Frühzeitige Diät
Wie eingangs beschrieben, bleiben die klinischen Symptome häufig unerkannt bzw. wird eine CNI oftmals erst im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Es empfiehlt sich daher, die Katze ab einem Alter von 7 Jahren in regelmäßigen Abständen der Tierärztin oder dem Tierarzt zur Kontrolle vorzustellen, um über entsprechende Blutanalysen diese Erkrankung rechtzeitig diagnostizieren zu können. Je früher mit den entsprechenden therapeutischen Maßnahmen begonnen wird, desto besser ist die Prognose.
Akzeptables Futter
Da Katzen sehr konservative Fresser sind, bereitet die Umstellung auf ein Diätfutter oftmals zu Beginn Probleme. Erschwerend kommt hinzu, dass bei der Katze aufgrund der unzureichenden Ausscheidung einiger Stoffwechselprodukte Übelkeit vorliegt bzw. dass ihr die Futteraufnahme aufgrund der Schleimhautulzerationen in der Maulhöhle Probleme macht. Zu empfehlen ist grundsätzlich eine langsame Umstellung, wobei das Diätfutter dem bekannten Futter von Mahlzeit zu Mahlzeit in höheren Anteilen zugefügt wird.
Proteinversorgung
Da es durch eine forcierte tubuläre Rückresorption von glomerulär filtriertem Protein zu einer Schädigung der Tubulusepithelien kommen kann, wird das Fortschreiten einer CNI in erster Linie durch den Proteingehalt im Primärharn bestimmt. Aus diesem Grund sollte der Proteingehalt der Ration deutlich minimiert werden.
Dabei reicht es nicht aus, einfach nur den Proteingehalt des Futters zu reduzieren. Bei einem Proteinmangel würde die Katze Muskeleiweiß abbauen, was bei einer oftmals schon abgemagerten Katze kontraindiziert ist. Zudem würden bei diesem Abbau nur wieder Substanzen frei, die zu einer weiteren Nierenbelastung führen. Anzuraten wäre hier ein „biologisch hochwertiges Protein“, das nahezu vollständig verstoffwechselt wird und somit weniger belastende Abbauprodukte liefert.
Die Eiweißzufuhr ist in Abhängigkeit zum Krankheitsgrad zu wählen. Häufig genügt bereits die Vermeidung einer bedarfsüberschreitenden Proteinversorgung.
Merke
Die Proteinzufuhr bei CNI muss ≤ 15 g vRp/1 MJ uE sein.
Zur Überprüfung des Therapieerfolgs sollten in regelmäßigen Abständen Kontrollen der Gehalte an Kreatinin, Symmetrischem Dimethylarginin (SDMA) und Harnstoff sowie des Protein:Kreatinin-Quotienten im Blut erfolgen sowie das harnspezifische Gewicht ermittelt werden.
Mineralstoffversorgung
Eine Hyperphosphatämie führt zu einer weiteren histologischen und funktionellen Schädigung der Nieren. Von einer Hyperphosphatämie bei der Katze spricht man bei Phosphatgehalten im Serum von > 6,5 mg/dl (2,1 mmol/l). Therapeutische Maßnahmen sollten bereits bei 4,5 mg/dl einsetzen.
Die Phosphorzufuhr mit dem Futter ist auf rund 75 % des Erhaltungsbedarfs zu reduzieren. Eine weitere Reduktion ist nur bei hochgradiger bzw. persistierender Hyperphosphatämie angezeigt.
Merke
Der Phosphorgehalt im Futter sollte bei Katzen mit einer CNI etwa 30 mg/kg KM (35 mg/kg KM0,75) betragen.
Eine Reduktion des Phosphorgehalts ist in der Katzenfütterung allerdings nur begrenzt möglich. Als obligat karnivore Spezies ist die Katze auf die Fütterung phosphatreicher Eiweißquellen wie Fleisch angewiesen. Mithilfe von Phosphatbindern können die Nahrungsphosphate jedoch reduziert werden, ohne die Eiweißversorgung der Katze zu gefährden. Entsprechende Präparate können sowohl mit dem gewohnten Katzenfutter als auch mit einer Nierendiät verabreicht werden.
Das Prinzip der Phosphatbinder besteht in der Komplexbildung zwischen dem negativ geladenen Phosphat und verschiedenen (meist 2-fach positiv geladenen) Kationen wie beispielsweise Kalzium oder Magnesium. Dieser Komplex wird nicht mehr resorbiert und mit dem Kot ausgeschieden.
Inzwischen werden auch Eisenverbindungen (z.B. Ergänzungsfuttermittel mit Fe-III-Oxid [Fe2O3]) zur Phosphatreduktion eingesetzt. Da diese nur in geringem Umfang resorbiert werden, können auch höhere Gehalte eingesetzt werden, ohne dass es zu einem Anstieg des Eisengehalts im Serum kommt. Fe-III-Oxide werden in extrem geringem Umfang aus dem Darm aufgenommen, sodass auch hohe Eisengaben keine erhöhten Serumeisenspiegel induzieren.
Vitaminversorgung
Neben der regelmäßigen Kontrolle des Phosphatgehalts im Serum stellt die zusätzliche Gabe von 1,25-Dihydroxycholecalciferol (= Kalzitriol) aufgrund eines Anstiegs des Kalziumspiegels im Blut einen günstigen therapeutischen Ansatz dar. Durch diese Maßnahme kann der Parathormonspiegel sinken, zumindest wird aber einem Anstieg entgegengewirkt.
Da es bei unzureichender Nierenfunktion zu erhöhten renalen Verlusten von Vitamin A und den B-Vitaminen kommen kann, ist die Zufuhr dieser Vitamine auf das Dreifache des Erhaltungsbedarfs anzuheben.
Azotämie/Urämie
Der Begriff Azotämie bezeichnet einen biochemischen Befund mit erhöhten Harnstoff- und Kreatininkonzentrationen im Blut. Bei fortschreitender Funktionsstörung der Nieren (die Nieren arbeiten nur noch mit ca. 25 % ihrer Normleistung) kommt es infolge der reduzierten Anzahl funktionsfähiger Nephronen zur Urämie, d.h. zu einem Anstieg der Plasmakonzentrationen von Harnstoff und Kreatinin verbunden mit schweren klinischen Symptomen.
Merke
Die International Renal Interest Society (IRIS) hat Richtlinien für die Klassifikation („Staging“) der felinen CNI erstellt. Dabei werden Katzen mit CNI anhand der Kreatiningehalte im Blut in verschiedene Stadien eingeteilt (Tab. 1).
Stadien | Kreatinin (Plasma) | Zielwert für den Phosphatgehalt im Plasma |
IRIS I | < 1,6 mg/dl | keine Angaben |
< 140 μmol/l | keine Angaben | |
IRIS II | 1,6–2,8 mg/dl | 2,5–4,5 mg/dl |
140–249 μmol/l | 0,81–1,45 mmol/l | |
IRIS III | 2,9–5,0 mg/dl | 2,5–5 mg/dl |
250–439 μmol/l | 0,81–1,61 mmol/l | |
IRIS IV | > 5,0 mg/dl | 2,5–6 mg/dl |
≥ 440 μmol/l | 0,81–1,94 mmol/l |
Sonstige unterstützende Maßnahmen
Wichtig ist bei allem, dass sich die Besitzer und Besitzerinnen strikt an die Ernährungsvorschriften der Tierärztin oder des Tierarztes halten. Alles „außer der Reihe“ ist für nierenkranke Katzen verboten. Die nierenkranke Katze darf nichts zusätzlich zu fressen oder zu naschen bekommen. Auch vitaminierte Mineralprodukte sind nur nach Absprache mit der Tierärztin oder dem Tierarzt einzusetzen, da viele der Präparate erhebliche Mengen an Phosphor enthalten, was zu weiteren Nierenschäden führen kann.
Fütterungstechnik
Das Futter wird in mehreren kleinen Mahlzeiten pro Tag angeboten, um den postprandialen Anstieg der Plasmaharnstoffgehalte abzufangen. Als günstig erwiesen hat sich auch das Erwärmen oder sogar Anbraten des Diätfutters. Auch die Beigabe von Thunfischöl oder Butter kann die Akzeptanz steigern. Mitunter führt auch das Untermischen von gebratenem fettem (!) Fleisch zu einer besseren Aufnahme.
Der Beitrag ist ein Auszug aus dem Fachbuch: