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Reisekrankheiten beim HundPentastomiasis – Infektion mit Zungenwürmern

Reisekrankheiten spielen bei Hunden eine immer größere Rolle und können zu schwerwiegenden Erkrankungen führen, weshalb eine gute Prophylaxe essenziell ist. 

Rhodesian Ridgeback rennt im Wasser.
Christian Müller/stock.adobe.

Eine Infektion mit dem sogenannten „Zungenwurm“, Linguatula serrata, der zu den Pentastomida zählt, spielt heutzutage vor allem als Importparasitose wieder eine Rolle. Dieser Artikel gibt einen Überblick über Erreger, Symptome und Therapie.

Erreger

Die adulten Parasiten der Gattung Linguatula serrata werden folgendermaßen klassifiziert:

  • Stamm: Pentastomida (incertae sedis), sog. Zungenwürmer
  • Klasse: Pentastomea
  • Ordnung: Porocephalida
  • Familie: Linguatulidae

Männchen sind etwas 2 cm lang, Weibchen bis zu 13 cm. Der gelblich-weiße Körper ist abgeflacht, zungenförmig und hat circa 90 äußere Ringel.

Übertragung und andere Faktoren

Adulte Linguatula serrata leben auf der Mucosa der Nasen- und Stirnhöhle des Hundes und anderer Caniden (Fuchs, Wolf). Die zahlreichen, eine Primärlarve enthaltenen Eier gelangen im Nasenschleim in die Umwelt oder werden abgeschluckt und im Kot ausgeschieden. Mit kontaminiertem Futter oder Wasser werden sie von herbivoren Zwischenwirten (u.a. Nager, Kaninchen, Haus- und Wildwiederkäuer, Schwein, Pferd) oder auch von Fehlwirten inklusive des Menschen aufgenommen. In den Zwischenwirten schlüpfen aus den Eiern die Primärlarven (Bohrlarven mit Bohrapparat und 4 Krallenfüßchen), welche die Darmwand durchdringen und über die Lymph- und Blutbahn (teils wohl auch durch direkte Wanderung) in verschiedene Organe (Lymphknoten, Leber, Lunge etc.), seltener auch in die Muskulatur gelangen und sich dort in kleinen Knötchen (wenige mm Durchmesser) einkapseln. In der Kapsel entwickeln sich im Verlauf von etwa 6–7 Monaten über mehrere Häutungen die bis 5 mm langen, infektiösen Terminallarven. Endwirte infizieren sich durch Verzehr von befallenen Organen oder Muskelfleisch. Eine weitere Übertragungsmöglichkeit stellt auch das Fressen von Aas dar. Die Terminallarven wandern direkt vom Rachenraum, meist aber vom Magen her über Ösophagus und Rachen in den Nasenraum und entwickeln sich dort nach einer weiteren Häutung zu Adulten. Die Präpatenz beträgt etwa 6 Monate, Weibchen können bis 2 Jahre überleben, Männchen deutlich weniger lang.

Zoonotische Bedeutung

Menschen können sich über die Nahrung mit Eiern von L. serrata oder anderen Pentastomiden (z.B. Armillifer spp.) infizieren, vor allem in Asien und Afrika. Daraus resultiert eine oft inapparent verlaufende viscerale Pentastomidose mit Entwicklung larvaler Stadien in inneren Organen (u.a. Leber, Mesenterium, Darmwand). Bei Aufnahme roher Organe von Pflanzenfressern, die mit Terminallarven von L. serrata infiziert sind, kann es im Menschen zur Besiedlung des Nasen-Rachen-Raumes (nasopharyngeale Pentastomidose) und selten des Auges kommen. Nach wiederholtem Verzehr von Organen mit Linguatula-Stadien sind rasch einsetzende allergische Reaktionen möglich („Marrara-Syndrom“ oder „Halazoun“).

Verbreitung

L. serrata ist bei Hunden in vielen Gebieten der Erde verbreitet, kommt aber in Mitteleuropa selten vor. In Endemiegebieten können die Prävalenzen bei End- und Zwischenwirten hoch sein. Im Iran waren 62% der streunenden Hunde und 20% der untersuchten Kamele befallen. In Rumänien waren bis zu 60% der Rinder, Schafe und Ziegen befallen, in der Türkei 5–10% der Schafe. In Griechenland waren knapp 15% der Schafe und Ziegen und 0,4% der Hunde infiziert. Auch in Albanien wurde mit 0,2% nur eine geringe Prävalenz bei Hunden festgestellt. Katzen wie auch Menschen sind selten Fehlwirte für die Entwicklungsstadien.

Symptome

Ein Befall mit Linguatula serrata des Hundes ist inapparent oder mit klinischen Symptomen wie Entzündung der Schleimhäute, Nasenkatarrh, Nasenausfluss, Niesen, bakteriellen Sekundärinfektionen und Beeinträchtigung des Geruchsvermögens verbunden. Infektionen der Zwischenwirte (z.B. Wiederkäuer) sind gewöhnlich asymptomatisch.

Diagnostik

Für den Nachweis von L. serrata eignen sich 2 verschiedene Methoden. Zum einen können die Eier des Parasiten (mit durchsichtiger Außenhülle) in einem Nasenschleim-Abstrich nachgewiesen werden. Zum anderen kann ein Nachweis mittels Koproskopie per Flotationsverfahren erfolgen, wobei die durchsichtige Außenhülle der Eier meist verloren geht. Hierzu sollte der Kot im Verhältnis 1:10 mit 5%iger Kalilauge vermischt werden. Danach erfolgt ein mehrmaliges Sedimentieren in Wasser und zuletzt wird das Sediment in Zinkchloridlösung flotiert. Die ovalen Eier (90 × 70 µm) enthalten die Primärlarve, deren stummelige Extremitäten paarige Chitinhaken tragen (Abb. 1).

Labor

Ein vermehrtes Auftreten der eosinophilen Granulozyten ist nicht selten.

Behandlung

Als therapeutische Maßnahme sollten zunächst die adulten Würmer aus dem Nasopharyngealbereich chirurgisch entfernt werden. Über wirksame Medikamente wird zurzeit noch viel diskutiert, wobei der Einsatz makrozyklischer Lactone gerechtfertigt erscheint.
 

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Prophylaxe

Zur Vermeidung einer Infektion mit L.serrata sollte man darauf achten, dass Hunde beim Spazierengehen kein Aas oder potenziell befallene Zwischenwirte jagen und anschließend fressen können. Zudem sollte eine regelmäßige Anwendung von Anthelmintika stattfinden.

Fazit

Die Pentastomiase ist hierzulande zwar eine seltene, aber aufgrund der Zunahme an Importtieren, nicht zu vernachlässigende Reisekrankheit des Hundes. Wie ein Fallbericht eines 1,5 Jahre alten, aus Rumänien importierten Hütehundmischlings gezeigt hat, können auch Symptome wie wässriger Nasenausfluss und schließlich Ausniesen adulter Parasiten auftreten, wobei zu keinem Zeitpunkt Parasiteneier in Kot oder Nasenschleim nachweisbar waren. Dieser Fallbericht zeigt die Schwierigkeiten in der Diagnostik der Pentastomiase. Darüber hinaus ist auch das zoonotische Potenzial der Erkrankung nicht zu vernachlässigen.

Die Originalartikel sind erschienen in: 

Deplazes PJoachim AMathis AStrube CTaubert Avon Samson-Himmelstjerna GZahner H, Hrsg. Parasitologie für die Tiermedizin. 4., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2020. doi:10.1055/b-0040-179263

Springer A, Fiedler H, Raue K et al. Linguatula serrata -Befall bei einem Importhund aus RumänienTierärztliche Praxis Ausgabe K: Kleintiere / Heimtiere 2018; 46(04): 260 - 264. doi:10.15654/TPK-170651

Tort G P. Parasitosen der AtemwegeVeterinary Focus 2010; 20(02): 44 - 48. doi:10.1055/s-0034-1381828

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