Was leistet eine gute Tierkrankenversicherung, für wen macht sie Sinn und worauf muss geachtet werden? Ist immer alles inklusive oder werden viele Leistungen ausgeschlossen?
Zahlreiche Anbieter von Tierkrankenversicherungen haben die Zielgruppe und den Markt der Tierhalter für sich entdeckt. Täglich drängen neue Firmen mit unterschiedlichen Angeboten auf den Markt, wobei sich die Tarife in Preis und Leistung oft deutlich unterscheiden.
Augen auf im Tarifdschungel
Es gibt viele Kriterien und Funktionen, die die Szene für Tierhalter meist unübersichtlich gestalten: Es gibt Tarife mit absoluten oder prozentualen Selbstbeteiligungen, mit Wartezeiten auf Erkrankungen oder mit temporären Höchsterstattungsgrenzen auf Leistungen. Auch die Definitionen der Leistungsfälle sind unterschiedlich. Das war nicht immer so, denn der Markt wurde jahrelang von wenigen Anbietern beherrscht. Die Folge war ein überschaubares Angebot an Tarifen. Wettbewerb war nicht notwendig, der Verbraucher konnte ja nicht großartig wählen. Heute bieten zahlreiche deutsche und ausländische Anbieter ihre Produkte an – und diese Produktvielfalt ist Fluch und Segen zugleich. Denn ein mengenmäßiges „Mehr“ bedeutet nicht zwangsläufig auch ein „Mehr“ an Qualität. Denn es ist ein Irrglaube, dass Versicherungsgesellschaften immer Kenntnis vom Zielmarkt haben. Sie können gesetzeskonform Produkte entwickeln – nicht mehr und auch nicht weniger. Aus diesem Grund gibt es leider auch einige schlechte und unbrauchbare Produkte auf dem Markt.
Die Vorteile
Tierkrankenversicherungen bieten Schutz vor den finanziellen Folgen von Operationen und – je nach Ausgestaltung der Verträge – von ambulanten Behandlungskosten. Tierarztbesuche sind selbst durch die beste Vorsorge nicht zu verhindern und jedes Tier wird im Laufe des Lebens mehrmals tierärztlich behandelt. Und je älter die Tiere werden, umso häufiger werden diese Behandlungen. Das bedeutet: Die Kosten im Laufe eines Tierlebens können enorm sein, und der tiermedizinische Fortschritt freut jeden Tierbesitzer, hat aber natürlich auch seinen Preis. Eine Versicherung bietet kalkulierbaren und planbaren Schutz vor Kosten durch Erkrankungen oder Unfällen und der Tierhalter kann mit einem festen, monatlichen Beitrag Vorsorge treffen. Verbraucherschützer führen immer wieder ins Feld, dass die bessere Alternative ein Sparbuch sei, dort solle man den Versicherungsbeitrag sparen und bei Bedarf verwenden. Blöd ist nur, wenn das Sparbuch (noch) nicht gefüllt ist, wenn das Tier akut krank ist und Behandlung braucht. Denn: Tiere richten sich nicht nach dem optimalen Zeitpunkt für eine Behandlung, sie werden auch mal am Wochenende krank oder laufen nachts ins Auto. Und schon kann es für den Tierbesitzer (zu) teuer werden.
Tarife - Welche gibt es und welcher lohnt sich?
Der Markt der Tierkrankenversicherungen nimmt gerade in Deutschland zurzeit mächtig Fahrt auf, es erscheinen immer neue Anbieter, die sich im Wesentlichen durch ihre Tarifgestaltung unterscheiden. In der Hauptsache gibt es dabei 2 grundsätzlich unterschiedliche Optionen für eine Tierkrankenversicherung:
- Es gibt reine Operationskostenversicherungen, die bei Operationen Schutz vor Tierarztrechnungen bei Krankheit und Unfall bieten. Oft sind dabei die Vor- und Nachbehandlungen mitversichert, und das ist ein wichtiges Detail! Denn viele Kunden unterschätzen gerade diese Maßnahmen und die damit verbundenen Kosten. Im Vorfeld einer Operation ist oft umfangreiche Diagnostik angezeigt und im Nachgang können zahlreiche Kontrollen notwendig sein. Hier unterscheiden sich Tarife massiv und Ihre Kunden sollten diese Punkte genau prüfen. Und manche Operationskostenversicherungen bieten lediglich Schutz bei Unfällen, was sich natürlich auch im Preis widerspiegelt.
- Einen erweiterten Schutz bieten die Krankenvollversicherungen, die sowohl vor den Kosten bei Operationen schützen, aber auch die Kosten für ambulante Maßnahmen übernehmen. Und auch diese ambulanten Behandlungen können (sehr) teuer werden: Hunde und Katzen können z. B. Allergien entwickeln, die dauerhaft ambulant versorgt werden müssen. Oder die herzkranke Perserkatze muss regelmäßig zum Herzultraschall.
Ergänzen kann man die verschiedenen Tarife um Vorsorgemaßnahmen, z. B. Wurmkuren oder Impfungen. Manche Tarife bieten auch Zuschüsse für die Kastration oder Zuschüsse für die prophylaktische Zahnpflege an. Das bedeutet: Der Tierhalter sollte sich überlegen, für welche Situationen er einen sicheren, finanziell planbaren Schutz benötigt und für was er aus der eigenen Tasche aufkommen kann, ohne dass es ein riesiges Loch in den Geldbeutel reißt.
Vorerkrankungen, Rasseprädispositionen - Versicherungsbedingungen genau lesen!
Kein Tierkrankenversicherungstarif kommt ohne Ausschlüsse aus, die im Detail von den Versicherungsgesellschaften unterschiedlich geregelt werden und den Versicherungsumfang einschränken. Typische Ausschlüsse gelten für Vorerkrankungen, angeborene Fehlentwicklungen und für kosmetische Behandlungen. Ein aktuelles Beispiel aus einer anderen Branche ist z. B. der Ausschluss von Leistungen für die Auswirkungen einer Pandemie für Anbieter von Veranstaltungen etc.
Die meisten Tarife haben zudem Altersbeschränkungen, bei denen entweder ältere Tiere gar nicht mehr versichert werden können oder nur noch mit deutlichen, vertragsmäßigen Einschränkungen. Zu Beginn der Versicherung werden zudem in der Regel Gesundheitsfragen gestellt. Manche Anbieter prüfen sehr umfangreich die Anträge und fordern je nach Krankheitsbild noch Unterlagen vom Haustierarzt an und das kann sehr zeitaufwendig für den Kunden sein. Andere Anbieter prüfen bei Antragstellung nur, ob Hund oder Katze zu versichern sind und nehmen den Antrag an oder lehnen ab.
Oft sind bei Tierkrankenversicherungen auch ganz konkret bestimmte Erkrankungen ausgeschlossen und die Tarife unterscheiden sich in diesem Punkt enorm, sodass eine genaue Prüfung für den Kunden hier sehr wichtig ist! Doch Ausschlüsse können sich leider auch „durch die Hintertür“ einschleichen, d. h. es sind bestimmte Leistungen nicht explizit ausgeschlossen, aber eben auch nicht klar eingeschlossen. So sind manche Ausschlüsse – besonders für Laien – nicht auf den ersten Blick erkennbar, so im folgenden Beispiel aus dem Bereich einer OP-Versicherung und der Fragestellung: Narkose gleich OP? Für einen Laien ist es wahrscheinlich klar, dass eine Versicherung, die die Kosten einer OP abdeckt, auch die Narkose beinhaltet, egal, welche Anästhesiemethode gewählt wird.
Wichtige Fakten
- Krankenvollversicherung: Deckt Kosten bei Erkrankungen und OP ab
- Operationskostenversicherung: Deckt die Kosten einer OP ab – Vorsicht: Die Leistung „Operation“ beinhaltet nicht immer alles, was unter Anästhesie behandelt wird
- Ergänzungen zum jeweiligen Tarif gibt es zahlreiche, z. B. Wurmkuren und Impfungen.
- Tarife werden eingeschränkt durch Ausschlüsse (z. B. bestimmte Erkrankungen), Beschränkungen der Leistungen (z. B. bei Vorerkrankungen) und für die Aufnahme (z. B. Alter).
Das Kleingedruckte ist entscheidend!
Das hört sich plausibel an, doch Operation und Narkose bzw. Anästhesie sind laut Versicherungsbedingungen oft zwei unterschiedliche Leistungen. Was die Kunden oder das tiermedizinische Fachpersonal unter einer Operation (natürlich mit Narkose und Überwachung etc.) versteht, ist also leider nicht immer das, was der Versicherer meint. In ihren Versicherungsbedingungen regeln die Gesellschaften klar und deutlich, was für sie eine Operation ist. Die Art der Narkose, die für die Operation verwendet wird, spielt hierbei auch eine große Rolle. Für manche Versicherer ist eine Operation nur unter Vollnarkose, für andere wiederum z. B. auch unter Sedierung oder Lokalanästhesie durchführbar.
Hier eine beispielhafte und klar scheinende Definition von Operation aus einer Operationskostenversicherung: „Eine Operation ist ein veterinärmedizinisch notwendiger chirurgischer Eingriff am oder im Körper des versicherten Tieres unter Narkose/Sedierung/Lokalanästhesie zur Wiederherstellung des Gesundheitszustandes. Hierbei muss die Haut oder darunterliegendes Gewebe mehr als punktförmig durchtrennt werden.“ Ist hierbei das Entfernen eines Fremdkörpers durch den Schlund des Tieres unter Vollnarkose mitversichert? Nein, ist es leider nicht, denn es wurden weder Haut noch Gewebe durchtrennt (als Anlass für die OP).
Fazit
Eine gute Tierkrankenversicherung sollte den Erwartungen und Wünschen des Kunden entsprechen, denn dieser ist einzig und allein maßgeblich. Das mag sich logisch anhören, in der Beratungspraxis ist aber oft das Gegenteil der Fall. Um die Erwartungen und Wünsche mit den jeweiligen Angeboten abzustimmen, ist Knowhow gefragt. Es reicht nicht, die bunten Prospekte der Gesellschaften zu lesen, auch das Kleingedruckte ist wichtig, denn hier lauern die Gemeinheiten.
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