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RechtsfrageStillzeit statt Elternzeit – geht das?

Bestimmte Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen sind für stillende Arbeitnehmerinnen unzulässig. Mit einer ärztlichen Stillbescheinigung kann eine Mutter nachweisen, dass sie stillt.

Inhalt
Eine Mutter hält ihr Baby im Arm und stillt.
Prostock-studio/stock.adobe.com - Stock photo. Posed by models

Stillenden Arbeitnehmerin steht der volle vormutterschutzliche Arbeitslohn zu.

„Ich bin schwanger und möchte mein Kind stillen. Jetzt habe ich gehört, dass ich statt Elternzeit auch Stillzeit nehmen kann. Gibt es die wirklich? Welche Vorteile hätte dies für mich und/oder den Arbeitsgeber? Und was hat es mit dem Beschäftigungsverbot auf sich und wer muss was bescheinigen? Meine Chefin sagt, dass ich ja an der Anmeldung einsetzbar wäre und somit ein Beschäftigungsverbot nicht gilt. Welche Rechte habe ich?“

Wann gilt ein Still-Beschäftigungsverbot?

Das Beschäftigungsverbot für stillende Arbeitnehmerinnen ist gesetzlich im § 12 Mutterschutzgesetz (MuSchG) geregelt. Die*Der Arbeitgeber*in muss ein solches stillbedingtes Beschäftigungsverbot aussprechen, wenn der Arbeitsplatz unzulässige Tätigkeiten bzw. Arbeitsbedingungen im Sinne des § 12 MuSchG beinhaltet und wenn die Arbeitnehmerin nachweist, dass sie stillt. Dies wird durch eine formlose Stillbescheinigung des*der Arztes*in bzw. der Hebamme nachgewiesen. Die Still-Bescheinigung muss in regelmäßigen Abständen erneuert werden. Eine verlässliche Aussage zur Häufigkeit der Vorlage einer Still-Bescheinigung kann aufgrund fehlender Rechtsprechung in diesem Bereich nicht getroffen werden.

Welche Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen sind für stillende Arbeitnehmerinnen unzulässig?

Das Gesetz sieht folgende Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen als unzulässig an:

  • Exposition gegenüber Gefahr- oder Biostoffen im Sinne von § 12 Abs. 1, Nr. 2 und Abs. 2 MuSchG
  • Exposition gegenüber physikalischen Einwirkungen (ionisierenden und nicht ionisierenden Strahlungen)
  • belastende Arbeitsumgebung
  • Akkordarbeit oder sonstige Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann
  • Fließarbeit
  • getaktete Arbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo, wenn die Art der Arbeit oder das Arbeitstempo für die stillende Frau oder für ihr Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt

Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes

Der*die Arbeitgeber*in hat durch die Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung zu prüfen, ob ein stillbedingtes Beschäftigungsverbot auszusprechen ist oder nicht. Die stillende Arbeitnehmerin hat wiederum ein Einsichtsrecht in die Gefährdungsbeurteilung und kann sich im Zweifel ebenfalls zur Prüfung der Gefährdungsbeurteilung an das zuständige Gewerbeaufsichtsamt wenden.

In der Praxis ist es durchaus möglich, dass durch geänderte Tätigkeiten und/oder Arbeitsbedingungen ein Einsatz der stillenden Arbeitnehmerin möglich ist, z. B. im administrativen Bereich bei Tierärztinnen. Insoweit sieht der Gesetzgeber vor, dass zunächst alle Mittel der Weiterbeschäftigung durch den*die Arbeitgeber*in zu prüfen sind. Erst wenn dies nicht möglich ist, ist ein Beschäftigungsverbot als Ultima Ratio auszusprechen.

Sollte die stillende Arbeitnehmerin mit dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung nicht einverstanden sein, besteht ebenfalls die Möglichkeit der arbeitsgerichtlichen Überprüfung bzw. Durchsetzung der Rechte aus dem MuSchG.

Welche Vor- und Nachteile sind mit einem Still-Beschäftigungsverbot verbunden?

Der Vorteil für die stillende Arbeitnehmerin liegt in der Gewährung des vollen vormutterschutzlichen Arbeitslohns. Der*die Arbeitgeber*in erhält den zu gewährenden Mutterschutzlohn über das Umlageverfahren von der zuständigen Krankenkasse erstattet.

Finanziell gesehen erleidet der*die Arbeitgeber*in somit keinen Nachteil. Jedoch erwirbt die stillende Arbeitnehmerin ihren vollen Urlaubsanspruch für die Zeit des stillbedingten Beschäftigungsverbots. Dieser kann – anders als während der Elternzeit – nicht durch den Arbeitgeber gekürzt werden.

Zudem genießt die stillende Arbeitnehmerin während des stillbedingten Beschäftigungsverbots keinen Kündigungsschutz, soweit dies über den Kündigungsschutz von 4 Monaten nach der Geburt des Kindes hinausgeht. Möchte die Arbeitnehmerin den Kündigungsschutz aufrechterhalten, müsste im Anschluss des 4-monatigen Kündigungsschutzes nach der Geburt Elternzeit genommen werden.

Still- und Elternzeit

Das Still-Beschäftigungsverbot gilt im Elterngeldrecht als Erwerbstätigkeit. Insoweit besteht kein Anspruch auf Elterngeld für diese Zeit und somit wird die Stillzeit nicht auf die Elternzeit angerechnet.

Die stillende Mutter kann somit nach Ablauf der Stillzeit entscheiden, ob sie zurück an ihren Arbeitsplatz kehrt oder nahtlos in die Elternzeit übergeht. Hierbei sollte jedoch beachtet werden, dass das Basis-Elterngeld nur bis einschließlich den 14. Lebensmonat beantragt werden kann. Ab dem 15. Lebensmonat kann nur noch ElterngeldPlus beantragt werden.

Der Originalbeitrag zum Nachlesen:
Kranepuhl B. "Stillzeit in der Tierarztpraxis – Welche Rechte haben Arbeitnehmerinnen?kleintier konkret 2024; 27(04): 54-55 DOI: 10.1055/a-2334-9262

(IR)