein. Verschiedene Studien konnten dies allerdings nicht nachweisen. Für die canine Parvovirose entwickelte Schnelltests können auch bei der Katze zur Diagnose der felinen Panleukopenie eingesetzt werden.
  • PCR-Untersuchung: Bei anhaltendem Verdacht auf eine CPV-Infektion sollte bei negativem Schnelltest-Ergebnis eine PCR-Untersuchung eingeleitet werden. In der Zwischenzeit sollte der Patient wie ein Patient mit bestätigter Parvovirose behandelt werden (Isolation, Überwachung, Intensivtherapie). Da die Möglichkeit besteht, dass es bis zu 10 Tage nach Impfung zu einem falsch-positiven Ergebnis kommen kann, sollte nach kürzlich vorangegangener Impfung eine Verifizierung mittels Differenzierung durch PCR auf CPV-2 Varianten erfolgen (siehe nächster Absatz). Natürlich sollte der Hund bei passenden Symptomen aber bis zum Eintreffen der Ergebnisse immer als parvovirusinfiziert behandelt werden.
  • PCR-Untersuchungen auf CPV-2-Varianten: In vielen Laboren werden mittlerweile kommerziell PCR-Untersuchungen auf CPV-2-Varianten angeboten. Eine PCR-Untersuchung sollte bei Patienten durchgeführt werden, bei denen der Verdacht auf eine Parvovirusinfektion besteht, die aber ein negatives Ergebnis im Schnelltest haben oder zur Verifizierung eines positiven Schnelltestergebnisses bei Patienten, die kürzlich geimpft wurden. Die Untersuchung erfolgt in der Regel aus Kotproben, da die Viruslast hier am höchsten ist.

Im Vergleich zu allen anderen diagnostischen Nachweisverfahren von CPV-2 aus Kot hat die PCR die höchste Sensitivität und gilt als hochspezifisch. Positive PCR-Ergebnisse treten allerdings gelegentlich auf, ohne dass eine akute Infektion vorliegen muss. In Studien konnten positive Ergebnisse bei Hunden ohne Diarrhö, bei Hunden mit chronischer Diarrhö und nach Impfungen gefunden werden. Um positive Ergebnisse durch Impfungen von natürlichen Infektionen unterscheiden zu können, stehen spezielle Methoden zur Verfügung (Minor-groove-Binder-Technik (MGB-Technik)).

Indirekter Erregernachweis

Positive Antikörperkonzentrationen im Serum von Hunden sind nicht diagnostisch für eine aktive CPV-2-Infektion, da vorangegangene subklinische Infektionen, Impfantikörper oder maternale Antikörper zu positiven Ergebnissen führen können.

Serologische Untersuchungen können aber hilfreich sein, um beispielsweise

  • den optimalen Impfzeitpunkt zu bestimmen (nach Abfall der maternalen Antikörper)
  • zu untersuchen, ob es nach einer Impfung zu einer adäquaten Impfantwort gekommen ist

die Verlängerung von Impfintervallen zu rechtfertigen.

 

Der (hier aktualisierte) Originalartikel ist erschienen in:

Canine Parvovirose – Welche Maßnahmen erhöhen die Überlebenschancen? kleintier konkret 2019; 22(06): 32-44. DOI: 10.1055/a-0947-1094.