Der Sommer ist vorbei und mit ihm die Turniersaison des Pferdesports. Zeit, die Turniere zu rekapitulieren und sich zu fragen, ob es aus veterinärmedizinischer Sicht überhaupt noch vertretbar ist, Pferde bei Hitze im Hochsommer zu trainieren oder sogar mit ihnen an Turnieren teilzunehmen.
Schon bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992 fiel auf, dass auch gut trainierte Pferde unter den dortigen heißen und trockenen Klimabedingungen litten. Die weit verbreitete Lethargie unter den Pferden sowie einige Zusammenbrüche nahmen Expert*innen zum Anlass, intensiv daran zu forschen, welche Anzeichen auf eine Hitzeerschöpfung beziehungsweise einen Hitzeschlag bei Pferden hindeuten. Zudem wollten die Forscher*innen auch die Folgen besser abschätzen können und Maßnahmen zur effektiven Verhinderung finden, damit es im besten Fall erst gar nicht zum Hitzeschlag kommt.
Symptome der Hitzeerschöpfung und des Hitzschlags
Die Hitzeerschöpfung, eine Art Vorstufe des Hitzeschlags, äußert sich laut den Expert*innen folgendermaßen:
- schnelles Atmen bis hin zum Keuchen
- erhöhter Puls
- Körpertemperatur über 40 °C
- vermehrtes Stolpern
- Lethargie
- Dehydrierung (Hautfaltentest zur Überprüfung)
Hautfaltentest
Nimmt man eine Hautfalte am Hals oder der Schulter des Pferdes in die Hand und lässt sie wieder los, muss sich die Haut in weniger als 2 Sekunden wieder vollständig glätten, ansonsten ist der Wasserhaushalt des Pferdes gestört.
Wird ein Pferd mit eindeutigen Symptomen einer Hitzeerschöpfung nicht umgehend und effizient gekühlt, droht ein Hitzschlag. Dieser kann aber auch plötzlich auftreten und führt unbehandelt zum Tod, da wichtige Organe wie die Nieren, das Herz oder Gehirn geschädigt werden.
Wie wird der Hitzestress bestimmt?
Temperaturangaben werden oft im Schatten gemessen und sind somit irreführend, wenn es darum geht zu beurteilen, wie belastend ein Sommertag für Pferd und Mensch ist. Daher ist es für eine korrekte Aussage wichtig, weitere Klimafaktoren für die Bestimmung des sogenannten Hitzestresses zu berücksichtigen. Dazu gehören laut Schweizer Verband für Pferdesport (FNCH) die Luftfeuchtigkeit, die Windgeschwindigkeit sowie der Winkel und die Stärke der Sonneneinstrahlung. Diese Komponenten werden im sogenannten WBGT-Index („Wet Bulb Globe Temperature-Index“) erfasst. Mithilfe dieses Index wurde bereits bei einigen Olympischen Spielen in der Vergangenheit größere hitzebedingte Zwischenfälle in den Pferdesportdisziplinen vermieden.
FEI – Empfehlungen für das Turniermanagement unter belastenden Klimabedingungen
Auch der Weltreiterverband FEI nutzt den WBGT-Index. Hierbei hat der FEI-Empfehlungen für die Organisation von Turnieren in Abhängigkeit des Index herausgegeben, um Hitzestress, -erschöpfung und Hitzschlag bei Pferden zu vermeiden. Diese Empfehlungen sind vor allem bei anspruchsvollen Ausdauerdisziplinen wie der Concours Complet zu beachten, da diese eine besonders hohe Hitzebelastung für das Pferd darstellen können.
WBGT-Index | Empfehlungen der FEI für den Concours Complet |
---|---|
unter 28 | Es sollten keine Abweichungen von dem von der FEI empfohlenen Format für den Wettbewerb erforderlich sein. |
28-30 | Einige Vorkehrungen zur Reduzierung der Wärmebelastung der Pferde werden notwendig sein. |
30-32 | Zusätzliche Vorkehrungen sind erforderlich, um eine Überhitzung der Pferde zu vermeiden. |
32-33 | Unter diesen klimatischen Bedingungen kann es für die Pferde gefährlich sein, an einem Wettbewerb teilzunehmen, weshalb weitreichende Änderungen an der Prüfung erforderlich sind. |
über 33 | Diese Umweltbedingungen sind wahrscheinlich nicht mit einem sicheren Wettbewerb vereinbar. Vor der Fortsetzung der Prüfung sind weitere tierärztliche Abklärungen erforderlich. |
Weitere Maßnahmen bei thermischer Umweltbelastung
Der FNCH hat die wichtigsten Vorkehrungen, die bei heißem Wetter auf Turnieren getroffen werden können, zusammengefasst:
- Bereitstellen von Einrichtungen zum Abkühlen der Pferde
- thermisch stark belastende Tageszeiten vermeiden (Turnierzeitplan anpassen)
- Schwierigkeitsgrad der Prüfung reduzieren
- verstärkte tierärztliche Überwachung
- ausreichend Wasser zur Verfügung stellen
- Pferd nicht dauerhaft im Anhänger stehen lassen
- Pferd im Schatten grasen lassen
- Pferd mit feuchtem Schwamm kühlen
Der Verband stellt klar, dass die richtige Kühlung der wichtigste Faktor ist, um hitzebedingte Erkrankungen zu vermeiden. Eine intensive Kühlung könne dabei das Risiko eines Zusammenbruchs und die möglichen Folgeschäden erheblich senken. Ist ein Pferd schon aufgeheizt, reicht eine Kühlung im Schatten nicht aus, um die Körpertemperatur des Tiers zu senken. Viel effektiver ist dabei die Kühlung durch kaltes Wasser, eventuell sogar durch Nutzung von Eiswasser. Hierbei gilt, dass der Kühleffekt umso größer ist, je mehr Körperfläche nass ist. Während der Kühlung sollte das Wasser im Fell nicht abgeschabt werden, da dies nur Zeit kosten würde. Das wiederholte Übergießen mit kaltem Wasser zur Senkung der Körpertemperatur sei viel zielführender, so der FNCH.
Ein Pferd richtig abspritzen
Der Schweizer Verband für Pferdesport hat eine kleine „Anleitung“ verfasst, wie man sein Pferd, welches zwar geschwitzt, aber nicht hitzeerschöpft ist, richtig abkühlt.
- Pferd im Schritt reiten bzw. besser ohne Sattel führen, bis sich Puls und Atmung beruhigt haben
- Pferd erst mit lauwarmem Wasser kühlen, dann mit kaltem Wasser abspritzen (wichtig, da so eine Kreislaufbelastung vermindert werden kann)
Hinweis
Das Abspritzen der Beine hat keinen Kühleffekt für den restlichen Organismus. Um einen Kühleffekt zu erreichen, weist der FNCH darauf hin, dass vor allem große Muskelgruppen wie im Nacken oder Rücken gekühlt werden müssen!
Hitzeakklimatisierung – aber wie?
Darüber hinaus stellt der Verband klar, dass es sehr wichtig ist, Pferd und Reiter auf die klimatischen Bedingungen vorzubereiten, die sie am Tag des Turniers vorfinden. Die Akklimatisierung, welche am besten durch Bewegung erfolgt, reduziert das Risiko hitzebedingter Krankheiten oder Verletzungen erheblich und kann die Leistungsfähigkeit von Pferd und Reiter steigern, so der Verband. Das Ziel sei es, dass die Pferde bei gleicher Trainingsbelastung eine höhere Körpertemperatur erreichen als in alltäglichen Trainingssituationen unter gewohnten klimatischen Bedingungen, so der FNCH.
Für die Hitzeakklimatisierung haben sich verschiedene Möglichkeiten etabliert. So kann man das Training beispielsweise auf die Mittagszeit verlegen oder das Pferd auf einem Laufband in einem beheizten Raum trainieren.
Faustregel
Je öfter mit dem Pferd in der Hitze gearbeitet wird, desto größere ist der Akklimatisierungseffekt, so der FNCH. Der Verband empfiehlt mindestens 2 Wochen lang jeden zweiten Tag ein „Hitzetraining“ durchzuführen, um eine gute Wirkung erzielen zu können.
Fazit
Dass die Turniersaison des Pferdesports im Sommer liegt, bringt einige Herausforderungen und Gefahren mit sich. Damit es nicht zu Hitzeerschöpfungen oder sogar Hitzschlägen kommt, ist eine intensive Vorbereitung von Pferd und Reiter, sowie einige Vorkehrungen auf dem Wettkampf selbst wichtig. Es gilt, die Pferde bei heißen oder feuchtwarmen klimatischen Bedingungen immer gut zu beobachten, um den Ernstfall zu vermeiden. Zudem sollte man die Kontrolle der PAT-Werte, als auch Abspritzen mit kaltem Wasser im Alltag mit dem Pferd üben, damit es auch unter stressigen Wettkampfbedingungen gut funktioniert. Nur bei Beachtung aller Hinweise und Maßnahmen, sollten Turniere im Sommer abgehalten werden.
Quelle (nach Angaben von):
Pferdesport im Sommer: Wenn die Hitze unsere Pferde in den Schatten stellt - FNCH. 11.10.2023
(JD)