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BlogGOT-Petitionen: Als die Preise der Tiermedizin Tierhaltersache wurden

Ich bin schockiert über das Vorgehen der FN und der Vereinigung deutscher Tierhalter, die mit ihren Petitionen die GOT ändern wollen und somit gegen uns Tierärzte als Berufsgruppe vorgehen.

Tensed male surgeon sitting with hands on forehead on staircase
WavebreakMediaMicro / stock.adobe.com – Stock photo. Posed by a model

Die FN, die Deutsche Reiterliche Vereinigung, hat eine Petition mit dem Namen „GOT — so nicht“ gestartet. Ich war zunächst sehr schockiert, dass ein Verband, der viel mit Tierärzten zusammenarbeitet, gegen eine ganze Berufsgruppe vorgehen kann und sich herausnimmt, die Preise einer Dienstleistung bestimmen zu wollen.

„Die FN ist der nationale Dachverband für Reiter, Fahrer, Voltigierer und Pferdezüchter in Deutschland. Die FN kümmert sich sowohl um den Turniersport mit den Disziplinen Dressur, Springen, Vielseitigkeit, Fahren, Distanzreiten und Voltigieren, als auch um den Freizeit- und Breitensport. Sie fördert die Bereiche Pferdezucht, Pferdehaltung, Tierschutz, Naturschutz und Landschaftspflege und ist zuständig für alle Fragen, die direkt oder indirekt mit dem Pferd, seiner Zucht, Haltung Ausrüstung, seiner Ausbildung und Nutzung durch den Menschen zu tun haben.“ [1]  

Gerade bei den Punkten Pferdezucht, Pferdehaltung und Tierschutz sind Tierärzte die Hauptansprechpartner. Außerdem ist auf jedem Pferdesportturnier ein Tierarzt vor Ort, der die Gesundheitskontrollen durchführt und den Impfstatus überprüft. Ich frage mich, wie man dann so gegen die Tierärzte wettern kann.

Zur gleichen Zeit hat die Vereinigung deutscher Tierhalter (VDTH) eine ähnliche Petition beim Bundestag eingereicht [2]. Diese Petition ähnelt stark der der FN, nur auf die Forderung der fairen Bezahlung für Tierärzte wird verzichtet. Was auch Sinn ergibt, da diese mit den gewünschten Forderungen nicht vereinbar ist. Die restlichen Forderungen finde ich noch undurchdachter, was aber ein Thema für sich ist.

 

Die Petition der FN

Die FN fordert in ihrer Petition [3]:

Wir sagen JA zu einer GOT,

  • die die Versorgungssicherheit unserer Tiere sicherstellt,
  • die zu bezahlbaren Behandlungskosten führt,
  • durch die Transparenz und Verbraucherschutz gewährleistet werden,
  • die zu einer angemessenen Vergütung des Tierarztes führt.

Diese 4 Punkte habe ich mir einmal genauer angesehen.

Die Forderung der FN lautet: Wir sagen JA zu einer GOT, …

…die die Versorgungssicherheit unserer Tiere sicherstellt

Ich frage mich, was die GOT mit der Versorgungssicherheit zu tun hat. Die Tiermedizin ist eine Dienstleistung, die von den Tierbesitzern in Anspruch genommen werden kann. Wenn ein Tier krank wird, hat der Besitzer somit die Pflicht, sein Tier zu einem Tierarzt zu bringen und die Versorgung des Tieres sicherzustellen.

Ich finde, hier ist das Auto ein gutes Beispiel, denn ich kann mir ein Auto auch nur leisten, wenn ich mir vorher Gedanken über meine finanzielle Situation mache. Kann ich mir die Anschaffung, Versicherung und Reparatur leisten? Wenn ein Auto in die Reparatur muss, zur jährlichen Inspektion oder kaputt geht, werden doch auch nicht die Werkstätten dafür verantwortlich gemacht, das Auto wieder zu reparieren. Es gibt einen Kostenvoranschlag und entweder kann ich mir die Reparatur leisten oder nicht. Natürlich ist es mit Tieren nochmal etwas anderes, da es sich um Lebewesen handelt. Aber ich finde es nicht fair, die Situation so darzustellen, als wären die GOT bzw. die Tierärzte für die Versorgungssicherheit in der Tiermedizin zuständig und verantwortlich. Denn ich finde, dass durch die neue GOT und das Gegensteuern gegen den Fachkräftemangel versucht wird, die Versorgung der Tiere weiterhin sicherzustellen.

…die zu bezahlbaren Behandlungskosten führt

Medizin ist teuer! Es gibt nicht nur ständig neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die Tiermedizin mit ihren diagnostischen Möglichkeiten wird immer moderner. Auch den Tieren stehen inzwischen digitales Röntgen, In-House-Labore (mit Resultaten in unter einer Stunde), hochtechnische Ultraschallgeräte sowie Computertomografie und Magnetresonanztomografie zur Verfügung. Dabei kosten nicht nur die benötigten Geräte viel Geld, sondern auch die stetigen Fort- und Weiterbildungen müssen bezahlt werden. Nur so kann der Tierbesitzer für sein Tier die besten Leistungen erhalten.

Wer die Behandlungskosten nicht aus eigener Tasche zahlen will, hat die Möglichkeit, eine Krankenversicherung für sein Tier abzuschließen. Dabei kann man zwischen verschiedenen Formen wählen, je nachdem, ob nur eine OP-Versicherung oder ein Rund-um-Paket gewünscht sind. In der Humanmedizin liegen die Behandlungskosten meistens deutlich höher als in der Tiermedizin, da die Forschung und Technik uns immer einen Schritt voraus sind. Aber das bekommen die meisten Menschen gar nicht mit, da die Kosten über die Versicherungen abgedeckt sind.

„durch die Transparenz und Verbraucherschutz gewährleistet werden“

Die GOT ist für jeden öffentlich zugänglich und auf der Website der Bundestierärztekammer herunterzuladen. Jeder, der sich dafür interessiert, kann sich alle Posten, Gebührensätze und Preise genau angucken. Zudem habe ich es persönlich noch nie erlebt, dass ein Tierarzt vor einer Operation oder anderweitiger Diagnostik keinen Kostenvoranschlag macht oder auf Nachfrage nicht einen ungefähren Preis angibt.

„Als Verbraucherschutz werden sämtliche Maßnahmen und Gesetze verstanden, welche den Konsumenten strukturell stärken und vor betrügerischen, ausbeuterischen und umwelt- bzw. gesundheitsschädlichen Handlungen schützen.“ [4]

Vor der Anpassung der GOT wurde extra vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein Forschungsprojekt zur „Prüfung der finanziellen und strukturellen Auswirkungen hinsichtlich der Angemessenheit der Gebührensätze der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT)“ initiiert. Die Ergebnisse dieses Projekts waren die Grundlage der GOT-Anpassung und der daraus resultierende Vorschlag über diese Anpassungen wurde dann vom Bundesrat beschlossen. Somit ist es eine Entscheidung auf Gesetzesebene.

Die GOT wurde seit 1999 nicht mehr vollständig überarbeitet und die Anpassung, die 2022 stattfand, war schon seit 2007 in Planung. Alle diese Informationen sind öffentlich in der Kabinettfassung vom 12.05.2022 zugänglich. Dort wird auch geschrieben, dass es zu einem Mehrkostenaufwand für Bürgerinnen und Bürger kommen wird, welche tierärztliche Leistungen in Anspruch nehmen [5].

Sogar die FN beschreibt auf ihrer Webseite „Die GOT ist eine Rechtsverordnung mit Gesetzescharakter“ [3].

Die GOT regelt einheitlich die Preise der Tiermedizin und beugt somit auch betrügerischen und ausbeuterischen Handlungen gegenüber dem Verbraucher vor, was bedeutet, dass ein Verbraucherschutz sichergestellt ist.

Meiner Meinung nach kann die GOT nicht transparenter sein und erfüllt somit alle Bedingungen des Verbraucherschutzes.

„die zu einer angemessenen Vergütung des Tierarztes führt“

Ich frage mich, was für die FN eine angemessene Vergütung des Tierarztes ist. Denn wenn Tiermedizin zu Billig-Preisen gefordert wird, wie soll ein Tierarzt dann angemessen bezahlt werden? Oder sollen wir Jahre in der Zeit zurückgehen, als das Einstiegsgehalt noch 2200 Euro brutto betrug?

Und das ist nicht mal so lange her, denn erst im Jahr 2017 beschloss der Bundesverband praktizierender Tierärzte (BpT) eine Erhöhung des Einstiegsgehaltes für angestellte Tierärzte auf 2420 Euro brutto [6].

Bezogen auf die Arbeitszeiten und Wochenstunden fällt das definitiv unter den Mindestlohn, aber anders kann ich mir die gewünschte Lösung der FN nicht vorstellen.

Mittlerweile wurde die BpT-Gehaltsempfehlung an die Wünsche des Bunds angestellter Tierärzte (BaT) von 3500 Euro brutto als Einstiegsgehalt angepasst. Allerdings stammt diese Forderung des BaT aus dem Jahr 2017 und die Anpassung fand erst am 29.11.2022 statt [7].

Mit der Inflation der letzten Jahre und den stetig gestiegenen Preisen in allen Sektoren bekommen Tierärzte nun das Gehalt, was im Jahr 2017 angemessen gewesen wäre, wohl bemerkt VOR der Inflation. Und dies vor allem durch die Preisanpassung der GOT.

Zusätzlich muss man bedenken, dass vor dem eigentlichen Berufseinstieg noch 6 Jahre anspruchsvolles Studium stehen. Und in meinem Fall – anders als in Deutschland – fallen dafür auch noch Semestergebühren an. Ich habe da noch „Glück“ mit meinen Gebühren von 5500 Euro pro Studienjahr, mittlerweile liegen diese bei 9000 Euro pro Studienjahr [8].

Die Unterstützung aus Deutschland fällt leider auch recht klein bis gar nicht aus, da nur im ersten Auslandsstudienjahr die Semestergebühren und Reisekosten angerechnet werden. Danach muss man gucken, wie man klarkommt.

Deshalb sammeln sich bei mir allein für das Studium Schulden in einer Höhe von 33.000 Euro an, die ich nach meinem Studium wieder einarbeiten und zurückzahlen muss.

Meiner Meinung nach ist das empfohlene Einstiegsgehalt für Tierärzte nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Bezogen auf die Leistungen, die tagtäglich erbracht werden, und wenn man die Inflation berücksichtigt, sollte es deutlich höher angesetzt sein.  

Allerdings finde ich auch, dass momentan eine Entwicklung in die richtige Richtung stattfindet, um für die Gesundheit der Tiermediziner zu sorgen und faire Arbeitsverhältnisse zu schaffen. Die GOT wurde novelliert, vor allem, um diese Veränderungen zu schaffen und dem Fachkräftemangel vorzubeugen.

Weiterhin wird in der Petition geschrieben: „Die FN und die Unterstützer der Aktion wenden sich mit ihrer Petition nicht gegen die Tierärzte selbst oder generell gegen eine Gebührenerhöhung“ [3].

Hierbei frage ich mich, wie diese Petition nicht gegen Tierärzte gemeint sein kann, da die GOT die Grundlage der fairen und geregelten Abrechnungen und somit der Leistungen der Tierärzte ist. Somit greift die FN mit ihrer Petition nicht nur die Grundlagen der Arbeit von Tierärzten an, sondern vor allem die Tierärzte und ihre Leistungen selbst an, die durch die Änderung der GOT eine Möglichkeit auf bessere Arbeitsverhältnisse bekommen. 

Unter aller Würde!

Ich liebe diesen Beruf und arbeite gerne viel und lange, gerade wegen meiner Liebe zu Tieren. Ich habe in meinen mittlerweile 7 Jahren in der Tiermedizin andauernd Überstunden gemacht, bin für Not-OPs länger geblieben, manchmal auch bis spät in die Nacht. Und ich weiß, dass das im Vergleich zu anderen noch wenig ist. Es ist nicht selten, dass 48-Stunden-Schichten geleistet werden. Und das Wichtige ist, dass alle, die das machen, dies aus Liebe zum Beruf und zu den Tieren tun.

Dann von der FN und auch der VDTH so dargestellt zu werden, als gäbe es die GOT-Änderungen nur, weil Tierärzte lieblos, gegen das Tierwohl und auf den eigenen Reichtum bedacht seien, finde ich unter aller Würde!