
Definition
Systemische Hypertonie ist eine pathologische Erhöhung des systemischen arteriellen systolischen und/oder diastolischen Blutdrucks. Als normal wird ein Blutdruck von etwa 140 mmHg systolisch und 85 mmHg diastolisch angesehen. Rüden haben einen leicht höheren normalen Blutdruck als Hündinnen. Bei manchen Rassen ist er 10–20 mmHg höher (Greyhound, Deerhound).
Nachdem die Blutdruckmessungen stark variieren, Fehler bei der Messung häufig sind und kontrovers diskutiert wird, ab welcher Höhe der Blutdruck als hypertensiv zu gelten hat, wird empfohlen, die Höhe des (wiederholt gemessenen) Blutdrucks, basierend auf dem vermuteten Risiko eines Endorganschadens, zu beurteilen (Tab. 1).
Risiko-Kategorie | Systolisch | Diastolisch | Risiko eines zukünftigen Endorganschadens |
I | < 150 | < 95 | minimal |
II | 150–159 | 95–99 | klein |
III | 160–179 | 100–119 | mittel |
IV | ≥ 180 | ≥ 120 | groß |
Tab. 1: Klassifizierung des Blutdrucks (mmHg), basierend auf dem Risiko für einen Endorganschaden. (ACVIM Consensus Statement). |
Pathophysiologie
Wie bereits unter Kompensationsmechanismen bei Herzinsuffizienz ausgeführt, ist der Blutdruck eine Funktion (d. h. das Produkt) von Durchblutung (Herzminutenvolumen) und Kreislaufperipherie- bzw. Gefäßwiderstand. Die Aufrechterhaltung des normalen Blutdrucks ist eine prioritäre Aufgabe des Herzkreislaufsystems. Die Bedeutung der Blutdruckregulation widerspiegelt sich in der Anzahl, der Komplexität und im Zusammenspiel der multiplen beteiligten Regulationssysteme. Wichtig sind insbesondere die Kreislaufzentren in der Medulla oblongata, die Barorezeptoren und das neuroendokrine Zusammenspiel von sympathischem Nervensystem mit dem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, dem antidiuretischen Hormon (ADH, Vasopressin), dem Endothelin sowie dem Stickoxid (NO) und den natriuretischen Peptiden.
Aus den physiologischen Grundlagen der Blutdruckregelung lässt sich folgerichtig ableiten, dass Veränderungen eines für die Aufrechterhaltung des Blutdrucks verantwortlichen Parameters (Fluss und Widerstand) eine Hypotonie bzw. Hypertonie hervorrufen. Eine Hypertonie kann folgerichtig durch ein erhöhtes Herzminutenvolumen (erhöhte Durchblutung, „high output hypertension“), und/oder einen erhöhten Gefäßwiderstand ausgelöst werden.
Überwiegend handelt es sich um sekundäre Hypertonien, d. h. Komplikationen anderer systemischer Erkrankungen. Die primäre (essenzielle oder idiopathische) Hypertonie spielt beim Hund keine Rolle.
Ursachen klinisch relevanter systemischer arterieller Hypertonie
- Niereninsuffizienz, chronisch oder akut
- Glomerulonephritis
- Phäochromozytom (selten vorkommend, aber hochgradige Hypertonie möglich)
- Hyperadrenokortizismus (M. Cushing) (selten klinisch bedeutsame Hypertonie)
- Diabetes mellitus (selten klinisch bedeutsame Hypertonie)
- Hypothyreose (selten klinisch bedeutsame Hypertonie)
- Hyperaldosteronismus (Conn-Syndrom) (selten vorkommend, aber hochgradige Hypertonie möglich)
Symptome
Es sind entweder keine Symptome, solche der Hypertonie auslösenden Grundkrankheit oder der von der Hypertonie verursachten Endorgankomplikationen feststellbar. Die häufigsten Endorganschäden chronischer Hypertonien beim Menschen betreffen das Herz (Linksherzhypertrophie, Arteriosklerose, evtl. Herztod), das ZNS (Schlaganfall), die Nieren (Glomerulosklerose, Proteinurie, evtl. Niereninsuffizienz) und die Augen (z.B. retinale Blutungen).
Unter diesen gefürchteten Komplikationen treten beim Hund Herzinfarkt und Schlaganfall a priori nur sehr selten und ohne dokumentierten Zusammenhang mit Hypertonien auf. Nierenerkrankungen spielen bei der Hypertoniediagnose eine gewisse Rolle. Einerseits sind Nephropathien eine Hypertonieursache, andererseits ist die Niere auch Ziel von Hypertonie-Endorganschäden. Hypertonie mit einem systolischen Blutdruck > 180 mmHg kann mit Hyphäma, eher selten mit Retinaläsionen (Blutung, Ablatio, Degeneration) und Erblindung einhergehen. Einzelne Fälle von mit Epistaxis einhergehender Hypertonie wurden ebenfalls beschrieben.
Der Originalartikel zum Nachlesen:
(RG)