Der Abwärtstrend bei den Versuchstierzahlen setzt sich im Jahr 2021 in leichter Form fort. Deutlicher Rückgang unter anderem bei der Verwendung von Affen und Halbaffen, Kaninchen und Vögeln.
Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der in Deutschland verwendeten Versuchstiere im Jahr 2021 um etwa zwei Prozent. Insgesamt wurden 1,86 Millionen Wirbeltiere und Kopffüßer in Tierversuchen nach § 7 Absatz 2 des Tierschutzgesetzes eingesetzt, rund 40.000 Tiere weniger als im Jahr 2020. Das geht aus der Versuchstierstatistik hervor, die vom Deutschen Zentrum zum Schutz von Versuchstieren (Bf3R) veröffentlicht wird, das Teil des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) ist.
Nagetiere immer noch an der Spitze!
Bei knapp 80 Prozent der eingesetzten Versuchstiere handelte es sich um Nagetiere, vor allem um Mäuse und Ratten. Bei Mäusen ist im Jahr 2021 (1.342.779 Versuche) im Vergleich zum Vorjahr (1.341.134 Versuche) ein geringfügiger Anstieg festzustellen. Die Zahl der Ratten ist im Jahr 2021 (135.022 Versuche) dagegen im Vergleich zum Jahr 2020 (138.249 Versuche) zurückgegangen. Auch die Zahl der verwendeten Affen und Halbaffen (1.886 Versuche) ist im Vergleich zum Vorjahr (2.031 Versuche) weiterhin rückläufig. Menschenaffen wurden in Deutschland zuletzt im Jahr 1991 für wissenschaftliche Zwecke eingesetzt. Die Anzahl der in Tierversuchen eingesetzten Fische ist im Jahr 2021 weiter gesunken (226.094 Versuche). Im Jahr 2020 gab es noch eine Verwendung von 227.996 Fischen im Rahmen von Tierversuchen.
Mehr Hunde und Katzen
Dagegen ist im Jahr 2021 die Anzahl der Hunde (2.657 Versuche) im Vergleich zum Vorjahr (2.560 Versuche) wieder leicht angestiegen. Im Jahr 2021 stieg ebenfalls die Zahl der verwendeten Katzen (862 Versuche) im Vergleich zum Jahr 2020 (644 Versuche) an. Hunde und Katzen werden insbesondere zur Erforschung von Tierkrankheiten sowie für die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen von Tier- und Humanarzneimitteln eingesetzt.
Erforschung von Krankheiten bei Mensch und Tier
Rund 56 Prozent der eingesetzten Versuchstiere dienten der Grundlagenforschung (zum Beispiel für Untersuchungen des Immun- und des Nervensystems). Damit verringerte sich der Anteil dieser Tiere um fast zwei Prozentpunkte. Etwa 14 Prozent wurden für die Erforschung von Krankheiten (beispielsweise Krebs) bei Mensch und Tier und etwa 17 Prozent bei der Herstellung oder Qualitätskontrolle von medizinischen Produkten oder für toxikologische Sicherheitsprüfungen eingesetzt (etwa zur Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit von Arzneimitteln und Impfstoffen). Rund 13 Prozent wurden für Versuche zu sonstigen Zwecken benötigt, wie zur Aus- oder Weiterbildung, Erhaltung der Art oder zur Zucht genetisch veränderter Tiere.
Der Schweregrad der Belastung für die betroffenen Versuchstiere lässt sich vorwiegend als gering einstufen (63,2 Prozent). Der Anteil an Tierversuchen mit mittlerer Belastung lag bei 26,1 Prozent, der mit schwerer Belastung bei 4,3 Prozent. 6,4 Prozent der Versuche erfolgten unter Vollnarkose, aus der die Tiere nicht mehr erwacht sind (keine Wiederherstellung der Lebensfunktion).
Zusätzlich zu den in Tierversuchen verwendeten Tieren wird in Deutschland auch die Zahl der Tiere gemeldet, die für wissenschaftliche Zwecke getötet wurden, beispielsweise um deren Organe oder Gewebe für Zellkulturen zu verwenden. Ihre Zahl (644.132) stieg im Jahr 2021 im Vergleich zum Jahr 2020 (633.784) um fast zwei Prozent an. Insgesamt wurden somit rund 2,5 Millionen Verwendungen von Versuchstieren im Jahr 2021 gemeldet. Im Vergleich zu 2020 ist dies ein Rückgang von rund 1,2 Prozent.
Anteil von genetisch veränderten Tieren gestiegen
Der Anteil der genetisch veränderten Tiere lag im Jahr 2021 bei etwa 51 Prozent und ist damit im Vergleich zum Vorjahr leicht gestiegen (2020: 48 Prozent). Auch insgesamt ist die Anzahl der genetisch veränderten Tiere im Jahr 2021 (952.837) im Vergleich zum Vorjahr (913.712) gestiegen. Zum Einsatz kamen hier insbesondere Mäuse (85 Prozent) und Fische (13 Prozent). Genetisch veränderte Tiere wurden vor allem in der Grundlagenforschung verwendet. Hier spielen genetische Faktoren eine bedeutende Rolle. Durch genetisch veränderte Tiere werden die Erforschung von Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Alzheimer oder Infektionen sowie deren Therapie verbessert – und in manchen Fällen erst ermöglicht.
Strenge Vorgaben durch das Tierschutzgesetz
Das Tierschutzgesetz und die Tierschutz-Versuchstierverordnung machen strikte Vorgaben für Tierversuche. Sie legen beispielsweise fest, für welche Zwecke sie erfolgen dürfen. Bei der Entscheidung über eine Genehmigung muss insbesondere immer geprüft werden, ob der verfolgte Zweck nicht durch andere Methoden oder Verfahren erreicht werden kann.
Genehmigung und Kontrolle von Tierversuchen ist Aufgabe der für den Tierschutz zuständigen Landesbehörden. Sie übermitteln die Versuchstierzahlen an das BfR, das die Daten sammelt, aufbereitet und an die Europäische Kommission weiterleitet. Grundlage für diese Berichtspflicht ist die EU-Versuchstierrichtlinie 2010/63/EU. Seit dem Jahr 2021 werden die Tierversuchszahlen vom BfR veröffentlicht. Die erste Veröffentlichung erfolgte für das Berichtsjahr 2020.
Aufgrund einer Änderung der Versuchstiermeldeverordnung veröffentlicht das BfR in der Berichterstattung für das Jahr 2021 zum ersten Mal auch die Zahlen der Tiere, die zwar für wissenschaftliche Zwecke gezüchtet, aber nicht eingesetzt wurden: Es handelt sich um rund 2,5 Millionen sogenannte „überzählige“ Versuchstiere im Jahr 2021. „Mit der Veröffentlichung dieser Zahlen nimmt Deutschland eine Vorreiterrolle innerhalb Europas ein und schafft damit mehr Transparenz zu Tierversuchen“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel.
Das betrifft insbesondere Tiere, die bei der Zucht genetisch veränderter Tierlinien entstehen, jedoch nicht die gewünschte Veränderung besitzen und daher nicht in Versuchen verwendet werden können. Versuchstierhalter und -züchter haben alle verhältnismäßigen Mittel zu ergreifen, um die Erzeugung dieser „überzähligen“ Tiere zu verhindern. Für Deutschland werden diese Zahlen nun jährlich erhoben. Die EU veröffentlicht diese Zahlen nur alle fünf Jahre, zuletzt für das Meldejahr 2017. Die Mitgliedstaaten erfassen ihre Zahlen das nächste Mal für das Jahr 2022 und übermitteln sie im Jahr 2023 an die EU-Kommission.
Quelle (nach Angaben von):
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) (19.12.2022). "Abwärtstrend bei den Versuchstierzahlen setzt sich fort". Im Internet: Abwärtstrend bei den Versuchstierzahlen setzt sich fort - BfR (bund.de). 28.12.2022