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PersonaliaKottransplantationen – Sinnvoll und wenn ja für wen?

Ein Interview mit Prof. Dr. Stefan Unterer über die Bedeutung und den Einsatz von Kottransplantationen.

Quelle: Dr. Nina Justa

Ein Interview mit Prof. Dr. Stefan Unterer über die Bedeutung und den Einsatz von Kottransplantationen.

Was wissen wir bis jetzt über die Darmflora und speziell die Dysbiose bei Hunden?

Die Gesamtheit aller Mikroorganismen des Darmes nennt sich „intestinales Mikrobiom“. Als metabolisches Organ erfüllt es vielfältige Aufgaben und ist somit essenziell für einen gesunden Organismus. Es ist unter anderem an der Produktion vieler Botenstoffe beteiligt und schützt zusätzlich durch eine normale Besiedelung des Darmes vor dem Eindringen von pathogenen Keimen außerdem kann die Nahrung durch eine Symbiose mit Darmbakterien adäquat aufgeschlossen werden. Eine normale Zusammensetzung und Vielfalt von Mikroben im Darm ist vor allem bei Jungtieren wichtig, damit sich das Immunsystem physiologisch entwickeln kann. Deshalb sollte jegliche Störung, z. B. durch Antibiotika oder andere Medikamente, vermieden werden. Eine Dysbiose, d. h. eine gestörte Zusammensetzung und Vielfalt der intestinalen Mikroben, kann dazu führen, dass der Darm und andere Organsysteme nicht mehr normal funktionieren. Aus diesem Grund versuchen wir neben der Behandlung der Grunderkrankung des Darmes immer auch das intestinale Mikrobiom positiv zu beeinflussen.

Bei welchen Patienten empfehlen Sie eine Kottransplantation?

Wir wissen, dass für die Entwicklung eines normalen Immunsystems eine stabile, physiologische Zusammensetzung von Darmmikroben bei Jungtieren vorliegen muss. Wir beobachten zunehmend, dass Junghunde, welche aufgrund von akutem Durchfall oder eines positiven Giardientests mit Metronidazol behandelt wurden, chronischen Durchfall entwickeln. Aus diesem Grund versuchen wir bei Junghunden mit einer Dysbiose, z. B. ausgelöst durch Gabe von Antibiotika, mittels Kottransplantation mögliche Langzeitkonsequenzen zu vermeiden.
Bei Hunden mit chronischen Enteropathien und gleichzeitigem Vorliegen einer Dysbiose stellt die Behandlung der Grunderkrankung sicher noch die wichtigste Maßnahme dar. Als Begleittherapie kann eine Kottransplantation bei diesen Patienten aber zu einer zusätzlichen Verbesserung des intestinalen Mikrobioms und der klinischen Symptome führen.

Gibt es Vorteile der Kottransplantation gegenüber der unkomplizierteren Gabe von Probiotika oder werden unterschiedliche Verfahren in der Regel kombiniert?

Der Vorteil einer Kottransplantation ist, dass ein gesamtes funktionierendes Ökosystem an Darmbakterien übertragen wird, statt lediglich einzelner Bakteriengruppen wie es bei der Gabe von Probiotika der Fall ist. Dies ist ein entscheidender Punkt: Denn obwohl wir mittlerweile dank moderner Technik einen tieferen Einblick in die Welt des Mikrobioms bekommen haben und bereits Wissen über bestimmte Bakteriengruppen in Gesundheit und Krankheit besteht, übersteigt die Komplexität des Zusammenspiels von Bakterien, Archaeen, Viren, Bakteriophagen und Pilzen noch immer unser Verständnis. Ebenso wird bei einer Kottransplantation eine deutlich größere Anzahl an Bakterien übertragen als dies bei einer Probiotikagabe möglich ist.

Kottransplantation

Kottransplantationen werden auch in der neuen Unit für klinische Mikrobiom, Metabolon und Fecal-Transplant Forschung (MMF) an der Klinik für Kleintiermedizin der Vetsuisse-Fakultät Universität Zürich angeboten.

Wie funktioniert die Kottransplantation?

Bei einer Kottransplantation wird Kot von einem gesunden Spender in einen kranken Patienten übertragen. Dies kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen: Entweder indem der Kot, z. B. mittels Einlauf oder während einer Endoskopie, direkt in den Darm eingegeben wird oder indem er in Kapseln oral verabreicht wird. Dabei sollte der Kot stets möglichst frisch sein oder unmittelbar nach dem Absatz eingefrorener und schonend aufgetauter Kot verwendet werden. Im Moment bevorzugen wir es, den Kot rektal als Einlauf einzubringen, hier wird der Kot mithilfe einer Sonde möglichst weit ins Kolon eingebracht. Dieser Vorgang wird von nahezu allen Hunden problemlos toleriert, sodass keine Sedation notwendig ist.

Ist das Verfahren den Spezialisten vorbehalten oder ist eine Durchführung in jeder Praxis denkbar, wenn ein geeigneter Spender vorhanden ist?

Die Durchführung der Kottransplantation ist in der Regel unkompliziert und kann somit auch im Rahmen der alltäglichen Sprechstunde durchgeführt werden. Es erfordert jedoch etwas Hintergrundwissen, einen geeigneten Spender auszusuchen und einen gewissen Aufwand, diesen auch als Spender zu erhalten und immer ausreichend Kot in frischer oder gefrorener Form zu Verfügung zu haben.

Dr. Stefan Unterer arbeitete zum Zeitpunkt des Interviews als Oberarzt an der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München.

Prof. Dr. med. vet. Stefan Unterer ist Diplomate des European College of Veterinary Internal Medicine – Companion Animals und Direktor der Klinik für Kleintiermedizin der Universität Zürich. Sein Spezialgebiet ist die Gastroenterologie.

Der Originalartikel "Kottransplantation in der Kleintierpraxis – 5 Fragen an Dr. Stefan Unterer" erschien in der Zeitschrift Kleintier Konkret.