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Beinahe 50% der Hunde und Katzen sind in Deutschland von Übergewicht betroffen.
Kommunikation rund um Ernährung
Nach verschiedenen Studien ist ein sehr großer Anteil der Patientenbesitzer dankbar für eine Beratung zum Thema Fütterung, aber nur ein kleiner Teil erhält diese in der Praxis bzw. Klinik. Das ist schade, denn die meisten Krankheiten können durch eine adäquate Fütterung eine Verbesserung der Symptome bis hin zur Symptomfreiheit erfahren. Zudem wird die Lebensqualität verbessert und in vielen Fällen auch die Lebensdauer der Tiere verlängert.
Ziel ist es, durch eine offene, vertrauensvolle und patientenorientierte Kommunikation die bestmögliche Versorgung für das Tier auch in Hinsicht auf die Fütterung sicherzustellen. Für die Kommunikation zwischen Tierarzt, TFA und Patientenbesitzer gibt es einiges, was eine gute Kommunikation erleichtert. Und speziell zum Thema Ernährung gibt es wichtige Fakten, auf die zusätzlich geachtet werden soll.
Compliance stärken
Wichtig beim Thema Fütterung ist generell die Compliance der Besitzer, sowie eine gewisse Konsequenz, sich an die jeweiligen Ernährungsrichtlinien zu halten. Dies kann nur durch eine offene und verständliche Kommunikation erreicht werden. Zudem gilt es, den Besitzer aktiv in den Behandlungsprozess und die Rationsgestaltung einzubeziehen und gemeinsam die beste Vorgehensweise besprechen.
Futterberatung im Internet?
Im Internet kursieren viele Mythen und Missverständnisse rund um das Thema Ernährung bei Hunden und Katzen. Im Rahmen der Beratung sollten falsche Informationen richtiggestellt und dem Tierhalter sollte dabei geholfen werden, sachlich fundierte Entscheidungen zu treffen.
Prinzipiell sollten im Gespräch mit Tierbesitzern klare und verständliche Begriffe verwendet werden. Diagnose, Behandlung und Prognose können in einfachen und verständlichen Worten übermittelt und Fachausdrücke – außer bei Patientenbesitzern mit medizinischen Kenntnissen – weitgehend vermieden werden.
Auf Gesundheit fokussieren
Wichtig ist es auch, zu kommunizieren, dass die adäquate Ernährung für jedes Tier unterschiedlich aussieht und individuell im Kontext mit Alter, Erkrankung(en), Aktivitätslevel und evtl. vorhandenen Unverträglichkeiten betrachtet werden muss. Was dem einen Tier geholfen hat, kann für ein anderes Tier schädlich sein. Im Rahmen der Beratung muss man dem Tierhalter helfen, die spezifischen Bedürfnisse seines Tieres zu begreifen.
Der Besitzer soll verstehen, dass eine adäquate, bedarfsdeckende und an den jeweiligen Gesundheitszustand und Alter angepasste Ernährung für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Tieres entscheidend ist und dass klinische Symptome sich verbessern oder verschwinden können. Allerdings sollten keine falschen Hoffnungen geweckt werden, indem man realistisch schildert, was durch eine adäquate Fütterung erreicht werden kann und wie lange der Prozess dauern wird. Dies gilt vor allem für chronische Erkrankungen wie Adipositas oder Nierenerkrankungen.
Individuelle Situation berücksichtigen
Für eine erfolgreiche Rationsgestaltung müssen auch unbedingt Vorlieben und Gewohnheiten von Tier und Besitzer berücksichtigt werden – so sind Leckerlies und Belohnungen für die meisten Besitzer unverzichtbar. Hier sollten geeignete Futtermittel herausgesucht und Futtermittel und Leckerlies, die das Tier auf keinen Fall erhalten sollte, angegeben werden. Auch die Lebensumstände des Besitzers müssen beachtet werden: Nicht jeder Hunde- oder Katzenbesitzer ist fähig, eine selbst gekochte Ration herzustellen. Nur wenn die Fütterung für den Tierhalter praktikabel ist, wird er bei der Stange bleiben.
Überweisung an Spezialisten
Wenn man mit den Fragen von Kunden an die eigenen Grenzen kommt oder den Wünschen des Tierbesitzers (z. B. nach einer computergestützten Rationsberechnung) nicht nachkommen kann, sollte man auf eine auf Ernährung spezialisierte tierärztliche Ernährungsberatung verweisen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Patientenbesitzer zu Tierheilpraktikern oder Tierernährungsberatern (ohne entsprechende Qualifikation, da der Begriff nicht geschützt ist) abwandern.
Wichtig ist auch, zu thematisieren, dass mit dem Alter bzw. bei Änderungen des Gesundheitszustands auch die Fütterung angepasst werden sollte. Eine empfohlene Ration ist also nicht in Stein gemeißelt, sondern muss im Laufe der Zeit an die jeweilige Verfassung des Tieres und die Umstände angepasst werden.
Ernährung bei Futtermittelallergie
Futtermittelallergien sind mittlerweile bei Hunden und Katzen häufig zu diagnostizieren und äußern sich in Haut- und/oder Magen-Darmsymptomen, manchmal auch in Form von chronischen Ohr- oder Analdrüsenentzündungen. In vielen Fällen kann eine passende Fütterung die Symptome komplett verschwinden lassen und dafür gibt es im Prinzip zwei Lösungsansätze:
- Ausschließliche Fütterung von kommerziell erhältlicher hydrolysierter Nahrung, in der die Proteine so stark aufgespalten sind, dass der Organismus nicht erkennt, von welcher Tierart das Protein stammt.
- Single-Protein-Diäten, die auf lediglich einer Fleischsorte und einer Kohlenhydratquelle basieren, wie z. B. Pferd und Kartoffel und die das Tier bisher möglichst noch nicht erhalten hat.
Für eine erfolgreiche Therapie ist die Compliance und die Konsequenz des Besitzers entscheidend, denn es dürfen außer den Diätbestandteilen keinerlei andere Futtermittel, Leckerlies oder Speisereste gegeben werden.
Eliminationsdiät
Diese besondere Fütterung (s. o.) muss als sogenannte Eliminationsdiät strikt über mindestens 2 – 3 Wochen (bei Hautsymptomatik 6 – 8 Wochen) durchgeführt werden – jeder Fehltritt bedeutet "zurück auf Tag 1". Dem Besitzer muss verstehen, dass jede Ausnahme – auch in kleinsten Mengen – den Erfolg der Diät zunichtemachen kann. Im Anschluss an die Phase der Elimination sollte dann in mehreren Schritten geprüft werden, welche weiteren Futterbestandteile zusätzlich gegeben werden können.
Bei einem Mehrkatzenhaushalt sollten entweder alle Katzen auf die Ausschlussdiät umgestellt werden oder jede Katze wird durch einen eigenen Futterautomaten mit dem ihr zugeteilten Futter versorgt. Leckerlies dürfen nur aus dem vorhandenen Futter rekrutiert werden oder sollten bei Single-Protein-Diäten von der gleichen Tierart stammen.
Merke
Tierbesitzer sollten bei Futterumstellungen laufend begleitet werden und immer Rücksprache mit dem Tierarzt oder der TFA halten, wenn Unsicherheiten auftreten oder der Futterplan geändert werden soll.
Ernährung bei Adipositas
Von Übergewicht sind fast 50% der Hunde und Katzen in Deutschland betroffen. In der Regel wird den Tieren durch ihre Besitzer zu viel Energie, vor allem in Form von Leckerlies, Kauartikeln und Speiseresten verabreicht. In selteneren Fällen können auch Krankheiten wie Schilddrüsenunterfunktion oder Morbus Cushing, sowie Medikamente wie Kortikosteroide oder Antiepileptika die Ursache für Übergewicht sein.
Die Kommunikation kann sich beim Thema Übergewicht schwierig gestalten, da Besitzer oft empfindlich reagieren, wenn ihr Tierarzt oder TFA sie auf das zu hohe Körpergewicht des Tieres hinweist. Daher ist es ratsam, den Besitzer vorher zu fragen, ob es in Ordnung ist, wenn man das Körpergewicht des Tieres besprechen möchte.
Der Body Condition Score
In den meisten Fällen schätzen Hunde- und Katzenbesitzer ihre Tiere schlanker ein, als sie wirklich sind. Anhand des Body Condition Scoring am Tier oder mit Abbildungen und haptischen Modellen, kann man auf objektive und sachliche Weise den aktuellen Ernährungszustand des Tieres erklären.
Außerdem sollte man über die Bedeutung und die negativen Folgen von Übergewicht informieren, sowie klar und verständlich erklären, dass Übergewicht bei Hunden und Katzen eine ernsthafte Erkrankung ist, die zu vielen Folge- und Begleiterkrankungen, wie z. B. Gelenkproblemen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Blasensteinen und zu vermehrtem Auftreten von Tumoren führen kann. Zudem sollte betont werden, dass Übergewicht die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigt und die Lebenserwartung im Durchschnitt um 2 – 3 Jahre verkürzen kann (was bezogen auf ein Hunde- oder Katzenleben ein beträchtlicher Anteil der Gesamtlebensspanne ist!).
Merke
Besitzer müssen wissen, wie eine passende Ration zusammengestellt wird und welche Fehler bei der Fütterung vermieden werden sollten.
Kalorien aufspüren und korrigieren
Es hat sich bewährt, nach eingehender Fütterungsanamnese eine Rationsüberprüfung vorzunehmen, um die Quelle der zugeführten überflüssigen Kalorien zu identifizieren. Die Besitzer zählen in der Regel nur das als Futter, was im Napf liegt. Dieses wird meist nach Fütterungsempfehlung auf der Packung gegeben, deckt aber bereits 100% (oder mehr) des täglichen Energiebedarfs ab. Mit Leckerlies und Kauartikeln werden dann insgesamt oft 120 – 140% des Tagesbedarfes zugeführt, was sich in Fettgewebe niederschlägt.
Optimalerweise wird zusammen mit dem Besitzer das Übergewicht definiert und ein Zielgewicht festgelegt. Wenn ein Tier z. B. einen Body Condition Score von 7/9 hat, dann bedeutet das 20% Übergewicht. Um das zu korrigieren, wird ein Ernährungsplan erstellt, der ca. 60% der Energie zuführt, die das Tier bezogen auf das Idealgewicht benötigt. Damit sollte der Patient idealerweise 1% des Körpergewichts pro Woche bis zum Erreichen des Zielgewichts verlieren. Eine zu schnelle Gewichtsabnahme ist nicht erwünscht, da es dann eher zum Jo-Jo-Effekt kommt.
Runter von der Couch!
Neben der reduzierten Energiezufuhr sind flankierende Maßnahmen für mehr Bewegung empfehlenswert: Bei einem Hund kann neben häufigeren, längeren und flotteren Spaziergängen auch Schwimmen, Versteckspielen und Spielen mit Artgenossen einbezogen werden. Auch kann eine verlängerte Fütterungszeit durch die Verwendung von Anti-Schling-Näpfen und/oder Futterbällen, aus denen die Trockenfutterkibbles beim Umherrollen einzeln herausfallen, bewirkt werden.
Katzen können zum Spielen animiert werden, indem Spielangeln und Laserpointer zum Einsatz kommen. Mit Futterbällen, Fummelbrettern und Geschicklichkeitsspielen müssen sie sich die Trockenfutterkibbles einzeln „erarbeiten“. Auch das Verstecken von Trockenfutter in der gesamten Wohnung animiert die Katzen, mehr umherzulaufen und sich zu bewegen.
Dran bleiben!
Ganz wichtig ist eine intensive Betreuung von Adipositas-Patienten mit regelmäßigen Folgeterminen, bei denen die Patienten gewogen und jeder geringgradige Gewichtsverlust gelobt werden (Abb. 1). Wenn das Tier kein Gewicht verliert, sollte nach den Ursachen geforscht (anderweitige Futterquellen? Vorliegen einer Hypothyreose?) und ggf. die Energiezufuhr reduziert und der Besitzer weiter motiviert werden. Hat das Tier schließlich Idealgewicht erreicht, was durchaus länger dauern kann (bei 30% Übergewicht ca. 30 Wochen), wird eine Ration zusammengestellt, um das Gewicht zu halten.

Abb. 1 - Regelmäßige Folgebesuche mit Gewichtskontrollen sind im Rahmen der Ernährungsberatung absolute „Must-Haves“, wie hier in der Spezialsprechstunde „Schlank und fit: Mehr Lebensqualität für Hunde und Katzen“ der Kleintierklinik der LMU München.
Ernährung bei CNI
Die Kommunikation zum Thema Nierendiät bei chronischer Niereninsuffizienz ist äußerst wichtig, da eine angemessene Ernährung einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit von Tieren mit Nierenerkrankungen hat. Die Diagnose „Nierenerkrankung“ muss klar und verständlich erklärt werden. Dies umfasst Informationen über die Art der Nierenerkrankung, den aktuellen Gesundheitszustand des Tieres (Stadium der Nierenerkrankung), die Prognose (unheilbar) und die Bedeutung einer angemessenen Diät. Da CNI medikamentös nur sehr eingeschränkt behandelt werden kann, ist eine adäquate Ernährung (phosphatarme, proteinlimitierte Ration mit einem hohen Ca:P-Verhältnis) die einzige Möglichkeit, die Progression einer Nierenerkrankung deutlich zu verlangsamen.
Merke
Ein plötzliches Absetzen der Nierendiät und eine Umstellung auf normales Futter kann zu einer starken Verschlechterung der CNI führen.
Wichtig ist es auch, die Patientenbesitzer aufzuklären, dass bestimmte Futtermittel wie Geflügel, Fisch und Innereien extrem phosphatreich sind und daher gemieden werden sollten. Bei Hunden sind Kauartikel wie Rinderhautknochen und Schweineohren aufgrund des hohen Bindegewebsgehalts tabu. Bei selbstgekochten Rationen stellt Schweinefleisch eine sehr gute Fleischsorte dar, da sie im Vergleich zu anderen Fleischsorten relativ phosphatarm ist.
Vorteile der Nierendiät
Bei chronischer Niereninsuffizienz kann durch konsequente Verfütterung einer Nierendiät neben der Lebensqualität der betroffenen Hunde und Katzen erhöht und die Lebensdauer um durchschnittlich 2 Jahre im Vergleich zu nierenkranken Artgenossen, die ihr normales Futter weiterhin erhalten, verlängert werden. Dies ist ein wichtiges Argument, um die Compliance der Besitzer zu sichern.
Generell ist die Akzeptanz von kommerziellen Nierendiäten oft unbefriedigend. In diesem Fall sollte das gewohnte Futter zusammen mit Phosphatbindern weiter gegeben und die Nierendiät in zunehmender Menge daruntergemischt werden. Bei manchen Katzen kann es bis zu 30 Tage dauern, bis das neue Futter akzeptiert wird . Auch bei Hunden, die bisher gebarft oder bekocht wurden, lässt die Akzeptanz oft zu wünschen übrig. In so einem Fall kann eine selbstgekochte Ration mit geringem Phosphatgehalt und limitiertem Proteingehalt errechnet werden.
Futteraversion vorbeugen
Es empfiehlt sich, gerade bei Katzen mit CNI, die stationär aufgenommen wurden, dem Besitzer eine andere Marke einer Nierendiät mitzugeben, als die das Tier in der Klinik erhalten hat. Sonst kann es sein, dass Katzen die Situation in der Klinik (eingesperrt sein, Übelkeit) mit dem Futter assoziieren, sodass es zu einer erlernten Aversion kommt und das Futter in Zukunft verweigert wird.
Fazit
Eine Beratung über passende und bedarfsgerechte Ernährung sollte jedem Tierbesitzer angeboten werden, nicht erst, wenn Tiere krank sind oder Übergewicht entwickeln. Den Kunden für das Thema zu sensibilisieren und ihm zu zeigen, welche Fachkenntnis „seine“ Tierarztpraxis dazu hat und wie sie ihm helfen kann, stärkt die Kundenbindung und beugt Internet-Recherchen mit unsinnigen Fütterungstipps vor.
Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Kölle P. "Fütterungstipps aus der Ernährungssprechstunde" team.konkret 2024; 20(03): 7 - 10. doi:10.1055/a-2303-8473
(IR)