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FachbeitragHitzschlag beim Hund – Physiologie und Pathophysiologie

Hitzschlag ist eine akut lebensbedrohliche Erkrankung und betrifft vorwiegend Hunde. Doch was passiert physiologisch und pathophysiologisch beim Hund?

Attractive happy ginger mixed breed dog in car protected by seat
prystai / stock.adobe.com

Hitzschlag ist eine akut lebensbedrohliche Erkrankung und betrifft bei uns vorwiegend Hunde (seltener Katzen). Der klassische Vorbericht ist der bei sommerlichen Temperaturen im Auto eingesperrte Hund [18]. Von Tierhaltern wird häufig unterschätzt, wie heiß es in einem abgeschlossenen Raum bei starker Sonneneinstrahlung innerhalb kürzester Zeit werden kann. Brachyzephale Hunderassen, die sich zunehmender Beliebtheit erfreuen, stehen im besonderen Fokus, da sie mit ihren anatomischen und konstitutionellen Voraussetzungen für einen Hitzschlag prädisponiert sind.

Einleitung

Nach Johnson et al. kommt es zum Hitzschlag, sobald die Fähigkeit des Körpers überschritten wird, die Wärme abzugeben, die aus Stoffwechsel, Anstrengung und Umweltfaktoren resultiert [12]. Ein Hitzschlag liegt vor , wenn beim Menschen eine Körperkerntemperatur von 40 °C und beim Hund von 41 °C überschritten wird [2], [5]. In der Humanmedizin wird Hitzschlag definiert als eine „Form der Hyperthermie […], die einhergeht mit einer systemischen Aktivierung der Entzündungskaskade, was zu Multiorganversagen führen kann, wobei die Anzeichen einer Enzephalopathie prädominierend sind“ [2]. Diese Definition muss für Hunde aber dahingehend abgewandelt werden, dass die Abwesenheit neurologischer Symptome und auch das Vorliegen einer Normo- oder Hypothermie keine Ausschlusskriterien für Hitzschlag sind [5].

Es werden 2 Formen des Hitzschlags unterschieden:

  • klassischer Hitzschlag: Der klassische Hitzschlag ist umweltbedingt und wird durch sehr hohe Umgebungstemperaturen ausgelöst.

  • anstrengungsinduzierter Hitzschlag: Der anstrengungsinduzierte Hitzschlag entsteht durch hohe physische Belastung in heißer Umgebung bei gleichzeitig hoher relativer Luftfeuchte.

Oftmals liegt bei Hunden eine Kombination beider Formen vor [5].

Physiologie

Bei homoiothermen Säugetieren ergibt sich eine konstante Körpertemperatur durch eine Balance zwischen Wärmeproduktion und Wärmeabgabe. Diese können sie nur durch regelmäßige Energiezufuhr (über Nahrung) und ständig ablaufende Stoffwechselvorgänge erreichen, bei denen Wärme produziert wird. Die Wärmeproduktion erfolgt vorwiegend in der Skelettmuskulatur und Leber. Bei körperlicher Belastung wird aufgrund von erhöhter Muskelaktivität mehr Wärme produziert als im Ruhezustand. Im Normalfall kann überschüssig produzierte Wärme wieder an die Umwelt abgegeben werden [6]. Dies erfolgt über die Haut und Schleimhäute, wobei der Wärmetransport vom Körperinneren zur Peripherie ausschließlich über die Blutbahn erfolgen kann [6].

Auf Veränderungen der Umgebungstemperatur kann der Körper auf verschiedene Weise reagieren:

Thermoregulation

Die Thermoregulation ist ein kurzfristiger Anpassungsmechanismus des Körpers. Die Wahrnehmung der Temperatur erfolgt über periphere Thermorezeptoren in der Haut und den Schleimhäuten sowie über zentrale Thermorezeptoren in den Abdominalorganen und dem Rückenmark. In der übergeordneten Area praeoptica des Hypothalamus erfolgt ein Abgleich zwischen Ist- und Sollwert der Körperkerntemperatur.

Bei Bedarf werden folgende Regelmechanismen in Gang gesetzt [7]:

  • Registrierung einer zu hohen Außentemperatur: Es kommt zur peripheren Vasodilatation und zentralen Vasokonstriktion, sodass möglichst viel Wärme über die Blutbahn an der Körperoberfläche abgegeben werden kann [7]. Zudem werden die Tiere zum Schwitzen und/oder Hecheln angeregt.

  • Registrierung einer Hypothermie: Durch Kältezittern und die sog. zitterfreie Wärmeproduktion wird vermehrt Wärme produziert [[7]].

Die Wärmeabgabe läuft im Wesentlichen über 4 Mechanismen ab:

  • Konduktion

  • Konvektion

  • Radiation

  • Verdunstung

Bei Umgebungstemperaturen unterhalb der Körpertemperatur erfolgt die Wärmeabgabe hauptsächlich über Radiation und Konvektion. Steigt die Umgebungstemperatur auf Werte im Bereich der physiologischen Körpertemperatur, werden diese Mechanismen ineffektiv und die Wärmeabgabe kann nur noch über Verdunstung (Hecheln, Nasenschleimhaut) erfolgen. Bei sehr hoher relativer Luftfeuchte kann dieser Mechanismus versagen [10].

Akklimatisation

Die langfristige Anpassung des Organismus an veränderte Umweltbedingungen nennt man Akklimatisation. Dies ist ein physiologischer Vorgang, der bei Tieren mindestens 10–20 Tage bei teilweiser und bis zu 60 Tage bei vollständiger Gewöhnung an extreme Umweltbedingungen dauert [12]. Hierbei kommt es zu langfristigen kompensatorischen Mechanismen wie der Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems, der Natrium- und Wasserretention, einer erhöhten glomerulären Filtration, der Expansion des Plasmavolumens, einer Tachykardie und dem erhöhten Herzminutenvolumen sowie einem erhöhten Widerstand gegen Rhabdomyolyse. Ohne diese Anpassungsmechanismen sind Gewebshypoxie und Multiorganversagen eine gefürchtete Folge von Hyperthermie [12].

Weitere Schutzmechanismen

Zwei weitere Mechanismen sind bedeutend für die Antwort des Körpers auf Hitzeeinwirkung. Zum einen die Akute-Phase-Reaktion , an der Endothelzellen, Leukozyten und Epithelzellen beteiligt sind und bei der in koordinierter Abfolge verschiedene Zytokine aktiviert werden. Der Ablauf ist dabei vergleichbar mit dem beim septischen Patienten. Zum anderen führt die Produktion von Hitzeschockproteinen , die in nahezu allen Zellen vorkommen, vorübergehend zu einer höheren Toleranz gegenüber Hitze und damit zum Schutz der Zellen [2].

Pathophysiologie

Bei der Entstehung eines Hitzschlags liegt oftmals eine Kombination aus verminderter Wärmeabgabe und erhöhter Wärmeproduktion zugrunde [15]. Die Schädigung an den Endorganen resultiert einerseits aus einer direkten thermischen Schädigung der Zellen und zum anderen aus einer Hypoperfusion und Gewebshypoxie. Betroffen ist oft der Darm , da er das Hauptschockorgan des Hundes ist [18]. Weitere Effekte an den Endorganen sind in (Abb. 1) dargestellt.

1  Aroch I, Segev G, Loeb E. et al. Peripheral nucleated red blood cells as a prognostic indicator in heatstroke in dogs. J Vet Intern Med 2009; 23: 544-551

2  Bouchama A, Knochel JP. Heat stroke. N Engl J Med 2002; 346: 1978-1988

3  Bruchim Y, Segev G, Kelmer E. et al. Hospitalized dogs recovery from naturally occurring heatstroke; does serum heat shock protein 72 can provide prognostic biomarker?. Cell Stress Chaperones 2016; 21 (1): 123-130

4  Bruchim Y, Loeb E, Saragusty J. et al. Pathological findings in dogs with fatal heatstroke. J Comp Path 2009; 140: 97-104

5  Bruchim Y, Klement E, Saragusty J. et al. Heat stroke in dogs: A retrospective study of 54 cases (1999–2004) and analysis of risk factors for death. J Vet Intern Med 2006; 20: 38-46

6  Cunningham JG, Klein BG. Textbook of Veterinary Physiology. 4th ed. St. Louis: Saunders Elsevier; 2007

7  Engelhardt W. Physiologie der Haustiere. 5. Aufl. Stuttgart: Enke; 2015

8  Garber JB, Saile K, Rademacher N. et al. Pneumothorax in a dog caused by necrotizing pneumonia secondary to heatstroke. J Vet Emerg Crit Care (San Antonio) 2015; 25 (6): 759-764

9  Gordon LE. Hyperthermia and heatstroke in the canine. Im Internet: http://usarveterinarygroup.org/usarvet/hyperthermia-heatstroke-k9/ (Zugriff: ) Stand: 12.01.2017

10  Hemmelgarn C, Gannon K. Heatstroke: thermoregulation, pathophysiology and predisposing factors. Comp Contin Educ Vet 2013; 35 (7): E4

11  Hemmelgarn C, Gannon K. Heatstroke: clinical signs, diagnosis, treatment and prognosis. Comp Contin Educ Vet 2013; 35 (7): E3

12  Johnson SI, McMichael M, White G. Heatstroke in small animal medicine: a clinical practice review. J Vet Emerg Crit Care 2006; 16 (2): 112-119

13  Mastrorilli C, Welles EG, Hux B. et al. Botryoid nuclei in the peripheral blood of a dog with heatstroke. Vet Clin Pathol 2013; 42: 145-149

14  Mellor PJ, Mellanby RJ, Baines EA. et al. High serum troponin I concentration as a marker of severe myocardial damage in a case of suspected exertional heatstroke in a dog. J Vet Cardiol 2006; 8 (1): 55-62

15  Powell LL. Canine heatstroke. NAVC clinician’s brief 2008; 13-16

16  Segev G, Aroch I, Savoray M. et al. A novel severity scoring system for dogs with heatstroke. J Vet Emerg Crit Care (San Antonio) 2015; 25 (2): 240-247

17  Silverstein DC, Hopper K. Small Animal Critical Care Medicine. St. Louis, Missouri: Saunders Elsevier; 2009

18  Teichmann S, Turkovic V, Dörfelt R. Hitzschlag bei Hunden in Süddeutschland – Eine retrospektive Studie über 5,5 Jahre. Tierarztl Prax K 2014; 42: 213-222

19  Zenker I, Keller L, Meichner K. et al. Immune mediated destruction of platelets in dogs with heat stroke: A prospective study. Tierarztl Prax K 2009; 37: 314-318