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Vet-NewsHygiene für das Tier – bitte auch zuhause!

Hygiene ist für uns in der Tiermedizin nicht erst seit Corona ein Thema, das uns mit vielfältigen Maßnahmen und To-dos durch den Praxisalltag begleitet. Doch was ist mit der Hygiene beim Tierbesitzer zuhause? Wir zeigen, welche Tipps Sie Ihren Kunden für den häuslichen Bereich geben können.

Owner cleaning floor after naughty dog
Pixel-Shot / stock.adobe.com

Für die Praxis ist es selbstverständlich: Regelmäßig werden Oberflächen gereinigt und desinfiziert mit dem Ziel, die Übertragung von pathogenen Keimen von einem Patienten auf den nächsten zu verhindern und das Personal zu schützen. Wie wichtig diese Maßnahmen sind, zeigt sich eindrücklich, wenn man sich klarmacht, dass mindestens zwei Drittel aller Infektionserreger mehrere Wirtsspezies haben, d. h. ein Zoonosepotenzial mit sich bringen. Allerdings bietet die Praxis oder Klinik meist auch ideale Bedingungen für einen effektiven und guten Hygieneplan. Nur, wie sieht es beim Haustierbesitzer zuhause aus? Was für Healthcare Professionals oft selbstverständlich ist, kann manchmal den Blick verstellen auf das, was unsere Patientenbesitzer*innen an Ratschlag benötigen, wenn aufgrund einer Infektionskrankheit zu Hause Hygienemaßnahmen erforderlich sind.

Merke

Hygienemaßnahmen sollten nicht nur in der Tierarztpraxis stattfinden, sondern auch zuhause.

 Hygiene-Compliance

Grundlegend dafür, dass Patientenbesitzer*innen sich an den Rat des Praxisteams halten, ist ein grundsätzliches Verständnis dafür, wie sich Krankheitserreger ausbreiten. Mit Wissen wird aus einer diffusen Angst vor einer unsichtbaren Gefahr ein bekanntes Risiko, das rational verarbeitet und verstanden werden kann. Mit diesem Verständnis können Praxisteam und Tierbesitzer*innen dann gemeinsam Verhalten und Gegenstände identifizieren, die für die Hygiene der Tiere und der Besitzer*innen wichtig sind und dementsprechende Hygienemaßnahmen finden.

Da Hygienemaßnahmen immer mit zusätzlichem Aufwand verbunden sind, sollten sie sich natürlich auch danach richten, was praktisch umsetzbar ist – denn das erhöht die Compliance. Hierbei kann es hilfreich sein, herauszufinden, wo eine bloße Verhaltensänderung bereits viel ausmachen kann (z. B. Verzicht auf das Lecken durchs Gesicht, ändern der Gassiroute), oder wo weitere Schritte notwendig sind. In diesem Fall ist zu klären, ob das simple Reinigen essenzieller Gegenstände ausreicht oder ob sich gar Desinfektionsmaßnahmen empfehlen. Schließlich motiviert die Nennung eines wahrscheinlichen Zeitrahmens dazu, bestimmte (arbeitsaufwändige) Hygienemaßnahmen auch tatsächlich einzuhalten, weil ein Ende der Mehrbelastung absehbar ist.

Oberflächen beachten

Leicht zu reinigende Oberflächen sind meist glatt und aus einem robusten Material. Es ist also kein Wunder, dass sich in Praxisräumen oft Kunststoffe, Keramiken und Fliesen finden. Die notwendigen Kompromisse zwischen Funktionalität und Gemütlichkeit bei der Praxiseinrichtung werden in der Regel zugunsten der Funktionalität geschlossen.

Anders sieht es in Privathaushalten aus. Dort finden sich selbstverständlich Teppiche, Teppichböden, Polstermöbel, Kissen und andere Möbel, die gerne auch aus Holz sind. Leicht zu reinigende Oberflächen liegen zwar im Trend, aber sie gelten längst nicht als die bequemste und gemütlichste Lösung. Aber auch Alltagsgegenstände wie Spielzeuge, Kuscheldecken, Futter- und Trinknäpfe, die oft schon aus Metall und Kunststoff bestehen, spielen im Themenfeld „Hygiene“ selbstverständlich eine Rolle. Die Beschaffenheit eines Gegenstands ist essenziell für die Entscheidung, wie damit hygienisch umgegangen werden kann.

Hygieneübersicht

  • Reinigung bedeutet Umschichtung von Keimen

  • Desinfektion bedeutet Reduktion der Keimlast und Verhinderung der Reinfektion

  • Glatte Flächen sind besser zu desinfizieren als raue Flächen

  • Raue Flächen müssen mit Desinfektionsmittel durchdrungen werden, damit es wirkt

  • Eine Checkliste hilft, alle relevanten Punkte zu bedenken

  • Besitzer*innen brauchen konkrete, umsetzbare Handlungsanweisungen für die Hygiene zuhause

Durchdringung ist gefragt

Holz und Textilien sind nicht deshalb schwer zu reinigen und zu desinfizieren, weil die Materialverträglichkeit ein Problem ist. Vielmehr ist es eine Frage, ob ein Desinfektionsmittel die rauen, porösen bzw. großen Oberflächen komplett durchdringen kann. Denn je nach Oberflächenspannung des verwendeten Desinfektionsmittels können sich mikroskopisch kleine Hohlräume bilden, in denen Infektionserreger überdauern können. Also kann es unter diesen Bedingungen ratsam sein, ein Tuch in Desinfektionslösung zu tränken und das Desinfektionsmittel so mechanisch einzuarbeiten ([Abb. 1]). Die Art des Tuches richtet sich dabei nach dem verwendeten Desinfektionsmittel, wobei Mikrofasertücher aus Polyethylen chemisch am widerstandsfähigsten sind.

 

 

Außerdem setzen sich in rauen Oberflächen Schmutz und andere Rückstände ab (Talg, Hautschuppen etc.), die ebenfalls einen Effekt auf die Desinfektionswirkung haben können, weil sie nicht gut mechanisch entfernt werden können. Dieser Effekt ist aber wesentlich prominenter bei Gegenständen wie Näpfen und Spielzeugen. Für eine gute Hygiene sollten diese Gegenstände keine feinen Kanten und Spalten besitzen, in denen sich Dreck festsetzen kann, der auch bei einem regulären Waschgang nicht erreicht wird.

Sauberkeit und Hygiene

Für viele Menschen ist Hygiene synonym mit Sauberkeit. Was aber Sauberkeit ist, ist äußerst subjektiv, und nur weil wir etwas für sauber halten, muss es nicht zwangsläufig hygienisch sein. Diesem scheinbaren Widerspruch liegt meist eine Fehlvorstellung zugrunde, wie sich Infektionskrankheiten ausbreiten. Aufgrund der Natur von Mikroorganismen ist eine Überprüfung des Desinfektionserfolges nicht mit dem bloßen Auge möglich. Gleichzeitig werden Schmutz und Dreck mit der Anwesenheit von Keimen gleichgesetzt.

Hieraus folgt der (Trug-)Schluss, dass eine auf den ersten Blick reinliche Oberfläche oder ein glänzend sauberer Gegenstand daher keine Infektionsgefahr darstellen.

Merke

Sauber ist nicht gleich hygienisch (rein), denn Keimbelastung ist leider nicht sichtbar.

Doch für das Infektionsrisiko ist alleinig die (unsichtbare) Keimlast entscheidend und hier löst sich der Widerspruch dann auch auf: Putzen und Waschen, also Reinigungsvorgänge, stellen lediglich eine Umschichtung von Keimlasten dar. Wenn diese Reinigung gut ausgeführt wurde, ist ein durchaus beachtlicher hygienischer Nutzen zu erreichen. Typisch sind in einem solchen Fall Keimzahlreduktionen auf der gesäuberten Oberfläche zwischen 95% und 99,9%, ausgehend von der ursprünglichen Belastung – allerdings auch nur, wenn man Detergenzien, also seifenartige Reiniger, verwendet. Außerdem sind nun die produzierten Abwässer ebenfalls keimbelastet, weil viele Mikroorganismen die Fähigkeit erworben haben, mit Detergenzien auszukommen. Sofern ein Werkzeug für die Reinigung verwendet wurde, besiedeln darüber hinaus die Keime alle Gegenstände, die Teil des gleichen Reinigungsvorgangs waren.

Desinfektion

Von Desinfektionsmitteln werden ganz andere Leistungen erwartet: Je nach betrachtetem Keim sollen sie bei korrekter Verwendung die Keimlast in der Regel auf 99,9% bis 99,999% der ursprünglichen Keimzahl senken. Letzteres entspricht dem Hundertfachen der zu erwartenden Keimzahlreduktion des besten Reinigungsergebnisses. Gleichzeitig inaktivieren sie die Keime, sodass diese sich nicht mehr vermehren können und auch nicht durch verwendete Hilfsmittel wie Tücher auf andere Objekte übertragen werden. Wesentlich für eine korrekte Desinfektion sind die richtige Wirkstoffkonzentration, das Einhalten der Einwirkzeit und – wie bereits angesprochen – die Materialbeschaffenheit des zu desinfizierenden Objektes.

Desinfektion stoppt Ansteckung!

Prinzipiell senkt eine Reduktion der Keimlast immer das Ansteckungsrisiko, aber gerade bei hochansteckenden Erregern ist die Anwendung von Desinfektionsmitteln empfehlenswert, um die Ausbreitung des Erregers zwischen einzelnen Individuen möglichst schwer zu gestalten.

 Desinfektion ist also immer dann sinnvoll, wenn die Ausbreitung eines Keims von einem Tier auf ein anderes zu erwarten ist. Hieraus resultiert die Bedeutung der Desinfektion für die veterinärmedizinische Praxis mit ihren wechselnden Patienten. Ähnlich verhält es sich mit Haushalten und Einrichtungen, in denen mehrere Tiere vorkommen. Für Besitzer*innen eines einzelnen Tieres sieht dies etwas anders aus: Hier dient die Desinfektion dazu, Reinfektionen zu verhindern, sofern eine Erkrankung durch einen Keim vorliegt, der in der Lage ist, Dauerformen zu bilden (z. B. Giardien sowie sporenbildende Bakterien und Pilze). Außerdem beugt Desinfektion zoonotischen Ansteckungen (Tier-Mensch-Tier) vor. So sind z. B. die meisten Durchfallerreger zoonotisch, auch wenn wahrscheinlich viele Ansteckungen dieser Art nicht als zoonotisch wahrgenommen werden (man denke z. B. an die Campylobacteriose).

Fazit

Tierhalter*innen über die Zusammenhänge von Infektionskrankheiten, Reinigung, Desinfektion und häusliche Hygiene zu informieren und dafür ein Bewusstsein zu schaffen, gehört ganz klar zum Aufgabenbereich des Praxisteams. Ergänzt um konkrete und passende Maßnahmen, die Tierbesitzer*innen in den eigenen vier Wänden gut durchführen können, wird daraus eine besondere Serviceleistung, die Kund*innen zu schätzen wissen und die dazu beiträgt, Kunden zu binden und Gesundheit zu schützen.

 

Der Originalartikel erschien in:

Regelin, M.. Hygiene für das Tier – bitte auch zuhause!. tk 2022; 18(02): 13-16. DOI: 10.1055/a-1798-9284.

(RG)