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BlogTiermedizin – Fluch oder Segen?

Dass ich Tierärztin werden möchte, stand schon früh für mich fest. Dennoch haben mir viele davon abgeraten. Warum ist das so, denn ich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen?

Merle mit ihren Hunden
Merle Unger

Ich wusste schon immer, dass ich Tierärztin werden möchte. Das hat sich meine ganze Schulzeit über nicht geändert und während meiner Ausbildung hat sich dieser Wunsch noch verstärkt. Jedoch gab es in der Zeit nur wenige Tierärzte, die mir aus voller Überzeugung zu dem Studium geraten haben. Und ich habe es öfter erlebt, dass jemand Tiermedizin studieren wollte, es dann aber wegen schlechter Erfahrungen im Praktikum oder weil ihm davon abgeraten wurde, doch nicht gemacht hat. Zusätzlich höre ich ganz oft von Tierärzten, dass sie sich nicht nochmal für diesen Beruf entscheiden würden, wenn sie es sich noch einmal aussuchen könnten.

Warum ist das so, denn ich persönlich kann mir keinen schöneren Beruf vorstellen?

Nur teilweise kann ich diese Einstellung verstehen. Das Studium ist langwierig und sehr anstrengend. Gerade wir, die im Ausland studieren, geben für das Studium erst einmal alles auf. Für 6 Jahre verbringt man mindestens 8 Monate des Jahres im Ausland. Ich sehe meine Familie und Freunde nur noch sehr selten persönlich, bin fremd und allein in einem unbekannten Land. Natürlich entwickelt sich in dieser Zeit ein ‚neues‘ Leben, enge Freundschaften werden geschlossen und eine zweite Heimat entsteht, was ich als absolutes Privileg empfinde und nicht missen möchte. Dennoch ist diese Umstellung zunächst nicht einfach und durchaus belastend, und das alles nur, um irgendwann den Traumberuf ausüben zu können. Das ist ein sehr großes Opfer, was nicht zu unterschätzen ist.

Hinzu kommt die immense Menge an Theorie, die in kurzer Zeit gelernt, verstanden und angewandt werden muss. Das gab mir gerade zu Beginn meines Studiums, aber auch über die Jahre hinweg, oftmals ein Gefühl der Überforderung und es kamen Selbstzweifel auf. Allerdings bin ich auch mit jeder Situation und Prüfung gewachsen und werde sicherlich auch durch alle kommenden Prüfungen viel lernen. Dabei geht es nicht nur um theoretisches Wissen, sondern auch um persönliche Werte und Selbstvertrauen. Besonders durch das Studium in Lettland habe ich so viel über mich selbst gelernt und bin daran gewachsen, was mir für die Zukunft nur helfen kann.

Über die praktische Arbeit als fertige Tierärztin kann ich noch nicht aus eigener Erfahrung sprechen, aber da ich während der Semesterferien weiterhin in meiner Ausbildungspraxis arbeite, bin ich trotzdem ständig mit dem Beruf im Kontakt. Jede Semesterferien freue ich mich darauf praktisch zu arbeiten, den Kontakt zu den Tieren und die Gespräche mit den Besitzern führen zu können. Sicherlich gibt es sehr anstrengende Tage und dieser Job ist alles andere als nur Welpen kuscheln und mit Katzen spielen. Er ist körperlich und mental herausfordernd und oft belastend, die Arbeitszeiten sind nie wirklich verlässlich und es kommt öfter vor, dass man überfordert ist, sei es mit einem Fall, dem Patientenaufkommen oder anderen Dingen.

Hinzu kommt die falsche Darstellung des Berufes in der Öffentlichkeit, wie zuletzt die Petitionen der FN und des VDTH als beste Beispiele deutlich zeigen. Das zerstört das Berufsbild nur noch mehr und sorgt verständlicherweise für Verärgerung unter den Tiermedizinern.

Aber dennoch hat jeder, der sich irgendwann für die Tiermedizin entschieden hat, dies in irgendeiner Art und Weise aus Liebe zu dem Beruf getan. Ich kann mir keine schönere Arbeit vorstellen. Ich finde die Arbeit mit den Tieren und zu überlegen, wie in den unterschiedlichsten Situationen geholfen werden kann, sehr erfüllend. Kein Tag gleicht dem anderen und genau das gefällt mir. Jeder Tag bietet die Möglichkeit neue Dinge zu lernen und zu sehen. Sicherlich gibt es auch Tage, die anstrengend sind und an denen andere Berufe attraktiver wirken. Und ohne ein gewisses Maß an Liebe und Hingabe nimmt man nicht die ganzen Opfer auf sich, um als Tierarzt zu arbeiten. Gerade deshalb finde ich es umso trauriger zu hören, wie diese anfängliche Liebe im Laufe der Zeit zerstört wird, aus welchen Gründen auch immer.

Würde es nicht viel mehr helfen, wenn wir uns gegenseitig motivieren, um diesen traumhaften Beruf wieder erstrebenswert zu gestalten?

Was bringt es, wenn gestandene Tierärzte nichts Positives mehr über ihre Arbeit zu sagen haben und die neuen Generationen dadurch abschrecken? Dann gibt es irgendwann noch weniger Tierärzte als es sowieso bereits gibt. Wenn keiner etwas dagegen unternimmt, dann kann doch nichts besser werden.

Ich finde, es sollte mehr Unterstützung und Motivation geben, ein gemeinsames Nach-Lösungen-suchen, für junge und für gestandene Generationen, ein Miteinander unter Tierärzten und Praxen/Kliniken mit Fokus auf Verbesserungen in diesem einzigartigen Beruf. Denn nur so kann Veränderung stattfinden, durch stetige kleine Schritte, aber niemals durch Aufgabe.